Drei entgangene Anrufe von Paul seit gestern Abend. Ein wenig genervt legte sie ihr Handy mit dem Bildschirm nach unten auf den Tisch vor sich. Sie mochte es nicht belagert zu werden, schon gar nicht am frühen Morgen. „Darf ich?“, hörte sie Mr. Jenkins Stimme neben sich und sah auf. Er lächelte höflich, deutete auf den ihr gegenüberliegenden Platz, woraufhin sie sein Lächeln erwiderte und nickte. Er stellte seine Tasse Kaffee ab, setzte sich ihr gegenüber, zog seine Zeitung hervor und begann schweigend zu lesen, was sie um diese Uhrzeit außerordentlich sympathisch fand.
Nachdem Nikes Handy erneut mehrfach vibriert hatte, zeichnete sich ein leichtes Schmunzeln auf Mr. Jenkins Lippen ab. „Fluch und Segen zugleich, was?“, sagte er ruhig und deutete auf ihr Handy. Etwas verlegen nickte sie: „Sie scheinen das gut zu kennen“, entgegnete nun auch sie mit einem Lächeln. „Allerdings“ lachte er: „Mit dem Tag, an dem mein Sohn WhatsApp entdeckte, war mein Leben in Ruhe vorbei“. „Sie scheinen ein sehr gutes Verhältnis zu Ihrem Sohn zu haben“, plauderte Nike, ohne weiter über ihre Bemerkung nachgedacht zu haben. Ich Gegenüber faltete seine Zeitung zusammen und legte sie sorgfältig neben sich auf den Tisch: „Wir haben ein sehr gutes Verhältnis“, erwiderte er lächelnd. „Wohnt er nicht bei Ihnen?“, hakte Nike neugierig nach. Zum ersten Mal wirkte er nicht so verschlossen, was sein Privatleben anging. Er zögerte kurz und schien zu überlegen, bis er zur Antwort ihrer Frage ansetzte: „Oft entscheidet er selbst, wann er bei wem ist, aber offiziell lebt er bei seiner Mutter“. Offensichtlich war er tatsächlich nicht mehr mit der Mutter seines Kindes liiert und es klang für sie ebenfalls nicht nach einer komplizierten Ex-Beziehung. Erneut war es ihr Handy, welches den Fokus auf sich zog. „Das kann doch nicht sein Ernst sein“, murrte sie und griff nach ihrem Handy. „Dieser Mann macht mich wahnsinnig.“, sprudelte es weiter aus ihr heraus. „Paul?“, fragte Mr. Jenkins und versuchte ihren Aussagen zu folgen. Nike nickte verständnislos: „Alleine heute 3 entgangene Anrufe und 13 ungelesene Nachrichten.“ Ihr Gegenüber lächelte knapp: „Vielleicht sorgt er sich um Sie“, bemerkte er ruhig. Nike betrachtete den Mann vor sich: „Ich glaube es geht eher um einen überzogenen Beschützerinstinkt, als um Sorge und der ist bei mir nun wirklich nicht angebracht.“ Ein Schmunzeln zeichnete sich auf Mr. Jenkins Lippen ab, bevor er einen Schluck aus seiner Tasse nahm. „Vermutlich ist dieser Beschützerinstinkt evolutionär bedingt“, stellte er weiter schmunzelnd fest. Nike lachte: „Sind Sie jetzt unter die Psychologen gegangen?“. Mr. Jenkins lächelte und schüttelte den Kopf: „Nein, aber ich bin ebenfalls ein Mann“. „Sind Sie etwa auch ein Macho mit überzogenem Beschützerinstinkt?“, hakte sie keck nach, wobei sie wusste, dass Mr. Jenkins sicher nicht zu dieser Kategorie Mann gehörte. Ihr Gegenüber lachte herzlich: „Was? Oh nein“, entgegnete er zügig. „Mir steht dieses Machogehabe nicht.“, fuhr er lächelnd fort. Damit hatte er wohl Recht. Trotzdem war sie sich sicher, dass auch er die ihm nahestehenden Menschen auf seine ruhige Art und Weise beschützte. „Ich würde mich unheimlich gerne weiter mit Ihnen über die Psyche des männlichen Geschlechts unterhalten, aber ich glaube wir müssen langsam los.“, unterbrach er ihre Gedanken, deutete auf die Uhr hinter ihr und erhob sich: „Vielleicht sollten Sie die verbleibenden 10 Minuten bis zum Vortrag nutzen, um ihrem Beschützer zumindest eine kurze Nachricht zu schreiben.“. Seine Stimme war ruhig, dennoch glaubte sie einen amüsierten Unterton darin zu hören. Er zog sie auf?
„Ich habe viel zu tun. Ich melde mich, wenn ich Zeit habe.“, tippte sie eine knappe Nachricht an Paul und sendete sie ab. Sie mochte ihn, aber sie wollte nicht eingeengt werden. Sie schätzte ihr unabhängiges, selbstbestimmtes Leben und genau deswegen bevorzugte sie eher lockere Kontakte, wovon sie bei Paul eigentlich auch ausgegangen war. Dieses Machogehabe war bei ihr definitiv fehl am Platz und das musste sie ihm noch klarmachen.
Der Tag bestehend aus Vorträgen und Diskussionen hatte Nike gefordert. Sie hatte sich eher auf ein zwangloses Abendessen in lockerem Outfit gefreut, doch stattdessen saß sie nun erneut in ihrem Businessoutfit mit einer Gruppe aus Konferenzteilnehmern im hoteleigenen Restaurant zusammen und unterhielt sich über Firmenwägen, Steuerermäßigungen und andere banale Themen, die sie nicht einmal ansatzweise interessierten. Statt den Gesprächen am Tisch weiter zu folgen, betrachtete sie unauffällig den Mann neben sich. Sein lockiges wirres Deckhaar, seine hellgrauen Augen, sein markantes Gesicht mit dennoch ungewöhnlich sanften Gesichtszügen, seine Lippen. Sie erinnerte sich genau daran, wie sie sich auf ihren angefühlt hatten, wie es war seine Zunge an ihrer zu spüren. Eine leichte Berührung an ihrem Bein brachte sie in die Realität zurück. War es Zufall, dass sein Knie ruhig an ihrem lehnte, sodass sie die von ihm ausgehende Wärme spüren konnte? Eine angenehme und irgendwie auch vertraute Berührung. Ohne dieser Berührung auszuweichen, sah sie zu Mr. Jenkins, welcher sie ebenfalls ein wenig irritiert aus den Augenwinkeln betrachtete. Doch auch er brach die Nähe zwischen ihnen nicht ab. Für einen kurzen Moment sah er ihr unmittelbar in die Augen, wandte sich dann allerdings wieder gewohnt ruhig den Gesprächen am Tisch zu. Sein Pokerface war unglaublich, doch seine Augen sprachen Bände. Bedächtig lehnte er sich auf seinem Stuhl nach vorne, griff mit seiner rechten Hand nach dem Wasserglas vor sich und ließ die linke Hand auf sein Bein unter dem Tisch sinken, nur wenige Millimeter von ihrem Knie entfernt. Immer wieder schielte Nike unauffällig unter den Tisch. Diese Hand war verlockend und sie war sich sicher, dass er sich dessen genau bewusst war. Sie haderte mit sich, es kribbelte nur so in ihren Fingern. Nach langem Zögern ließ sie möglichst beiläufig ihre Hand unter den Tisch gleiten, vergewisserte sich, dass niemand sie beobachtete und fuhr mit ihren Fingerspitzen vorsichtig über seinen Handrücken. Auch wenn er nicht überrascht zu sein schien, zuckte seine Hand kaum merklich unter der leichten Berührung ihrer Finger zusammen. Er atmete tief durch, wirkte jedoch nach Außen weiterhin ruhig und gelassen. Nike fuhr, mit dem Blick auf die sich ihr gegenüber unterhaltenden Kollegen, weiter über seine Finger, seine Knöchel, bis er seine Hand sachte unter ihrer drehte, sodass sie nun seine Handinnenfläche berührte. Nur wenige Augenblicke später spürte sie die leichten Berührungen seiner Finger auf ihrer Haut, welche kurzerhand wie kleine Stromstöße durch ihren Körper schossen. „Was für einen Firmenwagen fahren Sie, Mr. Jenkins“, wurde ihr Nebenmann nun unvermittelt angesprochen. Er überlegte kurz, strich noch einmal deutlich mit seinem Daumen über Nikes Hand und legte sie wieder vor sich auf den Tisch: „Ich glaube einen Audi.“, begann er ruhig. Sein Gegenüber lächelte: „Sie glauben?“, hakte er ungläubig nach. Mr. Jenkins zuckte unbeeindruckt mit den Schultern: „Es ist nur ein Auto.“. „Ich habe grade letzte Woche meinen Jaguar in Auftrag gegeben“, bemerkte ein anderer Kollege am Tisch, welcher damit sofort die Aufmerksamkeit seiner Kollegen auf sich zog. Was für eine materialistische Welt. „Entschuldigen Sie mich kurz“, bemerkte Mr. Jenkins höflich, stand auf und verließ den Tisch. Nike nickte lächelnd. Sie versuchte weiter den Gesprächen am Tisch zu folgen, schweifte jedoch immer wieder mit ihren Gedanken ab. Diese Spannung zwischen ihrem Chef und ihr schien immer weiter zu wachsen und hatte, zumindest für ihr Empfinden, inzwischen ein fast unerträgliches Maß. Konnte man nicht ein einziges Mal gegen Prinzipien verstoßen?
Nike spürte eine Hand auf ihrer Schulter, sah zur Seite und blickte unmittelbar in Mr. Jenkins graue Augen „Ich habe unsere Rechnung bereits beglichen und würde mich langsam verabschieden. Möchten Sie noch bleiben?“, fragte er aufmerksam und sah sie an. Nike schüttelte lächelnd den Kopf: „Nein, nein. Ich würde Sie begleiten, wenn das in Ordnung ist.“----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Luis lauschte etwas gelangweilt den Gesprächen der anderen Konferenzteilnehmer am Tisch, als er die unauffälligen Blicke seiner Assistentin auf sich spürte. Sie beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. In Gedanken versunken fuhr sie sich leicht mit der Zunge über die Lippen. Eine vielsagende und unglaublich sinnliche Geste, welche ihn fest schlucken ließ und augenblicklich daran erinnerten, wie sich ihre Lippen auf seinen angefühlt hatten. Eine leichte Berührung an seinem Bein holte ihn aus seinen Gedanken. Ihr Knie, welches bisher ein paar Zentimeter Abstand zu seinem gehabt hatte, lag nun sanft an seinem. Irritiert über diese Nähe sah er sie an, direkt in ihre hellgrünen funkelnden Augen. Es war eine Frage, die ihm immer und immer wieder durch den Kopf ging. Konnte er dieser Frau überhaupt widerstehen?
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Challenge
RomanceNike Davis war mit ihren 28 Jahren fest im Berufsleben angekommen. Ihr Abschluss in Wirtschaftspsychologie hatte ihr eine super Chance in einem weltweit vertretenen Unternehmen in den USA ermöglicht, wo sie nun seit drei Jahren als persönliche Assi...