117 | ein Held

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"Man kann nicht immer ein Held sein, aber man kann immer ein Mann sein."
~ Johann Wolfgang von Goethe

CÉCILIA

Mein Blick fällt auf ihren Bauch, ich sah hoch in ihre Augen. „Du warst schwanger in der fünften Woche. Wir haben unser Baby verloren, Cécilia."

Unser Baby.
Verloren.
Diese Worte gingen mir nicht mehr aus dem Kopf.
Mein Herz hatte noch nie so weh getan. Devin griff nach meinen Händen, doch ich zog sie zurück. Ich durfte eigentlich nicht sauer auf Devin sein, denn ich bin die Schuldige. Seit Anfang an bin ich es und nicht er. Ich war es, die Lorenzo in unser Leben gebracht hat. Devin hatte von Anfang an gesagt, dass ich mich von ihm fernhalten soll und was habe ich gemacht? Dank meiner Sturheit habe ich trotzdem den Kontakt zu ihm gehalten. Ich wischte meine Tränen weg. „Es tut mir so leid, mein Herz.", sagte er leise.

„Tut es dir wirklich leid?"

Devin schaute geschockt in meine Augen. „Ich..."

„Devin, ich weiß, dass du keine Kinder haben möchtest! Vielleicht freust du dich auch insgeheim darüber, dass ich es verloren habe!"

Er steht vom Bettrand auf und tut seine Hände in seine Hosentasche. „Normalerweise würde ich nun mit dir streiten, aber nicht jetzt. Du hast viel durchgemacht, deine Gefühle und Nerven sind am Ende. Wir reden später darüber, denn ich möchte dich wirklich kein bisschen verletzen.", und mit diesen Worten ließ er mich alleine, aber er schickte Mary rein und nur wenige Minuten befand ich mich schluchzend in ihren Armen. „Es wird alles wieder gut."
Mary drückte mich ganz fest und strich über meinen Rücken. „Alles mit der Zeit."

„Ich bin so erschöpft."

Mary löste sich etwas von mir und sieht tief in meine Augen. „Ich weiß, ich weiß, Cécilia. Ich möchte Devin nicht in Schutz nehmen."

„Aber?", fragte ich einatmend.

„Aber auch er ist erschöpft. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal durchgeschlafen hat, Cécilia. Er ist ständig so, als würde er auf Dornen stehen. Immer ist er gereizt und versucht uns alle zu beschützen. Devin hätte fast Aras verloren, gestern fast ein zweites Mal und er gibt sich für all das die Schuld. Weißt du warum? Als Kind hat sein leiblicher Vater ihm verklickert, dass er nicht genug ist und hat ihn immer und immer misshandelt. Jetzt denkt er höchstwahrscheinlich das Gleiche. Er konnte Aras nicht beschützen, dich und das Baby auch nicht. Wir machen uns immer darüber lustig, dass er ein Kontrollfreak ist, aber er ist nun mal so. Er liebt die Kontrolle und fühlt sich nur dadurch ausreichend. Er versucht immer ein Held zu sein, aber auch er kann es nicht immer sein. Vor Jahren seine dunkele Vergangenheit hat nur deswegen angefangen, weil er dieses Baby retten wollte. Jeder denkt Devin Desmond hat keine Gefühle, aber du müsstest am besten wissen, dass er Gefühle hat, denn als er niemanden seine Gefühle gezeigt hat, hat er dir am meisten sein Inneres gezeigt. Gut, er wollte nie Kinder, aber es war euer Kind. Er hätte niemals gewollt, dass du es verlierst. Es wäre schwer geworden am Anfang, aber wir beide wissen, dass er ein guter Vater geworden wäre, weil Devins Liebe ist was Besonderes, nicht wahr?", sagte Maryam und lächelt mich sanft an.

Ich wischte erneut die Tränen weg, lächelte leicht und atmete aus. „Meine Nerven. Ich weiß. Du hast recht. Ich habe unüberlegt gesprochen."

[...]

Am nächsten Morgen wurde ich sehr früh entlassen, doch Devin ist mich nicht abholen gekommen, sondern Nate als ich nach ihm fragte, sagte er mir, dass er es nicht von ihm gehört hat seit gestern. Sowas ähnliches sagte auch Aras, aber ich glaubte ihm nicht. „Du weißt immer, wo er sich befindet, Aras."

Aras seufzte. „Ich kann dir nicht sagen, wo er ist."

„Weil?", hackte ich nach.

„Ich kann es dir nicht sagen, weil ich nicht möchte, dass ihr euch streitet.", er sieht mich traurig an. „Es wird euch sicherlich guttun, wenn ihr euch nicht sieht.", er legt seine Hand auf meine Schulter und lächelt. „Gestern Abend war es sehr schwer mit ihm. Ich verstehe dich, Cécilia. Das alles, dass alles ist nicht so einfach und viel zu viel für dich, aber du hast ihn gestern verletzt. Er war sehr betrunken und was ich sagen will ist, dass es kein einfacher Abend war."

Ich nickte und ging hoch in unser Schlafzimmer. Es war niemand zu Hause, aber um das Haus herum waren mehr von Devins Männern als je zuvor. Ich hielt mich am Türrahmen fest, denn augenblicklich wurde mir schwindelig. Einatmend setzte ich mich ans Bett und schloss meine Augen, ließ mich nach hinten fallen, Das Bett roch nach ihm. Er hatte immer so einen starken Eigenduft. Das ganze Zimmer roch nach ihm und in jeder Ecke sah ich uns. Es war voll mit unseren Erinnerungen. Ich bereue so sehr, dass was ich ihm gesagt habe. Ich habe ihn mit meinem Schmerz verletzt. Aras und Mary hatten so recht.
Ich habe gar nicht daran gedacht, dass er auch verletzt sein könnte. Stattdessen habe ich ihn einfach ignoriert und habe Schmerz mit Schmerz bekämpft. Irgendwann wurde meine Augen schwer und schlief ein, da ich gefühlt ununterbrochen seit letzter Nacht weinte und kaum geschlafen hatte.

[...]

„Devin.", ich blinzelte einige Male, um meine Augen öffnen zu können. Devin saß auf dem Sessel gegenüber von unserem Bett, hielt ein Glas Scotch in seinen Händen und schaut mich emotionslos an. Sein schwarzes Hemd war bis zur seiner Brust aufgeknöpft, seine welligen Haare, die sonst nur beim Sex unordentlich sind, fielen auf seine Stirn.
Ich setzte mich gerade auf und sah ihn an. Es wurde draußen langsam dunkel. Ich hatte wirklich lange geschlafen, wie lange er wohl dort saß. „Wieso sitzt du dort und kommst nicht zu mir?"

Er zuckte mit seinen Schultern und trinkt sein Scotch leer, aber füllt es sofort wieder nach, die Flasche stand auf dem Beistelltisch neben ihm. „Cécilia", fing er an und ich dachte für eine Sekunde, dass er gelächelt hat, aber so war es nicht. „Cécilia", sagte er ein zweites Mal meinen Namen und es war wieder nicht Lovely. Es war einfach Cécilia. Ich schluckte. „Ich habe nie gewollt, dass du meinetwegen eine Waffe in die Hände nimmst. Geschweige denn, dass du abschießt, ich habe das nie gewollt. Verstehst du jetzt, warum ich wollte, dass du diesen Vertrag unterschreibst?"

Er lacht spöttisch auf. „Meine Hände sind so dreckig und du weißt das.", er trinkt sein Glas leer und legt es auf dem Tisch ab. „Du weißt, das am besten! Deine sollten nie so sein.", er steht auf und streicht sauer seine Haare zurück, doch sie fielen direkt wieder auf seine Stirn. Ich biss mir auf die Unterlippe. „Du weißt alles über mich. Du weißt, was für ein Mann ich bin und verdammt, du liebst diesen Mann und warst schwanger von ihm!"

~
die letzten Worte von Devin...da lasse ich mein Herz...

DEVIN DESMONDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt