Gewissheit

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Angespannt hielt Nike den lang ersehnten Umschlag in ihren Händen. Ihr Herz raste und hämmerte förmlich gegen ihre Brust. Sie hatte Angst, Angst vor der Wahrheit, Angst vor dem Ergebnis. „Bring es hinter dich, Nike“, ermutigte April ihre Freundin und sah sie erwartungsvoll an. Auch sie musste auf das Ergebnis gespannt sein. Mit zittrigen Fingern riss sie den Umschlag auf und zog zwei Auswertungsbögen heraus. Ihr Herz pochte, als sie den Namen der ersten Auswertung erblickte: „Luis Jenkins“. Ungeduldig las sie weiter und stockte. Fassungslos sah sie auf das Papier. Immer und immer wieder las sie den Satz, den sie einfach nicht begreifen konnte. „Eine Vaterschaft ist somit ausgeschlossen“. „Na sag schon, Nike. Ich platze gleich vor Anspannung“, entfuhr es April nervös. „Er ist nicht der Vater“, erwiderte Nike fast tonlos. April sah sie verwirrt an: „Wer jetzt? Nike!“, fuhr sie sie ungeduldig an. „Mr. Jenkins“, schrie Nike förmlich, sprang auf, hechtete ins Badezimmer und ließ die Tür hinter sich ins Bad fallen.

Mit dem Rücken angelehnt an die kühlen Fliesen der Badewanne saß Nike einfach nur da. Konnte ihr Gefühl sie so getäuscht haben? Sie war sich so sicher gewesen, dass Luis Malias Vater war und nun hatte sie den Beweis schwarz auf weiß, dass dem nicht so war. Mit zittrigen Händen wischte sie sich die Tränen von der Wange. „Nike ist alles in Ordnung?“, hörte sie Aprils ruhige Stimme. „Paul ist der Vater“, erwiderte sie knapp. Die Tür öffnete sich langsam und April streckte vorsichtig den Kopf hinein: „Das beantwortet nicht meine Frage“. Ohne auf eine Antwort zu warten, betrat sie das Badezimmer und ließ sich neben Nike auf den Badteppich sinken. „Paul wird sicher ein guter Vater für Malia sein“, bemerkte sie ruhig. „Ich rufe jetzt beide an, dann sagst du es ihnen. Ich bleibe hier, okay. Du musst es hinter dich bringen.“, schlug sie vor und fuhr beruhigend über Nikes Rücken. „Das wird schon.“

„Wir haben das Ergebnis“, sagte Nike möglichst und sah zu Luis, welcher wie die Tage zuvor mit verschränkten Armen am Türrahmen des Wohnzimmers lehnte. „Luis, bitte setz dich“, bat sie ihn, bevor sie zu Paul sah, der gespannt vor ihr auf dem Sofa saß. „Ich bleibe lieber hier stehen“, erwiderte Luis ruhig, während auch er sie erwartungsvoll ansah. Nike warf April einen unsicheren Blick zu, welche ihr aufmunternd zunickte. Nike atmete tief durch: „Paul ist Malias Vater“. Intuitiv sah sie sofort zu Luis, welcher sich augenblicklich umdrehte und das Zimmer verließ. „Ich wusste es“, rief Paul aus. „Es ist meine Tochter“.

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Es fühlte sich an, als hätte ihm jemand mitten ins Gesicht geschlagen und ihm gleichzeitig den Boden unter den Füßen weggerissen. Er war nicht Malias Vater, er musste sofort weg. Wütend wischte er sich eine Träne von der Wange, als er die Straße betrat. Auch wenn ihm bewusst gewesen war, dass dieses Ergebnis ebenfalls möglich war, war der Gedanke Malias Vater zu sein immer näher gewesen, als nicht ihr Vater zu sein.

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