46: Die Storyline war ausgezeichnet, aber das Ende war wirklich enttäuschend

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„Cacy! Cacy wach auf!", hörte ich eine ferne Stimme und spürte kalte Hände, die an meinen Schultern rüttelten.
„Was?", fragte ich verwirrt und versuchte mich an die letzten Minuten zu erinnern.
Meine Erinnerungen waren verschwommen, verzerrt, oder zum Teil ganz verschwunden.
Ich kannte dieses Gefühl.
Ich hatte mich fallen lassen und meinem Schatten die Oberhand gelassen.
Ein Kampf.
Bella.
Bilder und Bruchstücke der Konversation vor meiner Verwandlung schlichen sich in meine Erinnerungen.
Blutrausch.
„Ich lebe noch!", schmunzelte ich, dann war ich mir plötzlich nicht mehr so sicher und hakte nach, „Oder?"
Die melodische Stimme schnaubte belustigt: „Ja, zum Glück!"
Ich öffnete meine Augen, wobei es einen Moment dauerte, bis ich mich an das Licht gewöhnt hatte.
„Hi, Edward!", begrüßte ich ihn.
„Wie geht es Bella?", erkundigte ich mich, noch immer auf dem Boden liegend.
„Gut, nur macht sie sich Vorwürfe.", meinte er betrübt.
„Nein!", sagte ich schnell, „Sie kann nichts dafür. Das kann den ältesten Vampiren passieren und immerhin lebe ich ja noch! Bin ich schwer verletzt?"
„Ich glaube deine Hand ist gebrochen und vielleicht eine geprellte Rippe, aber außer ein paar Kratzern fehlt dir ansonsten nichts.", meinte er fachmännisch.
„Das ist gut. Das heilt wieder!", meinte ich und richtete mich auf, wobei mir Edward half.
Ich besah mir die Schäden, die unser Kampf hier hinterlassen hatte. Ein paar umgeknickte Bäume, Einschlaglöcher in der Felswand und ein paar abgebrochene Felsbrocken, der Vorsprung existierte praktisch nicht mehr. Yuki saß neben mir und blickte mich aus großen Augen an, in welchen ich die Vorwürfe lesen konnte, die sie sich selbst machte.
„Ist schon okay Yuki. Du hast alles richtig gemacht!", lobte ich sie.
Ich ließ meinen Blick weiter schweifen und traf auf Bella, die auf einem der Felsbrocken saß, den wir bei unserem Kampf herausgebrochen hatten.
„Cacy, es tut mir so Leid!", jammerte Bella, „Aber nachdem ich den Puma gejagt habe sind alle meine Erinnerungen nur noch rot!"
Ich unterbrach sie mit einer Handbewegung: „Mach dir keinen Kopf, es ist ja nichts schlimmes passiert! Meine Hand und Rippen sind in ein paar Stunden wieder vollkommen verheilt. Glaub mir, ich habe von solchen Kämpfen schon schlimmere Verletzungen davongetragen!", versicherte ich ihr.
Sie schien noch nicht überzeugt.
„Bitte Bella, mach dir keine Gedanken darüber. Ich nehme es dir wirklich nicht übel!", ich machte eine kurze Denkpause und grinste dann, „So konnte ich mich wenigstens abreagieren und jemand anderes wird sich freuen, dass er zumindest von meiner Seite aus seinen Kopf weiterhin auf dem Hals, und nicht unter dem Arm, tragen darf!"
Bella warf mir einen fragenden Blick zu.
Ich guckte zu Edward: „Ihr seid direkt jagen gegangen?", vermutete ich.
Er nickte.
„Ach so. Na dann verliert er seinen Kopf heute vielleicht doch noch!", stellte ich, zugegebener Maßen ein klein bisschen selbstzufrieden, fest.
Ich blickte wieder zu Bella, die mich fragend anschaute, doch ich winkte ab.
Ich musterte sie, man sah ihr die Veränderung durch die Verwandlung durchaus an, aber noch viel auffälliger war ihre Nervosität und Unruhe.
„Ich glaube wir sollten gehen.", meinte ich zu Edward und nickte in Bellas Richtung.
„Sie will zu Renessmee!", erklärte er mir leise und fragte noch leiser, „Glaubst du sie kann sich beherrschen?"
„Ich bin mir fast 100 prozentig sicher, dass nichts passieren wird!", erklärte ich ihm, „Vampire die während der Jagd in einen Blutrausch verfallen haben in den meisten Fällen eine außerordentlich gute Selbstbeherrschung."
„Gut!", sagte er wieder lauter, „Soll ich dich tragen?"
„Nein danke!", sagte ich kopfschüttelnd, „Ich schaff das schon!"
Er half mir noch auf und ging dann zu Bella um sie in den Arm zu nehmen. Yuki trottete brav neben mir her, damit ich mich im Fall des Falles - ich sollte das mit den Wortwitzen wirklich lassen - auf sie stützen konnte.

„Sag mal Cacy", fing Edward auf dem Heimweg ein Gespräch an, „Kannst du mir erklären, warum deine Verwandlung dieses mal so anders aussah, als üblicherweise? Und auch dein Kampfstil war ganz anders, als bei den Kämpfen, die du mit Emmett ausgetragen hast. Außerdem bist du, nachdem sich Bella wieder unter Kontrolle hatte, in Ohnmacht gefallen und hast dich nicht auf normalem Weg wieder in einen Menschen verwandelt."
War ja klar, dass er es nicht ohne nachzufragen aushielt.
Ich atmete tief durch und setzte zu einer Erklärung an; „Also das mit der Verwandlung hat folgenden Hintergrund: Sie war der Verwandlung der Wölfe ähnlicher, als der die ich unter normalen Umständen durchlaufe, weil ich mich in einer Notsituation befand. Normalerweise braucht meine Verwandlung mehr Zeit, ist aber etwas angenehmer als dieses 'explodieren'. Es war mehr ein Instinkt, als eine bewusste Handlung, dass ich mich auf diese Weise verwandelt habe. Zu deiner zweiten Äußerung: Ich habe meinen Kampfstil meinem Gegner angepasst. Ein Vampir im Blutrausch verlässt sich ausschließlich auf seine Instinkte und, naja, seinen Blutdurst. Er ist so stark wie ein Neugeborener, kämpft aber noch verbissener und tierischer, wodurch er schwerer zu besiegen ist. Denken und menschliche Verhaltensweisen werden vollständig abgelegt, was auch dazu geführt hat, dass Bella nicht reagiert hat, als wir versuchten mit ihr zu reden. Mein Kampfstil war anders, weil ich meinem Schatten komplett die Führung überlassen habe, mit menschlichen Kampfstrategien hätte mich Bella in wenigen Sekunden zerfetzt.", ich grinste Bella an, welche betreten zu Boden schaute, „Ohne mein komplettes abdriften in den Schatten, welcher ebenfalls ausschließlich aus Instinkten heraus handelt, hätte ich keinesfalls überlebt. Was mich auch schon zu Frage drei bringt: Die Ohnmacht und die Erinnerungslücken liegen an der absoluten Kontrolle meines Schattens über meinen Körper. Ich denke und handle dann wie ein Tier, was es mir als Mensch erschwert mich daran zu erinnern. Manche Erinnerungen verschwinden komplett, aber die meisten sind wie verschwommene Träume, an die man nach dem aufwachen zurück denkt. Früher habe ich es oft gemacht, dass ich mich dem Schatten hingegeben habe. Man hört auf zu denken und kann komplett entspannen, aber seit ich aus Deutschland zurück bin hat es sich irgendwie nicht mehr ergeben. Die Ohnmacht rührt aus der großen Anstrengung, der der Schatten, ganz ohne die Hilfe meiner menschlichen Seite, ausgesetzt war."
„Sehr interessant!", murmelte Edward, „Dann weiß ich ja jetzt etwa, wie ich Bella aufhalten kann, sollte ihr das noch einmal passieren."
Ich sah Bellas geschockten Gesichtsausdruck und schüttelte den Kopf.
„Ich glaube nicht, dass das nötig ist.", meinte ich.
Bella und Edward blickten mich fragend an.
„Ich kenne keinen Vampir, der ein zweites Mal in einen Blutrausch verfallen ist. Wenn sie das einmal erlebt haben, haben sie sich für gewöhnlich noch besser unter Kontrolle als zuvor. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass es noch einmal passiert.", erklärte ich.
„Wollen wir es hoffen!", seufzte Bella.

Wir erreichten das Cullen Haus, doch bevor wir es betreten konnten kam Jake auf die Veranda gerannt und stellte sich uns in den Weg.
„Du bist geblieben?", fragte Bella überrascht aber auch glücklich.
Noch war sie glücklich darüber.
„Ja. Und du bist...", fing er an und suchte nach Worten.
„Stärker, aufgeregt, eine Mutter, aggressiver, vampirischer, ein blutsaugendes und stinkendes Monster?", schlug ich ihm vor.
„Immer noch Bella, wollte ich sagen.", meinte er abwesend.
Plötzlich realisierte er, mit wem er sprach.
„Cacy!", quiekte er in einer ziemlich unmännlichen Tonlage und suchte Schutz hinter einem Baum
Ich verdrehte die Augen.
„Jaake", sagte ich gedehnt, „Glaub mir, wenn ich dir in den Arsch treten wollte hätte ich das entweder schon gemacht, oder ich würde warten bis ich diese Hand hier", ich zeigte mit der Rechten auf meine verwundete Linke, „wieder benutzen kann um dir die Augen auszukratzen!"
„Sehr beruhigend...", grummelte er.
„Jetzt komm hinter dem Baum raus, der schützt dich eh nicht!", rufe ich ihm zu, „Ich tu dir nichts, das mit dem Kopf abreißen übernimmt sicher Bella für mich! Ich habe mich schon bei ihr abreagiert.", grinste ich sie an.
Er schaute uns gequält an, kam aber hinter dem Baum hervor.
„Warum sollte ich das machen?", fragte Bella verwirrt, „Und warum solltest du ihm wehtun? Habt ihr euch gestritten?"
„Kann man so sagen", meinte ich und warf Jake einen leicht anklagenden Blick zu, durch den er nur noch kleiner wurde, „aber du erfährst das schon noch alles. Willst du jetzt nicht zu deiner Tochter?"
„Renessmee!", hauchte die Neugeborene und war sofort wieder bei der Sache.
„Warte!", sagte Jacob und stellte sich uns erneut in den Weg, „Lass uns erst einmal testen, wie sie auf mein Blut reagiert!"
Ich seufzte.
„Ich hab echt keine Lust auf dieses Affentheater, wir sehen uns später! Ich bitte jetzt Carlisle meine Hand zu verarzten.", sagte ich und marschierte an Jake vorbei.
Jacobs Hand schnellte vor und hielt mich am Oberarm fest: „Kann ich dir vertrauen?", fragte er ernst.
Ich rollte mit den Augen: „Nein, Jacob. Ich werde diesem Halbvampir im Beisein von 6 Vampiren den Kopf abreißen, sobald ich das Wohnzimmer betrete, nur um anschließend von dir, Edward und einer wütenden, Neugeborenen-Mutter in winzige Teile zerfetzt zu werden!", sagte ich sarkastisch und riss mich aus seinem Griff los.

„Carlisle?", fragte ich, als ich eintrat.
„Hallo Cacy, was kann ich für dich tun?", fragte er höflich.
„Ich bräuchte mal deine Hilfe. Meine Hand ist gebrochen und eine Rippe vermutlich geprellt", erklärte ich ihm.
„Natürlich, folge mir in mein Arbeitszimmer!", bot er an.
Dankend nahm ich sein Angebot an.
„Cacyyyy!", trällerte Alice fröhlich, „Komm doch her und schau dir Renessmee an!"
„Nein danke", sagte ich und versuchte meinen gequälten Gesichtsausdruck zu verstecken, „Ich mag Kinder nur, wenn sie gefesselt und geknebelt in ein Kellerloch geworfen werden!"
Ich hörte Rosalie empört Luft einziehen.
Naja gut. Ich hasste Kinder nicht immer. Aber wer bekommt schon gerne fremde, mit Rotz- und Sabber verschmierte Kinder in den Arm gedrückt? Ich jedenfalls nicht. Schon gar nicht, wenn dieses mir auch noch den Freund ausgespannt hatte!
Also war es einfacher zu sagen, dass man Kinder nicht leiden konnte, was ja in den meisten Fällen auch stimmte.
Kinder waren vermutlich eh nur süß, wenn es die eigenen waren und selbst da war ich mir nicht sicher, konnte ich schlecht beurteilen, ich hatte ja schließlich keine.
Ich konnte noch nie etwas mit Kindern anfangen, geschweige denn Babys. Die konnten nur sabbern, lallen, auf dem Boden herum rollen, schreien und trinken. Ist eigentlich mal jemandem aufgefallen, dass Babys viele Ähnlichkeiten mit Besoffenen haben?
„Cacy?", hakte Carlisle nach.
„Ja bitte?", fragte ich aus meinen Gedanken gerissen.
Carlisle hatte schon begonnen meine Hand zu schienen und mir anscheinend eine Frage gestellt.
„Ich hatte gefragt wie das passiert ist.", wiederholte er.
„Ach", sagte ich gleichgültig, „ich habe ein bisschen mit Bella gespielt."
Er warf mir einen forschenden Blick zu.
Ich seufzte.
„Sie war in einem Blutrausch und hatte sich nicht unter Kontrolle, aber es ist ja nichts weiter passiert!", gab ich nach.
Was war denn mit mir los?!
Wieso verteidigte ich Bella überhaupt?!
„Ein Blutrausch?", fragte Carlisle verdutzt, „Bist du dir sicher?"
Ich nickte.
„Hm", machte er nachdenklich, „Ich dachte das wären nur Gerüchte, die man sich erzählt. Ich wusste nicht, dass Bluträusche tatsächlich vorkommen!"
Plötzlich schien ihm ein Gedanke zu kommen, denn er sprang auf.
„Was ist mit Renessmee?", fragte er fast schon panisch.
„Keine Sorge Carlisle. Sie wird ihr nichts tun.", 'leider', fügte ich in Gedanken hinzu, „Bella hat eine sehr ausgeprägte Selbstbeherrschung, die sich definitiv von denen gewöhnlicher Neugeborener abhebt."
„In Ordnung.", sagte er zustimmend und setzte sich wieder, um mich weiter zu verarzten.

„Au, au, au!", hörte ich Jacob im Wohnzimmer jammern.
„Wir gehen jetzt raus!", knurrte Bella und schleifte ihn hinter sich her.
„Warte!", sagte ich zu Carlisle, „Ich muss das sehen, ich will es genießen!", grinste ich, sprang auf und lief die Treppe hinunter zum Rest der Cullens auf die Veranda.
Gebannt schaute ich auf die Szene, die sich mir zwischen Jacob und Bella bot.
Das war besser als Kino!
Ein Sessel und eine Tüte Popcorn wären jetzt super!
Die Cullens unterhielten sich flüsternd über das Schauspiel, doch ich genoss lieber stillschweigend.
„Du weißt doch, dass wir nicht kontrollieren können auf wen wir uns prägen!", erklärte Jake und lief abwehrend drei Schritte rückwärts.
„Du hast dich auf meine Tochter geprägt! Ein BABY!!! MEIN BABY!!!", rief sie wütend.
„Bitte, haltet sie auf!", bat Esme.
„Lass sie doch.", grinste Edward.
„Cacy.", flehte Esme jetzt.
„Nein danke, mir geht es gut.", grinste ich fröhlich, „Mir gefällt die Richtung, in die sich mein Kinofilm entwickelt. Los Bella!", feuerte ich sie an.
Ich war nicht schadenfroh.
Ich war einfach nur oft zur falschen Zeit am falschen Ort glücklich.
Kann ja vorkommen.
Inzwischen war Seth in Wolfsgestalt zu uns gestoßen.
„Ach Bella, Nessie ist...", setzte Jacob zu einer Erklärung an.
„NESSIE?!", kreischte Bella, „DU HAST MEIN BABY NACH DEM MONSTER VON LOCH NESS BENNANT?!?!?"
Ich fand den Namen jetzt nicht so unpassend...
Man war ich froh, dass Eddi nicht in meinen Kopf schauen konnte, ich glaube ich würde schon längere Zeit nicht mehr auf dieser Erde wandeln.
Der neue Spitzname ihrer Tochter schien Bella den Rest zu geben, sie knurrte und sprang Jake an, der sich nicht einmal verwandelte um sich zu verteidigen.
Stattdessen handelte Seth, der sich Bella in den Weg warf und somit ihre Aggressionen auf Jacob abbekam.
„Oh Gott, Seth!", rief Bella bestürzt, „Es tut mir Leid!"
Hm, Bella schien ihre Aggressionen los geworden zu sein.
Schade.
„Also ich muss sagen, die Storyline war ausgezeichnet, aber das Ende war wirklich enttäuschend.", sagte ich in meiner besten, unbeeindruckten Filmkritiker Stimme.
Emmett neben mir lachte verhalten.
Ich stieß mich vom Geländer ab und lief ziellos in den Wald.
Es war anstrengend einen auf gefühlskalt zu machen, wenn innerlich noch immer ein Gefühlssturm, nein, Gefühlstornado in mir wütete.

Mein total normal verrücktes LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt