Anschuldigung

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Diana rüttelte mich wach.
„Steh auf, sonst kommen wir zu spät. Wir haben unseren Wecker überhört".

Ich riss die Augen auf und sprang förmlich aus dem Bett. „Wie spät ist es?" fragte ich panisch, während ich ins Badezimmer sprintete.
„Viertel nach 8...um halb 9 treffen wir uns" antwortete sie.

Ich hatte so gut und tief geschlafen. Ich träumte selbstverständlich von Adam. Wie hätte ich auch etwas anderes träumen können?

Wir kamen tatsächlich nur 5 Minuten zu spät.
Zum Glück mussten wir uns nicht schminken, da wir eh wieder Ewigkeiten im Zug verbringen würden.

Der Zug fuhr ein und Diana und ich setzten uns wieder nebeneinander.

„Wieso schaut Henry immer so böse zu uns rüber?" flüsterte sie in mein Ohr.
Aus dem Augenwinkel konnte ich ihn entdecken.
„keine Ahnung..." Ich versuchte das Thema abzuschließen und keinen Wirbel drum zu machen.

Ich sah wieder zurück auf mein Handy, auf dem ich gerade Candy Crush spielte, ehe mich jemand an der Schulter antippte.
Henry stand neben mir.

Genervt sah ich ihn an.
„Was willst du?" fragte ich und legte mein Handy bei Seite.
„Können wir reden?"
„Ich will nicht mit dir reden" schnaubte ich.

Diana sah schon neugierig rüber.
„Bitte.." hakte er nach.
Ich schüttelte den Kopf „ich will jetzt nicht reden und Vorallem nicht hier!"
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und wandte mich von ihm ab.

„Ist das dein Ernst? Du verpasst mir eine und ich soll das hinnehmen? Ich komme schon extra auf dich zu" sein Ton wurde lauter.
„Bitte was? Bist du echt der Meinung, dass ich dir unrecht getan habe? Du weißt schon, dass das was du getan hast, ebenso nicht in Ordnung war!" jetzt wurde ich auch lauter.

„Gibt es hier ein Problem Herr Wilson?" fragte Adam als er sich direkt neben ihn stellte.
*wie ist er immer zur richtigen Zeit da?*

„Offensichtlich stören Sie Frau Harrington".
Ich war ihm sehr dankbar, dass er dazwischen kam. Ich hatte absolut keine Lust zu diskutieren.
„Ja es gibt ein Problem" antwortete Henry.
*was sollte er für ein Problem haben?*

„Das wäre?" fragte Adam genervt.
„Sie hat mir ins Gesicht geschlagen. Sie kann damit nicht davon kommen. Ich wollte das in Ruhe mit ihr klären ohne mich zu streiten aber Madame stellt sich stur."

Ich zog perplex die Brauen hoch.
Adam verdrehte die Augen.
Jetzt war es in unserem Abteil leise geworden. Alle wollten wissen was hier los war.

„Du hast ihn geschlagen?" fragte Diana plötzlich.
„Ich habe mich nur gewehrt!" stellte ich klar.

„Ich habe dir nichts getan! Du hast zu tief ins Glas geschaut und wurdest aggressiv!" versuchte Henry die Schuld auf mich zu lenken.
*das ist nicht sein beschissener Ernst!*

„Du hast mich abgefüllt!" schrie ich fast schon.

„Okay wir beruhigen uns jetzt mal" sagte Adam ernst. „Das solltet ihr wann anders regeln aber nicht hier und jetzt."

„Ich lasse mich doch nicht einfach beschuldigen. Er hat mich angefasst und ich habe mich gewehrt. Ende der Geschichte!".

Ich sprang von meinem Platz auf und lief mit schweren Schritten zum WC.
Alle Augen waren auf mich gerichtet.
Ich hörte sie noch immer tuscheln.

Ich schloss die Tür und setzte mich auf den Toilettendeckel.
„So ein Wichser!" schrie ich und es hallte im Raum.

Ein Klopfen zog meine Aufmerksamkeit auf sich.
„Ist alles okay?" hörte ich Adams Stimme.
Sein warmer Ton beruhigte mich etwas.
Ich öffnete die Tür und sah ihm in die Augen.

„Er verdreht die Wahrheit. Alle werden jetzt schlecht von mir denken. Nur wegen diesem Arsch. Ich werde mich ganz bestimmt nicht entschuldigen!" brodelte es aus mir heraus. Mein Puls stieg vor Aufregung.
„Wer weiß was passiert wäre, wenn ich noch mehr getrunken hätte oder mich nicht hätte wehren können."

Adam legte sanft seine Hände auf meinen Schultern ab. „Ich verstehe deine Wut aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt. Alle hören zu und das macht es nicht gerade einfacher für dich. Es steht gerade dein Wort gegen seins.
Wenn wir zuhause sind, sollten wir das Gespräch erneut suchen und schauen dann weiter. Er will dich jetzt nur provozieren."

Ich nickte einverstanden „Du hast recht."

Er streichelte sanft über meine Wange und sah mir direkt in die Augen „Kopf hoch, lass dich nicht unterkriegen."

Seine sanfte Berührung lies mich für ein paar Sekunden  mein Problem vergessen.

Wir gingen wieder zurück zu unseren Plätzen. Henry hatte sich auch wieder auf seinen Platze gesetzt und starrte nur auf sein Handy.

„Möchtest du darüber reden?" fragte Diana.
„Henry...er hat mich abgefüllt. Mir ging es irgendwann nicht mehr gut und er hatte mich mit nach draußen begleitet."
Sie nickte „und weiter?"

„Er sagte, dass niemand wissen müsste dass wir dort waren und kam mir immer näher. Er zog mich zu sich und ich wollte das nicht. Ich hatte es ihm gesagt aber er ignorierte es."

Diana sah mich mit großen Augen an.
„Dann hast du ihm eine verpasst?"
„Ja" hab ich leise zu.

„Wow...Du hast dich nur verteidigt. Jetzt versucht er also als das Opfer dazustehen."
„Ganz genau. Ich wollte es einfach gut sein lassen. Wegen ihm werden es bald alle wissen."

Mein Handy vibrierte in meiner Hand.
Ich sah drauf. Eine neue Nachricht. Sie war von Henry.
>So leicht kommst du nicht davon Harrington<

*der hat nerven mir auch noch zu schreiben Droht er mir etwa?*

Ich ging nicht darauf ein und löschte die Nachricht. Wie Adam sagte, sollte ich mich nicht provozieren lassen.

Ich setzte mir meine Kopfhörer ein und startete meine Musik.
Wir würden noch eine Weile unterwegs sein und in der Zeit wollte ich mit niemanden reden.

Von meinem Platz aus konnte ich Adam sehen. Er saß 5 Reihen vor mir auf der anderen Seite.
Mit diesem Anblick, wie gelassen er es sich bequem machte, konnte ich meine Gedanken abschalten.
Er saß neben Frau Davis und lachte. Sie schienen sich gut zu verstehen. Ich würde mal behaupten, dass Frau Davis ca 8 Jahre älter war als er.
*ist sie verheiratet? Hat sie Kinder? Wenn nicht, dann würde ich verstehen, warum sie sich gut mit Adam versteht*

Der Gedanke daran, wie die beiden da vorne ausgiebig lachten und sich amüsierten, gefiel mir irgendwie nicht. Könnten sie sich für einander interessieren?
Immerhin sind beide erwachsen und stehen mitten im Leben. Es wäre ihr gutes Recht.

*na toll, jetzt kann ich meinen Kopf doch nicht ausschalten*

Ich wandte meinen Blick von ihnen ab und sah aus dem Fenster. Meine Augen fielen nach mehreren Minuten zu und ich driftete in den Schlaf.

My Brothers best Friend Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt