20. Kapitel: Vielleicht eine Runde Twister...

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„Mum, Dad! Ich bin wieder da!“, rief ich als ich die Tür hinter mir schloss.
„Schon?“, hörte ich Mums verwirrte Stimme aus dem Wohnzimmer.
„Was heißt hier schon?! Ich war zwei Tage weg!“, protestierte ich.
„Wirklich?“, rief meine Mutter verwundert, „Kam mir nicht so lange vor, dir Frank?“
„Nicht wirklich“, sagte mein Vater kopfschüttelnd, „du hättest auch noch ein bisschen bleiben können. Weißt du als wir noch jung waren waren wir wochenlang zelten.“
Na toll. Da fühlte man sich doch von seiner Familie geliebt.
„Du bist aber nicht mehr jung!“, knurrte ich leise.
„Wie auch immer!“, wechselte ich schnell das Thema, „Ich will euch jemanden vorstellen!“
„Meinst du sie hat endlich einen Freund?“, flüsterte meine Mutter meinem Vater in Ohr.
„Ich hoffe es, Zeit wird’s!“, flüsterte mein Vater zurück.
Ich seufzte genervt: „Nein! Es ist kein Freund! Es ist eine Freundin.“
„Du bist lesbisch?!“, rief meine Mutter erstaunt aus.
Ich sah sie sprachlos an.
„Ach mein Schatz, mach dir keine Sorgen. Wir lieben dich auch, wenn du nicht normal bist. Also ich mein dass du ein bisschen durchgeknallt bist wussten wir ja schon immer, allerdings hatten wir gedacht, dass du eines Tages mit Jake ankommst und nicht mit einem Mädchen. Aber wenn sie dich glücklich macht, dann ist das für uns...“, sprudelte es aus meiner Mutter heraus.
„ICH BIN NICHT LESBISCH!“, unterbrach ich sie laut.
„Okay, bist du dir sicher? Ich meine es wäre wirklich kein Problem für uns! Wir hatte uns zwar schon immer Enkelkinder gewünscht, aber heutzutage ist ja auch Adoption eine...“, führte mein Vater den Redeschwall fort.
„Gaaaaah!“, schrie ich genervt auf und marschierte aus dem Zimmer.
Kurz darauf kam ich mit Yuki auf dem Arm zurück.
Sofort verstummten mein Eltern.
„Cassandra...“, begann meine Mutter.
„...ist es das,...“, führte mein Vater den Satz fort.
„...was wir denken...“, wieder meine Mutter.
„...das es ist?“, beendete mein Vater den Patchwork-Satz.
„Ihr wisst, dass ich es unglaublich nervig finde, wenn ihr das macht!“, stöhnte ich.
„Was machen?“, fragte Frank.
„Die Sätze vom anderen beenden, ihr seid keine 10-jährigen Zwillinge!“, erklärte ich.
„Cassandra, was ist das?!“, wiederholte meine Mutter mit Nachdruck ihre Worte.
„Du bist die Biologin, sag du es mir.“, konterte ich.
„Cassandra!“, sagte meine Mutter leicht zornig.
„Ist ja gut! Es ist ein Jaguar Junges.“, erklärte ich, „Und sie heißt Yuki.“
„Ein Jaguar Junges?“, fragte mein Vater verwirrt und schon konnte ich den interessierten Wissenschaftler-Blick  bei ihnen ausmachen, den auch Carlisle besaß.
Ich wusste was jetzt kommen würde, das hat man also davon, wenn beide Eltern Biologen sind.
„Wo hast du es her?“, fragte meine Mutter.
„Wie alt ist es?“, fragte mein Vater.
„Hast du es geklaut?“, erkundigte sich meine Mutter.
„Das ist ein Weibchen, oder?“, wieder mein Vater.
„Ich habe noch nie einen weißen Jaguar gesehen!“, behauptete meine Mutter.
„Was machst du mit ihr?“, fragte mein Vater.
„Du kannst es doch nicht behalten!“, empörte sich meine Mutter.
„Okay, Ruhe!“, rief ich laut und sie verstummten.
Erneut erzählte ich die Geschichte, wie ich Yuki fand, natürlich nicht ganz so genau, schließlich wussten meine Eltern nicht, dass die Legenden ihrer Stämme wahr waren, geschweige denn, dass sie sich verbinden können. Ich erklärte ihnen, dass sie nicht gefährlich wäre, brachte als verstärkendes Beispiel Siegfried und Roy an, die ja auch einen weißen Tiger gehabt hatten.
Leider hatte ich mich nicht vollständig informiert und irgendwie überlesen, dass der Tiger Roy angegriffen hatte, aber ich konnte meine Eltern überzeugen, dass Yuki das nie machen würde.
Ich versprach, dass ich sie zurückgeben würde, falls sie jemand suchen sollte und dass ich mich ganz alleine um sie kümmern würde.
Meine Eltern hatten eine genauso große Liebe zu Raubkatzen wie ich, daher ging ich davon aus, dass ich sie überzeugen konnte.
Als Ass im Ärmel setzte ich Yuki irgendwann unauffällig ab und sie ging zum Sofa, auf dem meine Eltern saßen.
Sie strich um ihre Beine und schnurrte wie ein kleines Kätzchen.
Sehr gut.
Sie war definitiv intelligenter als ein Hund. Und ja, da bezog ich auch die überdimensionalen Wölfe mit ein.
Mein Vater beugte sich zu ihr runter und hielt ihr vorsichtig die Hand hin, damit sie daran schnuppern konnte. Sie schleckte ihm mit der Zunge über die Hand und rieb dann ihren kleinen Kopf dagegen.
Mein Vater kraulte sie zwischen den Ohren und war ganz gefesselt von ihr.
Plötzlich machte sie einen Satz und sprang auf seinen Schoß. Dort rollte sie sich zusammen und kuschelte sich ein.
„Och ist die süß!“, flüsterte mein Vater verzaubert.
„Frank, dass ist...“, widersprach meine Mutter.
„Aber guck doch mal!“, wurde sie von meinem begeisterten Vater unterbrochen.
„Fra-ank!“, dehnte meine Mutter seinen Namen.
Jetzt ergriff Yuki die Initiative, erhob sich vom Schoß meines Vaters und machte einen Satz zum Schoß meiner Mutter. Dort rieb sie ihren Kopf erneut am Arm meiner Mutter, legte den Kopf schief und sah sie aus großen, runden Augen an.
Man konnte förmlich sehen, wie sie mit jeder Sekunde mehr dahin schmolz.
„Na gut...“, stimmte meine Mutter zu, „aber nur so lange sich keiner meldet! Und wenn du sie nicht mehr unter Kontrolle hast, geben wir sie in einen Zoo!“
„Einverstanden!“, lachte ich, nahm Yuki von ihrem Schoß und rannte die Treppe nach oben in mein Zimmer.

Mein total normal verrücktes LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt