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"Ich glaube, sie haben euch gefunden." Kara klammerte sich an ihr Bündel. Mit zitternder Stimme hatte sie dem Magier vom Vorhaben der Jäger berichtet, wartete nun auf seine Reaktion. Es war schwer genug gewesen ihn zu finden. Letzten Endes hatte sie sich auf ihren Baum zurückgezogen und auf die Ebene gestarrt. Die Wölfe waren bis zum Mittag jedoch nicht aufgetaucht.
"Dämmerung..." Der Magier sah zum Himmel. "Am Morgen war noch alles ruhig."
"Abends." Sie drehte ein Band zwischen zwei Fingern. Sie wollte einfach nicht, dass den Wölfen etwas passierte. Aber er Magier schien an ihren Worten zu zweifeln. "Sonst hätten sie sich schon vor meinem Aufbruch vorbereitet. Bitte, bring sie weg von hier. Noch heute."

"Das habe ich nicht zu entscheiden. Aber du kannst mich begleiten." Er trat einen Schritt zurück. Mit dem Stab zog er einen Kreis um sich herum. Runen füllten schnell den Rand. "Sie werden den Bericht von dir selbst hören wollen."
"Das ist... eine schlechte Idee." Der Kreis leuchtete nun in sanftem, grünen Licht. "Ich wollte nur die Warnung weitergeben. Mein Ziel ist eine Stadt."
"Ich setze dich ab, wo immer du willst, aber die Wölfe gehen vor." Seine Geduld nahm merklich ab. "Wir haben nicht viel Zeit. Du musst mich begleiten."
Kara sah auf den Kreis. "Ein Teleport?"
"Zu viel Energie. Begleitest du mich?"
Sie seufzte. Eigentlich wollte sie das Lager schnell und weit hinter sich lassen. "Habe ich eine Wahl?" Sie klammerte sich an ihr Gepäck. Kurz vor dem Aufbruch, hatte sie noch ihre Decken dazugenommen.
"Schon. Du kannst gleich panisch weglaufen und die Jäger herholen." Das Licht erfasste ihn, dann ging es ganz schnell. Ein großer Wolf stand vor ihr, an Stelle des Magiers. Goldene Augen sahen sie aus schwarzem Fell entgegen. Auf Schulterhöhe war jedoch in weiß ein Symbol in einem Kreis zu sehen.
Der Wolf brummte, trat zu ihr und legte sich hin. Stehend hatte er die Größe eines Pferdes, liegend wurde ihr der Aufstieg erleichtert. Diese Anweisung deutete er nur noch an, in dem er auf seinen Rücken nickte.
"Bist du ein... Werwolf?" Nervös streckte Kara die Hand aus, nachdem der Magier den Kopf geschüttelt hatte. "Darf ich dich mal..." Der Wolf brummte wieder, deutete wieder zu seinem Rücken. Gleichzeitig drehte er die Ohren seinerseits nervös in alle Richtungen. Leise knurrte er und sah sie eindringlich an. Er duldete keine Verzögerungen mehr.

Vorsichtig trat sie an seine Seite, ließ ihre Hand einen Moment im weichen Fell ruhen, bevor sie sich unbeholfen auf seinen Rücken hievte. Nicht zu fest umschlossen ihre Hände Fellbüschel vor ihr, ihr Gepäck hatte sie sich mit einem Band um den Körper gebunden. "Bin fertig. Aber bitte vorsichtig sein."
Der Magier brummte, erhob sich, worauf sie doch etwas fester zugriff und trottete erst langsam zwischen den Bäumen hindurch auf die Ebene.
Es schwankte ungewohnt, was Kara die Augen zumachen und den Oberkörper näher an das Wolfsfell drücken ließ. Der Magier bewegte sich jedoch tatsächlich vorsichtig und beschleunigte nur langsam. Bald wurde der Wind, der sie von seinem Rücken fegen wollte stärker, worauf jedoch das Gefühl von Seilen die sich um ihren Körper legte zunahm. Sie hoffte, dass der Magier sie hier nicht entführte, um später Experimente zu machen. Aber selbst wenn das passierte, war noch immer auch ein Teil ihre Schuld. Sie hatte mit ihm gesprochen und ihn als Verbindung zu den Wölfen gesehen. Die Jäger durften diese wundervollen friedlichen Tiere einfach nicht bekommen. Jeder Wolf den sie retten konnte, war die Gefahr wert.

~ ~ ~

Ihre Reise endete in einer Hügellandschaft, keine Stunde von der Ebene entfernt. Höhlen durchzogen die einzelnen Aufschüttungen, wo vor einer davon Kara mit wackligen Beinen vom Rücken des verwandelten Magiers glitt. Sie wollte diese Erfahrung nicht so bald wiederholen, dennoch konnte sie sich keine andere Art zu reisen mehr vorstellen.
Um sich herum bemerkte sie erst jetzt die Wölfe, die sich neugierig versammelt hatten. Riesige Wölfe, die sie problemlos überragten. Und mit einem Haps fressen konnten, wenn ihnen danach war. Unter den Tieren konnte sie sogar die Welpen vom Vortag ausmachen. Ihre Mutter trat als erste näher und schnupperte an ihr.
"Nicht jetzt." Der Magier legte Kara die Hand auf die Schulter und streichelte der Wölfin über die Schnauze. "Wir müssen zu Fen. Die Jäger haben uns wohl entdeckt."
Überrascht fiepte die Wölfin, was die anderen sofort aufnahmen und weiter trugen. Dann nickte sie und sah in Richtung der großen Höhle, die in einen Hügel führte.
Rote Augen sahen zurück, als die Wölfe eine Gasse bildeten und ein noch größerer Wolf hinaus ins Freie trat. Hellgraues Fell wirkte im Licht fast weiß, während sich die restlichen Wölfe in erdfarbenen Fellen geradezu respektvoll zu beiden Seiten auf den Boden legten.

"Fenr.", flüsterte der Magier. "Der Anführer."
Fenr blieb kurz vor den beiden stehen. Ein durchdringender, fast musternder Blick lag auf ihr und drängte sie, sich hier und jetzt in den Staub zu werfen. Sie wehrte sich jedoch dagegen und senkte nur den Blick. Damit wandte sich die Aufmerksamkeit des Anführers wieder auf den Magier, was sie unauffällig aufatmen ließ.
Zumindest, bis der Wolf dunkel knurrte.
"Es sind ihre Worte." Der Magier drückte sanft ihre Schulter. "Sie lebte unter den Jägern, und hat so von dem Angriff erfahren." Ein helleres, kürzeres knurren folgte. "Sie ist keine Jägerin. Sie hat ihre Gruppe verlassen. Eine Ausgestoßene." Wieder spürte sie den Blick auf sich, obwohl sie nicht aufsah. "Ich bringe sie zur nächsten Stadt. Aber das Rudel muss weiterziehen. Menschen jagen nun mal, was sie fürchten."
Eine Weile herrschte Stille, dann erklang ein kurzes Brummen. Gefolgt von einem langen, lauten Heulen, welches zwischen den Hügeln hallte.
Endlich fasste Kara wieder dem Mut aufzusehen, der Anführer hatte sich jedoch bereits weggedreht und ging zurück in die Höhle.
"Du... sprichst mit ihnen...", brachte sie nur leise hervor und beobachtete den Magier von der Seite. Der Mann wurde mit jeder Sekunde faszinierender.

"Sie brechen auf." Der Magier trat einen Schritt zur Seite, ohne auf ihre Bemerkung einzugehen. "Und Fenr bietet an, dass du uns begleiten kannst, solange du willst. Das ist seine Art, Dankbarkeit zu zeigen."
"Mir genügt es in die nächste Stadt zu kommen.", winkte sie ab. "Auch, wenn ich gerne mehr über sie lernen würde."
"Ich halte dich nicht auf." Der Magier drehte sich wieder zu ihr. Mit einer Hand schob er sich die Kapuze vom Kopf. Schulterlanges, schwarzes Haar kam zum Vorschein. Dazu grüne Augen in einem perfekten Gesicht. "Mich darfst du Eironn nennen. Ich bin auch ein Ehrenmitglied des Rudels."

MidiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt