Ausflug voller Überraschungen

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(Aiden)

12:41. Justice umgreift meinen Oberkörper und drückt sich fest gegen mich. Ihr Kopf klebt förmlich an meiner Brust. Ich senke meinen Kopf zu ihrem, um den Duft ihrer Haare zu inhalieren. Sie tut mir so unfassbar gut, dass es schon fast nicht mehr gesund ist. Ich gebe ihr einen zarten Kuss auf den Kopf und halte sie weiter in meinen Armen fest. Wer hätte gedacht das eine einfache Umarmung sich so gut anfühlen würde. Nach einer Weile löse ich mich von ihr, nehme ihr Gesicht in meine Hände und sehe ihr tief in die Augen.

Dieser unschuldige Blick in ihren Augen, bringt mich jedes Mal fast um. Ihr zierliches Gesicht und ihre Kastanienbraunen Augen erinnern mich an ein Rehkitz. „Du wirst von mir noch einige Kosenamen bekommen, aber Bambi passt am besten zu dir", murre ich und gebe ihr einen sanften Kuss auf ihre Nasenspitze. Verschmitzt grinst sie mich an. „Dann bekommst du jetzt auch einen. Wie wäre es mit Knutschkugel?", witzelt sie und versucht ihr Gesicht nicht zu verziehen, damit es so aussieht, als würde sie es ernst meinen. „Ist jetzt nicht so mein Geschmack, hast du was Besseres auf Lager?", kontere ich und halte noch immer ihr Gesicht in meinen Händen. „Lass mich überlegen. Mein Liebster würde doch gut passen oder Sunnyboy. Ach, vergiss das mit Sunnyboy du siehst eher aus, als wärst du Mitglied einer Mafia. Immer so dunkle Klamotten und ein ernster Blick im Gesicht". „Nenn mich wie du möchtest Sweetheart, solange es aus deinem Mund kommt, gefällt mir alles". „Auch Knutschkugel und Krümelmonster?". Justice lacht los und verzieht zufrieden ihr Gesicht. „Darüber reden wir nochmal, Bambi".

Nochmals nähere ich mich ihrem Gesicht und drücke meine Lippen auf ihre Stirn. Soweit ich weiß, bedeutet dieser Kuss, dass man seinem Gegenüber vertrauen kann. „Möchtest du heute noch was mit mir unternehmen?", frage ich sie erfreut. „Kommt darauf an, was du vorhast. Bevor wir aber irgendwohin gehen, muss ich nachhause gehen. Mein Kater Simba verhungert sonst noch". Ich nicke ihr zu, löse mich von ihr und gehe Richtung Treppe. „Ich ziehe mich schnell um, dann können wir losgehen", erwähne ich und schlendere in mein Zimmer.

In meinem Zimmer angekommen atme ich tief aus und widme mich meinem Kleiderschrank. Leider habe ich viel zu wenig gemütliche Klamotten. Hauptsächlich ist der Schrank mit Anzügen befüllt. Seufzend greife ich nach einem marineblauen Anzug, schlüpfe hinein und begutachte mich vor dem Spiegel. Ich zupfe meine Jacke zurecht, greife mir durch die Haare und husche schnell ins Badezimmer, um mir einen Duft an den Hals zu sprühen. Mein Blick verharrt auf meinem Spiegelbild. Für einen kurzen Moment mustere ich mich und seufze vor mich hin. Das es mit Justice so gut laufen würde, hätte ich niemals gedacht. Vor allem das es so schnell geht, überrumpelt mich. Nebenbei bin ich auch stolz auf mich, dass ich mich so gut zusammenreißen kann, nicht über sie herzufallen. Ein letztes Mal greife ich durch meine Haare, mache kehrt und gehe zu Justice ins Wohnzimmer.

Unten angekommen entdecke ich sie im Schneidersitz auf meinem Sofa. Sie hat sich in eine Wolldecke eingewickelt und summt das Lied, das ich vorhin auf dem Klavier gespielt habe vor sich hin. „Wollen wir los, Kleines?". Sie dreht sich zu mir um und lächelt mich entspannt an. Mit einem Nicken steht sie auf, faltet die Decke zusammen und kommt auf mich zu.  „Was möchtest du überhaupt unternehmen?", fragt sie beiläufig als sie zu der Haustür schlendert. Auf meinem Gesicht macht sich ein breites Grinsen breit. „Lass dich überraschen Süße. Einen kleinen Tipp kann ich dir aber geben. Ziehe was Warmes und gemütliches an". Verwirrt sieht sie mich an. „Willst du mit mir wandern?". „Haha nein, was viel Besseres. Ich bin selbst nicht der Typ der wandern geht", entgegne ich, während wir auf mein Auto zusteuern.

Mit zierlichen Bewegungen steigt Justice auf der Beifahrerseite ein, überkreuzt ihre Beine und wartet darauf, dass ich neben ihr Platz nehme. „Jetzt musst du mir nur noch sagen, wo du wohnst, dann können wir los". Erwartungsvoll sehe ich sie an und warte auf ihre Antwort. Anstatt mir jedoch zu antworten, neigt sich Justice nach vorne und macht sich an dem Display zu schaffen. Gespannt beobachte ich sie dabei, wie sie mit ihrem Finger wild auf dem Display herumdrückt. „Du kannst losfahren", meint sie nach kurzer Zeit. „Das Navi ist eingestellt".

Diese Frau ist unglaublich. Warum taucht sie erst jetzt in meinem Leben auf? Spokane ist keine große Stadt und wir haben auch keinen gewaltigen Altersunterschied. Zwar lebe ich nicht schon mein ganzes Leben in Spokane aber lange genug, um ihr eigentlich schon Mal über den Weg gelaufen zu sein. Vermutlich sind wir uns sogar schon mal begegnet, haben uns aber nicht wahrgenommen. Warum auch? Frauen haben mich davor nie wirklich interessiert und sie war wahrscheinlich auch nicht auf der Jagd nach Männern. Vielleicht war sie sogar länger in einer Beziehung. Was wenn ich ihr nicht gerecht werden kann? Ich hatte noch nie eine Beziehung und habe keine Ahnung wie man eine führt. Auf was muss man achten? Ich kann sie schlecht danach fragen, sie würde mich auslachen. Ein gestandener Rechtsanwalt mit Tattoos hat kein Plan von Beziehungen und braucht zuerst eine Schulung. Ich kann mich offiziell vergraben.

Justice muss bemerkt haben das ich in meinen Gedanken versunken war, denn sie sieht mich ernst an und versucht meine Gedanken von meinem Gesicht abzulesen. „Wo bist du mit deinen Gedanken? Du bist in die falsche Richtung gefahren". Justice deutet auf das Navi und versucht ihr Lachen zu unterdrücken. „Oh entschuldige. War kurz in Gedanken versunken, erzähle ich dir später, wenn du möchtest", murmle ich und wende bei der nächsten Gelegenheit. Sie lächelt mir zu und sieht wieder aus dem Fenster. Ihr zartes Gesicht wird von der Sonne angestrahlt. Sie hat eine recht blasse haut, rosa Wangen zieren ihr Gesicht. Ich könnte sie Stundenlang anschauen und es würde niemals langweilig werden. Justice ist eine wundervolle Frau. Selbst wenn sie nur dasitzt und aus dem Fenster sieht, fasziniert sie mich. Meine Mutter würde sich bestimmt für mich freuen.

Vielleicht besuche ich sie in der nächsten Zeit und erzähle ihr von Justice. Meine Mutter hatte immer Angst, dass ich einsam sterben werde und sie niemals Oma wird. Das könnte sich wahrscheinlich endlich ändern. Zwar kann ich mir keine Kinder vorstellen, aber wenn das mit Justice und mir was Ernstes wird, kann ich sie mir gut als die Mutter meiner Kinder vorstellen. Wenn nicht sie, wer dann?

Hard to love {Wenn die Vergangenheit dich nicht loslässt}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt