Entscheidung

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Nike beobachtete Luis, welcher die Mitglieder des Vorstands betrachtete. „Sind Sie zu einer Entscheidung gekommen?“, wollte er ruhig wissen. Wie es schien, war an dem Gerücht, dass er bereit war seinen Posten niederzulegen tatsächlich etwas dran. Im Raum herrschte eine angespannte Stimmung, es war ruhig, keiner Sprach, bis Mr. Harris das Wort ergriff: „Wir möchten, dass Miss Davis versetzt wird.“ Geschockt sah Nike zu dem weißhaarigen älteren Mann vor sich. „Eine professionelle Zusammenarbeit ist aus unserer Sicht in einer solchen Konstellation nicht möglich. Wir würden an dieser Stelle ein falsches Statement setzen.“ „Sie wissen, was die Konsequenz ist“, bemerkte Luis vollkommen rational und erhob sich von seinem Platz. „Ich trete mit sofortiger Wirkung aus meiner Funktion als CEO zurück“. „Stopp“, warf Nike nachdrücklich ein. „Mr. Jenkins, setzten Sie sich bitte“, forderte sie Luis betont höflich auf, der ihrer Bitte nachkam. „Sollte ich nicht auch die Möglichkeit bekommen, mich dazu zu äußern?“, fragte sie und sah erwartungsvoll in die Runde. Die ihr gegenübersitzenden Männer tauschten irritierte Blicke aus, nickten jedoch. „Mr. Harris, einen kompetenteren und professionelleren Chief Executive Officer werden Sie nicht finden.“, stellte Nike selbstsicher fest und sah Mr. Harris unmittelbar an: „Sie behaupten eine professionelle Zusammenarbeit sei in einer solchen Konstellation nicht möglich, aber haben wir uns nicht erst über die Entwicklung der Zahlen unterhalten? Wenn ich mich recht erinnere, konnten wir allein in den letzten Monaten besser Ergebnisse erzielen als im gesamten Vorjahr. Finden Sie nicht, dass ihre Annahme bereits an dieser Stelle falsch erscheint?“ Herausfordernd sah sie den Mann vor sich an. „Wäre es nicht aufgefallen, wenn wir uns unprofessionell verhalten hätten? An wie viele Vorstandssitzungen, Kundengespräche oder Teamsitzungen der letzten Monate erinnern sie sich, in denen Mr. Jenkins und ich uns unangemessen verhalten haben?“ Erwartungsvoll sah sie ihre Kollegen an: „Richtig, keine. Wie also kommen Sie zu dieser Annahme?“ Die Herren vor ihr tauschten unruhig Blicke aus. „Und was ihr Statement angeht, welches Sie falsch zu setzen glauben. Ich glaube, dass es hier in der Firma noch viele andere Kollegen und Kolleginnen mit intimen Beziehungen gibt. Sie können es nicht verhindern, sie schieben es lediglich hinter verschlossene Türen, wodurch die Beziehungsdramen nicht weniger, eher sogar mehr werden.“  Verblüfft sah Mr. Harris erst zu Nike, dann zu seinen Kollegen. Er schien zu wissen, dass sie Recht hatte. „Vielleicht sollten wir fünf Minuten Pause machen, jeder denkt noch einmal über seine Entscheidung nach und dann setzen wir uns erneut zusammen.“, schlug sie ruhig vor und sah gespannt in die Runde, wobei ihr Blick an Luis hängenblieb, der sie beeindruckt musterte. „Vielleicht eine gute Idee“, bestätigte Mr. Harris „Wir treffen uns in 10 Minuten wieder hier“, fügte er hinzu und beugte sich zu seinem Nebenmann. Luis griff die kleine Wasserflasche vor sich, stand auf und verließ den Konferenzraum. Auch Nike schnappte sich ihre Wasserflasche und trat ebenfalls aus dem Raum. Sie wollte dem Vorstand die Möglichkeit geben sich noch einmal in Ruhe auszutauschen.

Luis lehnte mit seiner Wasserflasche an dem gegenüberliegenden Fenster im Flur, er sah sie an, sprach jedoch kein Wort. Sein Blick hatte etwas Fesselndes, etwas Reizvolles. „Miss Davis?“, Mr. Harris stand in der Tür des Konferenzraumes „Kommen Sie wieder rein?“. Irritiert sah sie auf die Uhr. Wie konnten die 10 Minuten schon vergangen sein?

„Ihre Ansprache hat uns beeindruckt, Miss Davis“, gab Mr. Harris zu „Es wäre unverantwortlich eine so fähige und begabte Frau von einem solchen Posten abzuziehen. Unser CEO kann sich glücklich schätzen eine Assistentin wie sie zu haben.“ Leicht lächelnd wandte er sich Luis zu: „Sofern wir noch einen CEO haben.“ Luis schmunzelte, bevor er knapp nickte.  

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Luis hatte sich mit seiner Wasserflasche an die kühle Fensterfront im Flur gelehnt. Er musste einen klaren Kopf bekommen. Mit der Entscheidung des Vorstands hatte er nicht gerechnet. Die Selbstständigkeit hatte zwar Vorteile, war aber auch deutlich arbeitsintensiver. Als er aufsah erblickte er Nike, welche sich an die gegenüberliegende Wand gelehnt hatte. Diese Frau war einfach bemerkenswert. Sie war schlagfertig, sie war außerordentlich intelligent, sie war fordernd und sie war unglaublich verführerisch. Allein der Gedanke daran rief Erinnerungen in ihm wach. Er schluckte und atmete tief durch.

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