43. Kapitel 20.1 - Indiana Jones lässt grüßen

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Sie durchquerten den Saal und Thomas erklärte ihr, dass hier im Erdgeschoss die Texte durchsortiert wurden. Entsprechend ihrer Wertigkeit brachte man sie in die allen zugängliche Stadtbibliothek, private Büchereien, wie die im Westflügel, oder auch in die unteren Stockwerke der Hauptbibliothek.

„Das Chaos kommt daher, dass wir immer wieder alte Buchhandlungen oder Bibliotheken überall auf der Welt kaufen. Insbesondere bei Regimewechseln, Ausbruch eines Krieges oder anderen plötzlichen kulturellen Veränderungen, versuchen wir zu retten was möglich ist. Seit ein paar Jahren haben wir begonnen die bedeutendsten Schriften zu digitalisieren."

„Wie lange macht ihr das schon?", wollte Caroline staunend wissen. Alleine hier mussten hunderttausende Schriftstücke und Bücher stehen.

„Es ist etwas über zweihundertfünfzig Jahre her, dass ich mich daran beteiligt habe. Davor hatten sich aber schon andere zusammengeschlossen. Gelehrte und aufgeklärte Vampire. Ihrer Zeit voraus. Sie hatten immer einen Blick auf politische Entwicklungen und sobald irgendwo Bücher verboten oder verbrannt wurden, waren sie zur Stelle. Sie hatten unter verschiedenen Klöstern in ganz Europa geheime Räume angelegt und ganze Sammlungen in Sicherheit gebracht, die ansonsten vernichtet worden wären. Unter anderem eigene Werke."

„Moment, willst du sagen, es gibt vampirische Schriftsteller?"

„Aber sicher." Thomas lächelte sie an. „Du hast vorhin sogar einen in deiner Aufzählung genannt." Er grinste sie schelmisch an.

„Was? Wen?"

Sie waren an der Tür aus massivem Sicherheitsglas angekommen und Thomas zog einen Chip heraus, der das blinkende Lämpchen von rot auf grün springen ließ.

„Ich gebe dir einen Tipp. Wenn Vampire schreiben, dann meist über Verlust, Dunkelheit und Blut." Er grinste schief und schob die schwere Tür auf. „Pass auf Caroline. Hier unten ist der Sauerstoffgehalt in der Luft reduziert. Ich möchte, dass du mir umgehend sagst, wenn du dich schlecht fühlst. Verstanden?"

Sie nickte abwesend, in Gedanken bei all den vermeintlich verstorbenen Schriftstellern und Künstlern, die vielleicht gerade an meisterlichen Werken arbeiteten. Oder mittlerweile aufgrund des Blutdurstes und der Dunkelheit dem Wahnsinn verfallen waren.

Der Keller der Bibliothek wirkte wie das radikale Gegenstück zum Erdgeschoss. Alles war säuberlich schwarz gefliest und kaum ein Stäubchen war zu sehen. Hunderte Vitrinen standen in Reih und Glied so weit das Auge reichte. Das hieß nicht viel, denn es leuchtete nur ein schwaches grünliches Viereck über ihnen. Es erhellte ein paar Quadratmeter, der Rest dieses Stockwerks lag in undurchdringlicher Schwärze. Thomas lief los und über ihm glomm eine weitere Lampe auf. Vermutlich Bewegungssensoren, die dort für Licht sorgten, wo es gebraucht wurde.

„Wenn das mal nicht ein perfektes Setting für einen Horrorfilm ist", murmelte Caroline zu sich selbst.

Thomas lachte leise. „Keine Sorge, ich pass auf, dass dich nichts aus der Dunkelheit anfällt."

„Du meinst, nicht schon wieder?" Schnell schloss Caroline zu ihm auf und nur wenige Sekunden später erloschen die ersten Lichter, die sie zurückgelassen hatten. Thomas warf ihr einen schiefen Seitenblick zu, den sie gekonnt ignorierte.

„Was bewahrt ihr denn hier unten genau auf?", begann sie den Fragenkatalog abzuarbeiten, den sie in den letzten Minuten innerlich erstellt hatte. Ihre Augen scannten neugierig die Auslagen hinter dem Sicherheitsglas.

„Hier lagern die wirklich wertvollen Drucke. Oft Unikate. Schau, das wollte ich dir zeigen." Er hielt seinen Chip an eine verschlossene Vitrine.

„Habt ihr überall diese elektronischen Schlösser?

Kristallinsel - Gefangene der VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt