Lügen

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Ein Moment der Stille verging.

„Wo sind wir?" brach ich das Schweigen und sah mich um. Alles war durcheinander. Ich konnte ein paar Kisten erkennen und viel Krimskrams der in den Regalen verstreut war.

„Im Abstellraum des Hausmeisters" antwortete Adam.
Aha. Okay. Wieso befanden wir uns hier drin?

„Und wieso sind wir hier? Du oder sollte ich sagen Sie wollten doch mit mir reden" sprach ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
Adams Augen musterten mich. Seine Mundwinkel zuckten leicht nach oben. Bespaßte ich ihn mit meiner Wortwahl? Es war auch beabsichtigt.

Er ging lässig einen Schritt zurück „was hast du Diana erzählt?"
Offensichtlich bekam er es mit.
„Ich habe nichts ausgeplaudert, wenn du das wissen willst" stellte ich klar. „Naja irgendwas hast du ihr ja gesteckt, wieso wäre sonst mein Name gefallen und kurz darauf quiekt sie wie ein Meerschweinchen"
Er legte neugierig den Kopf schief und wartete gespannt auf meine Antwort.
Ich spielte nervös mit meinen Fingern und hakte sie ineinander.
„Also...wir haben nur über meinen Geburtstag geredet und dann fiel das Thema auf Marco und seinen Freund. Ihr ist dann eingefallen, dass du ja sein Freund von der Party warst. Diana hat nur eins und eins zusammen gezählt."

Er zog eine Augenbraue hoch „weiter?"
Langsam machte er wieder ein paar Schritte auf mich zu.
„Dann sprachen wir über Henry und dass du dich für seine Suspendierung eingesetzt hast."
Jetzt stand er vor mir „noch weiter..."
Mit jeden Schritt machte er mich nervöser.
„Ja dann habe ich ihr erzählt, dass du dich am Bahnhof fast wegen mir geprügelt hättest" murmelte ich.
Ich wusste, dass ich das nicht hätte sagen dürfen. Ich war einen Schritt zu weit gegangen und lies mich in dem Gespräch zuletzt doch treiben.
Diese Gespräche unter Mädels habe ich irgendwie vermisst.

Adam stützte seinen linken Arm neben meinem Kopf an der Tür ab. Er war mir so nah, dass ich ein paar wenige Sommersprossen auf seiner Nase ausmachen konnte.
Mein Herz begann wie wild zu hämmern.

„Was hättest du ihr noch erzählt, wenn ich nicht erschien wäre? Hättest du ihr von der Sache im Hotelzimmer erzählt oder von unserem ersten Kuss im Auto?" Seine Augen funkelten. Ich dachte an all die Momente zurück und einerseits packte mich die Scham und auf der anderen Seite wollte ich es wieder fühlen.
Ich schüttelte den Kopf „nein auf keinen Fall."

„Das hoffe ich auch für dich. Lass dich nicht dazu verleiten. Sie weiß jetzt Bescheid und wird öfter danach fragen...immerhin steht mein Job auf dem Spiel und mein Chef könnte mich mit Leichtigkeit heraus schmeißen."
Er sah mich ernst an.
Ich wusste dass ich vorsichtig sein muss und jetzt sogar noch vorsichtiger.
Ich nickte zustimmend „ich weiß, tut mir leid."

Adam legte seine Hand unter mein Kinn „ist okay aber pass einfach etwas besser auf."
Er beugte sich vor, doch bevor unsere Lippen sich berührten summte sein Handy.
Adam seufzte und holte es aus seiner Hosentasche.

Es war die selbe Person, die ihn das letzte Mal schon so mit Nachrichten überhäufte.

Sofort löschte er die Nachricht und verstaute sein Handy wieder.

„Ist alles okay? Nichts wichtiges?" hakte ich nach.
Langsam ging mir die Person wirklich auf die Nerven. Ihm scheinbar auch.

Adam kratzte sich im Nacken „nein ist nichts wichtiges. Mach dir keinen Kopf."
Leichter gesagt als getan.
„Sicher? Du hast letztens schon so gestresst gewirkt"

„Nein Goldlöckchen...du musst dir darüber keine Gedanken machen. Es ist nur ein alter Bekannter vom Sport. Er möchte wieder mit mir trainieren aber ich trainiere nicht mehr in dem Studio und generell trainiere ich seltener und wenn, dann alleine" antwortete er locker und strich mir eine Strähne hinters Ohr.

Lüge.
Warum log er mich an?
Hielt er mich wirklich für so dämlich?

Ich entschied mich dafür ihm noch einmal die Chance zu geben, das ganze aufzudecken „ein Bekannter also? Er scheint sehr hartnäckig zu sein."

„Ja von früher. Wir müssen das jetzt nicht vertiefen. Ist nichts wichtiges wie gesagt."
Wieder näherte er sich mir und presste leicht seinen Oberkörper gegen meinen.

Er log mir weiterhin dreist ins Gesicht.
Egal wie anziehend ich Adam in diesem Moment auch fand und wie gerne ich mich ihm hingegeben hätte aber ich konnte nicht.
Die Tatsache, dass er mich bewusst anlog lies mein pochendes Herz nicht mehr vor Freude springen, sondern vor Trauer schmerzen.

Diese ganze Situation war so absurd. Ich hätte auf meinen Bruder hören sollen. Adam schien sich neben mir noch mit einem weiteren Mädchen zu treffen. Es war offensichtlich für mich. Ich musste hier raus.

„Ich ehm ..." brachte ich kaum heraus. „Ich muss zu meiner nächsten Stunde."
Ich griff hinter mir die Türklinke herunter und stolperte rückwärts hinaus auf den Flur. Adam blieb ruckartig stehen um nicht nach vorne weg zu kippen. Er sah mich perplex an.
„Ari!" rief er noch als ich mich umdrehte und mit schnellen Schritten den Flur hinunter lief.

Ich konnte ihn nicht mehr in die Augen sehen. Augen die mich sonst anstrahlten, wirkten kühl und trist wenn er mich belog.

Was hatte er von dem ganzen?
Die Sache mit mir musste er geheim halten, während er mit „Darcy" in aller Öffentlichkeit ausgehen konnte. Wieso sollte er sich die Mühe mit mir also machen? Wieso die Freundschaft mit Marco aufs Spiel setzen?
Aus Spaß?
Gefiel es ihm mit den Gefühlen anderer zu spielen?

Schnurstracks machte ich mich auf den Weg zu meiner nächsten Stunde.
Mathe. Ich war extrem zu spät und müsste mir eine Ausrede einfallen lassen.
Natürlich könnte ich die Stunde sausen lassen und einfach zur nächsten gehen aber so war ich nicht. Wenn es nicht ein Notfall wäre, würde ich nicht Schwänzen.

Ich stand vor der Tür und fang kurz mit mir, nicht doch einfach um zu kehren.
Nein, da musste ich durch.
Gerade als ich klopfen wollte, vibrierte mein Handy in meiner Jackentasche.
Ich zog es heraus.
> Ist alles okay bei dir? Warum bist du vor mir gelüftet? <
> Ariana? Hab ich etwas falsches gemacht oder gesagt? <

Und ob du das hast.

Ich ignorierte ihn und steckte mein Handy wieder ein.
Mein Klopfen an der Tür hallte durch den Flur. Die Klasse verstummte und ein „herein" ertönte.

Ich öffnete die quietschende Tür und trat ein. Alle Blicke waren auf mich geheftet.
„Frau Harrington, sie beehren uns mit ihrer Anwesenheit" sagte mein Lehrer passiv aggressiv.

Ich schluckte schwer „Entschuldigung, es ging mir nach der Pause nicht gut und ich bin noch zur Toilette."
Das war tatsächlich das beste was mir einfiel. Alle würden denken ich hätte Durchfall gehabt und wäre nicht vom Klo runter gekommen. Ich hoffte nur, dass meine Ausrede keinen weiteren Spielraum für Fragen hatte, die ich nicht beantworten könnte.

„Möchten Sie zum Arzt oder geht es?" fragte er mich gespielt freundlich.
Ich schüttelte den Kopf „geht wieder."
„Dann setzen Sie sich bitte und holen holen ihre Sachen raus."
Er deutete mir mit einem Handsignal, dass ich mich setzen sollte.

Schweigend lief ich durch die ersten beiden Reihen und lies mich auf meinem Platz nieder.

My Brothers best Friend Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt