Neue Wege

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Konzentriert ging Nike noch einmal die vor ihr liegenden Unterlagen durch. „Nike, hätten Sie kurz Zeit?“, hörte sie nun Mr. Jenkins Stimme neben sich. Sie sah auf, schob ihre Unterlagen zusammen und folgte ihm in sein Büro. „Die ARCO-Bank hat den Termin Ende der Woche bestätigt.“, begann er, ließ sich auf seinem ledernen Stuhl nieder und wies auf den Platz vor sich. „Ich bitte Sie herauszufinden, wie es um das neue Softwarekonzept steht.“, fuhr er ruhig fort. Er war gewohnt routiniert und professionell, nichts an seinem Verhalten ließ nur ansatzweise darauf schließen, dass sie sich noch vor wenigen Tagen angenähert hatten und das war gut so. Nike liebte ihren Job und sie war sicher nicht bereit diesen durch unprofessionelles Verhalten zu gefährden. So etwas hatte im Job nichts zu suchen und zu ihrer Erleichterung schien Mr. Jenkins der gleichen Meinung zu sein.  „Haben Sie mir zugehört?“, hörte sie nun erneut die Stimme ihres Gegenübers, welche sie aus ihren Gedanken riss. „Entschuldigung“, erwiderte sie zügig und lächelte entschuldigend. „Natürlich, wir sollten uns überlegen wer am besten für die Präsentation des neuen Vorschlags geeignet ist.“, fuhr sie fort und wiederholte damit seine vorangegangenen Worte.

„Er hat dich geküsst?“, hakte April ungläubig nach und nahm einen großen Schluck aus ihrem Weinglas. „Es ging nicht nur von ihm aus“, erwiderte Nike mit einem Schulterzucken. „War's gut?“, wollte April weiter neugierig wissen. Nike schmunzelte, nahm ebenfalls einen Schluck aus ihrem Weinglas: „Das tut nichts zur Sache. Es hätte nicht passieren dürfen und ich bin froh, dass es keine Konsequenzen hat“. April winkte entspannt ab: „Was denn für Konsequenzen?“. Nikes Blick wurde ernst: „Es ist höchst unprofessionell. Er hätte mich versetzen können, er hätte mich entlassen können. Das hätte ordentlich Probleme geben können“. „Er hat doch den Fehler begangen.“, stellte ihre Freundin verständnislos fest. Wieder zog Nike die Schultern nach oben: „Er ist aber auch der CEO. Scheinbar sind wir uns jedoch einig, die ganze Sache unter den Tisch fallen zu lassen.“ „Zumindest weißt du jetzt, dass er auf Frauen steht.“, zwinkerte April und lächelte aufmunternd. „Ich weiß, dass er auch auf Frauen steht“, korrigierte Nike. „Vielleicht solltest du deinen Fokus mal wieder auf Tinder legen und dich ein wenig ablenken“, lachte April und hielt Nike ihr Handy unter die Nase. „Ich weiß ja nicht“, zögerte sie. „Lass uns doch mal schauen.“, entgegnete April hochmotiviert, stellte ihr Glas Wein auf dem Couchtisch in Nikes Wohnzimmer ab und rutschte näher an sie heran. „Schau mal, der hat doch was“, fuhr sie fort, deutete auf das Bild eines Mannes auf ihrem Bildschirm und wischte selbstverständlich nach rechts.  

Das „Pling“ ihres Handys ließ Nike noch einmal hochschrecken, sie musste vergessen haben es auf Stumm zu schalten, bevor sie sich ins Bett gelegt hatte. Sie griff nach dem Handy und sah halb verschlafen auf den Bildschirm. Ein Tinder Match. Neugierig betrachtete sie das ihr angezeigte Profil. Paul, 27 Jahre alt, sportlich und sehr ansehnlich. Noch während sie das Profil durchstöberte, blinke eine Nachricht auf: „Hey Nike, wir scheinen beide einen sehr guten Geschmack zu haben.“

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Luis sah auf seinen Bildschirm und rieb sich die Augen. Das Wochenende, vor allem die sehr innigen Begegnungen mit seiner Assistentin gingen ihm nicht aus dem Kopf. Er hatte lange darüber nachgedacht, wie er damit umgehen sollte. Er galt als angesehener und vor allem seriöser Geschäftsmann und diesen Ruf wollte er nicht aufs Spiel setzen. Professionalität war für ihn essentiell und er wollte sicher nicht als inkompetenter Geschäftsführer dastehen, der blindlings ein Techtelmechtel mit seiner Assistentin begann. In der Hoffnung, dass sie sich einig waren, beabsichtigte er die Geschichte fürs Erste zu ignorieren. Sollte sich jedoch abzeichnen, dass ein professioneller Umgang miteinander nicht möglich war, musste er sich Gedanken über die Konsequenzen dessen machen.

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