42. Kapitel 19.2 - Blut und Bücher

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Als sie erwachte war Caroline nicht alleine. Thomas saß gebeugt an ihrem Bett und hob besorgt den Kopf.

„Wie geht es dir?"

Sie wollte gut sagen, doch ihre Stimme gehorchte nicht. Er half ihr sich aufzusetzen, sodass sie ein Schluck Wasser trinken konnte.

„Wie lange war ich weg?" Sie klang heiser.

„Es ist früh am Vormittag. Etwas über zwölf Stunden. Wie geht es dir?", wiederholte er die Frage.

„Okay. Noch ein bisschen schwindelig, aber sonst gut." Sie zögerte. „Was ist passiert?"

Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und ließ die Hände verschränkt im Nacken liegen, den Blick zu Boden gerichtet.

„Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, warum ich es nicht geschafft habe, aufzuhören. Ich weiß nicht, warum es dieses Mal so schnell ging. Die Zeit und die Infusionen hätten eigentlich ausreichen müssen." Er sah sie starr an. „Ich weiß nur, wir werden einen Monat warten, bis wir es wieder probieren. Du brauchst größere Pausen und ich muss mich ..." er sprach nicht weiter.

Ihr kam plötzlich eine Eingebung. „Ähm, ja. Können wir aus der Zeitspanne vielleicht etwas mehr oder weniger machen?"

Er sah auf. „Wieso, glaubst du, wäre das hilfreich?"

„Na ja," Sie nestelte an ihrer Bettdecke. „Es macht mit Sicherheit nicht viel aus ... Aber es wäre wahrscheinlich sinnvoll dann Blut zu entnehmen, wenn ich nicht kurz vorher auf natürlichem Weg schon einiges verloren habe und der Kreislauf bereits angeschlagen ist."

Es dauerte einen Augenblick, bis er begriff.

„Oh! Du hattest gerade ... Ja. Das könnte trotz der Infusionen eine Rolle spielen. Warum hast du nichts gesagt?"

Sie sah ihn entgeistert an. „Also erstens habe ich nicht daran gedacht und zweitens, was hätte ich sagen sollen? Hey, ich hab grad fünf Tage geblutet, können wir den sechsten auf später verschieben?"

Sie erahnte den Schatten eines unwillkürlichen Lächelns auf seinem Gesicht, kurz bevor er den Kopf erneut senkte.

Caroline reflektierte das Heben der Mundwinkel unbewusst. „Versteh mich nicht falsch. Ich finde es gut, wie sich unsere Beziehung entwickelt, aber auf dem Level über meinen Zyklus zu sprechen sind wir wirklich noch nicht."

„Ab jetzt schon, oder?"

„Jaaaa. Ja, ich vermute jetzt schon." Ihr Lächeln wurde schwächer als sie versuchte ihren linken Arm zu bewegen und ein scharfes Stechen durch die Schulter schoss. „Was ist denn hier passiert?", stöhne sie.

„Ah. Als Joël dich von mir weggezogen hat, habe ich dich fest gehalten und ... und deine Schulter war kurz ausgekugelt." Die Worte waren so leise, sie erreichten kaum ihr Ohr.

Sie öffnete den Mund um etwas zu erwidern, doch es fiel ihr nichts Sinnvolles ein.

„Caroline, es tut mir leid!" Er lehnte sich zurück und ließ seine Hände fahrig über sein Gesicht gleiten. „Normalerweise ist diese Prozedur keine große Sache. Ich habe schon von Dutzenden Menschen getrunken und kann dir nicht sagen, warum es bei dir anders ist."

„Wäre es vielleicht eine Möglichkeit mein Blut mit einer Nadel zu entnehmen?", schlug sie zögerlich vor. Sie wusste nicht, wie weit sie sich in diese Angelegenheit einmischen durfte. „Ich meine, nur, bis du dich daran gewöhnt hast", ergänzte sie hastig, noch bevor er reagieren konnte.

„Natürlich. Das ist die Notfalloption." Er lächelte schwach. „Es fällt mir nur sehr schwer zu akzeptieren, dass es nicht anders geht."

Was sollte denn noch passieren, bevor er von einem Notfall ausging? Caroline verkniff sich jedes weitere Argument. Was würde es schon nützen?

Kristallinsel - Gefangene der VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt