Die restlichen Ferien vergrub ich mich in meiner Wohnung. Emilia hatte ich keine einzige Nachricht mehr geschickt. Stattdessen starrte ich unentwegt ihr Profilbild an. Ich benahm mich wie ein Teenager, der zum ersten Mal Liebeskummer hatte. Und genauso fühlte ich mich auch. Normalerweise warf mich das nie so aus der Bahn.
Meine Jogginghose und meinen Hoodie hatte ich seit über einer Woche nicht mehr gewechselt. Meine Haare waren verfettet und klebten an meiner Kopfhaut fest. Ich fühlte mich ekelig, aber ich konnte mich einfach nicht dazu aufraffen, um duschen zu gehen.Montagmorgen hatte ich keine Lust zur Schule zu gehen. Was erwartete mich denn dort? Emilia, die mich keines Blickes würdigen wird?
Ich war kurz davor mich krank zu melden, als Carolina plötzlich in meiner Wohnung stand.
"Du musst unter die Dusche. Du siehst echt scheiße aus", sagte sie.
"Ich wollte mich gerade krank melden", sagte ich.
"Du bist nicht krank. Und du wirst in einer halben Stunde mit mir zusammen zur Schule fahren", sagte sie.
Ich stöhnte. Ich wusste, dass sie nicht locker lassen würde. Also sprang ich unter die Dusche und schlüpfte anschließend in eine Jeans und eine Bluse.
"Du siehst ja wieder aus wie ein Mensch", sagte sie und hielt mir einen Kaffee entgegen.
Ein paar Minuten später saßen wir in Carolinas Auto. Schweigend fuhren wir zur Schule.
"Kämpf gefälligst um sie", sagte Carolina. Dann stieg sie aus.Emilia kam zum Matheunterricht zu spät. Sie sah mich nicht einmal an, als sie durch die Tür kam.
"Bekommt sie keinen Ärger?", fragte mich eine Klugscheißerin aus der ersten Reihe.
"Wenn du noch ein Wort sagst, bekommst du gleich Ärger. Ich bin heute richtig schlecht gelaunt und wenn du mir noch weiter auf die Nerven gehst, darfst du Frau Behrendt einen Besuch abstatten", sagte ich.
Aus den Augenwinkeln sah ich, dass mich meine Schüler erschrocken ansahen. Auch Emilia hob ihre Augenbraue. Ich war normalerweise keine Lehrerin, die schnell aus der Haut fuhr. Aber auf der anderen Seite wusste ich schon lange nicht mehr, was für eine Lehrerin ich eigentlich war.
Nach der Stunde flüchtete Emilia sofort aus dem Raum und ich lief ihr nicht hinterher.
Stattdessen wartete ich im Lehrerzimmer, bis auch Emilia Schulschluss hatte. Ich stand vor ihrem Wagen und wartete auf sie. Als sie auf den Parkplatz kam und mich sah, verfinsterte sich ihr Blick. Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, ging sie an mir vorbei und schloss ihr Auto auf.
"Bitte, Emilia", flüsterte ich.
Sie blieb stehen und starrte in das Innere ihres Autos.
"5 Minuten", bat ich sie.
Sie nickte und ich atmete erleichtert auf.
Ich stieg auf der Beifahrerseite ein.
"Wo ist dein Auto?", fragte sie, als sie den Motor startete.
"Zu Hause. Carolina hat mich heute Morgen mitgenommen", sagte ich.
"Wo fahren wir hin?", fragte Emilia.
Ich lotste Emilia raus aus der Stadt zu einem verlassenem Waldparkplatz.
Emilia stoppte den Motor und sah mich erwartungsvoll an. Mein Herz raste. Ich versuchte die richtigen Worte zu finden. Es fiel mir nicht leicht darüber zu reden.
"Deine 5 Minuten laufen", sagte Emilia.
Ich nickte.
"Meine Eltern sind gestorben, als ich 4 Jahre alt war", sagte ich. Die Tränen schossen mir in die Augen.
"Danach war ich im Heim. Das Letzte, was meine Eltern zu mir gesagt haben, war ich liebe dich. Seitdem hat das nie wieder jemand zu mir gesagt und ich hab es auch nicht gesagt. Als du es zu mir gesagt hast, das war zu viel für mich. Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Ich war mit der Situation überfordert. Das entschuldigt natürlich trotzdem nicht, was ich getan habe. Ich wollte dich nicht verletzen. Ich hab noch nie etwas so sehr bereut. Emilia, es tut mir so Leid", sagte ich.
Schweigend sah mich Emilia eine ganze Weile an.
"Wie sind sie gestorben?", fragte sie.
"Sie sind gegen einen Baum gefahren", flüsterte ich. Ich versuchte ihrem Blick standzuhalten, was mir aber nicht sonderlich gut gelang. Wieder einmal las mich Emilia wie ein Buch.
"Haben sie es absichtlich getan?", fragte sie.
Ich nickte. Sofort schossen mir die Tränen in die Augen.
Emilia zog mich in ihre Arme und streichelte mir beruhigend über den Rücken.
"Louisa will das nicht hören", flüsterte ich.
"Deine Schwester?", fragte sie.
"Ja. Sie war nicht im Heim. Sie haben uns auseinandergerissen. Sie ist adoptiert worden. Ich hab sie erst wieder getroffen, als ich 18 war. Als ich es ihr damals gesagt habe, war sie ziemlich sauer auf mich", sagte ich.
"Schatz, lass sie das glauben, was sie will. Sie hat ein Bild von euren Eltern und sie will das so erhalten", sagte Emilia.
"Wahrscheinlich", flüsterte ich.
Dann schwiegen wir.
"Was machen wir jetzt?", flüsterte Emilia.
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich will dich. Aber ich verstehe es auch, wenn du mir nicht verzeihen kannst. Du musst das entscheiden", sagte ich.
"Wirst du es beim nächsten Mal wieder machen?", fragte Emilia.
Energisch schüttelte ich den Kopf. "Aber ich brauche Zeit, um es dir zu sagen", sagte ich.
Emilia nickte. "Ok. Aber du wirst es dir jetzt trotzdem anhören", sagte sie.
Sie sah mir in die Augen. "Ich liebe dich", flüsterte sie.
Ich wusste, dass sie es auch hören wollte, aber ich konnte es ihr nicht sagen.
Sie verschränkte unsere Finger miteinander.
"Keine Scheidung?", flüsterte ich.
Emilia schüttelte ihren Kopf.
Ich beugte mich zu ihr herüber. Ich sah sie an und als sie nicht protestierte, legte ich meine Lippen behutsam auf ihre.
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What happens in Vegas, stays in Vegas
RomanceLeyla reist nach Las Vegas und verbringt dort eine verhängnisvolle Nacht mit der jungen Emilia. Am nächsten Morgen beschließen die beiden getrennte Wege zu gehen und nie wieder ein Wort über die Geschehnisse der letzten Nacht zu verlieren. Was aber...