48. Kapitel 22.2 - Verlogener Zirkus

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Erst als sie hart auf dem gefliesten Boden aufschlug, erwachte Caroline aus der Schockstarre.

„Was soll das?" Ihre Stimme klang fester als erwartet. Hätte sie ihr Innerstes gespiegelt, wäre nur ein zittriges Piepsen entwichen. „Ihr könnt mir nichts antun, der König würde genau wissen wer dafür verantwortlich ist, wenn ich verschwinde!"

„Keine Sorge, dir werden wir nichts antun." Marias Worte waren ein leises Flattern. Ein Luftzug der mit ihr die Treppe herunterwehte.

Sie haben Isy! Sie mussten irgendwie an das Mädchen herangekommen sein! Aber wie? Die Maus war den ganzen Tag im Schloss beschäftigt, nie ohne Begleitung.

Noch bevor die Panik sich vertiefen konnte, packte Dominic mit einer Hand ihr Haar, mit der anderen einen Arm und riss sie hoch, auf die Knie.

"Ahhhhh!" Sie stemmte sich mit aller Kraft gegen den schmerzhaften Griff, was ihn nur noch mehr zu motivieren schien, ihr weh zu tun.

Schluchzend beobachtete Caroline, wie Maria den Keller durchschritt und einen großen Sack heranzerrte. Nein, kein Sack. Das war ein Mensch! Mit auf dem Rücken gefesselten Händen, einem Jutebeutel über dem Kopf. Ein leises gequältes Stöhnen drang durch den rauen Stoff, als die Vampirin ihn fallen ließ und er ungebremst auf die Fliesen prallte.

„Lass mich euch bekannt machen." Maria zog den Beutel herunter. „Das ist Asmus."

Das blutverkrustete Gesicht welches zum Vorschein kam, hatte Caroline nie zuvor gesehen. Ein Auge war vor Schmerz und um Gnade flehend aufgerissen, das andere zu einer fleischigen Masse geschwollen.

„Asmus gehört zu meiner Familie und hat leider Gottes nicht nur eine, sondern gleich mehrere meiner Regeln gebrochen. Nicht wahr." Sie ließ sich neben ihm in die Hocke sinken und streichelte zärtlich über das kurze Haar des Mannes. „Ich dachte du solltest einmal erleben, was passiert, wenn ein Vampir sich eines ungehorsamen Mündels entledigen muss. Wenn ich dein Verhalten so beobachte, ist es nur eine Frage der Zeit bis ..." Sie lächelte Caroline mit zur Seite geneigtem Kopf an und Asmus schluchzte bei ihren Worten, vom Knebel unterdrückt, auf.

Mitten in der Stadt! Menschen! Vampire! Da oben waren Leute! Sie befanden sich im Herzen von New Blackburn! Jemand musste es hören, wenn sie schrie! Als hätte Dominic ihre Gedanken gelesen presste er, noch während sie Luft holte seine Hand auf ihren Mund. Nichts als ein erbärmliches Quietschen drang darunter hervor.

Etwas Putz bröckelte von der kalkweißen Decke als ein dumpfes Rumpeln zu ihnen herunter drang.

Nein. Selbst wenn es gelungen wäre aus Leibeskräften zu schreien, bei dem Durcheinander da draußen ... In diesem Augenblick setzte sich das Puzzle zusammen. Die beiden Ältesten hatten den Unfall verursacht! Sie hatten das Zelt zum Einsturz gebracht oder dafür gesorgt, dass es jemand für sie tat! Was für Monster mussten ...

Das kurze, leicht gebogene Messer, das Maria unter ihrem Gewand hervorzog, lenkte Carolines Aufmerksamkeit in den Keller zurück. Mit weit aufgerissenen Augen folgte sie der Klinge, wie sie in einer schnellen mühelosen Bewegung über die Wange des gefesselten Mannes glitt. Der Schnitt war tief und eine Fontäne von Blut schoss hervor.

Der kehlige Schrei, den Asmus ausstieß war trotz des Knebels zu hören und er warf sich in seinem Schmerz zur Seite. Maria war über ihm und ehe Caroline begriff was passierte, hatte sie ihm zwei weitere tief klaffende Wunden an Brust und Oberarm zugefügt. Dunkle Flecken breiteten sich langsam auf dem Stoff, der an seinem Körper klebte, aus.

Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie mit aller Kraft gegen Dominics Griff ankämpfte. Erst als er ihren Körper zu Boden drückte, die Arme schmerzhaft hinter den Rücken riss und ihren Kopf in Richtung des langsam verblutenden Menschen richtete, merkte sie wie steif ihre Muskeln waren.

Kristallinsel - Gefangene der VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt