Geheimnisse

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„Lasst uns anstoßen" sagte Helen und hob den Wein in die Luft. „Auf unsere Ariana"

Sie schenkte jedem etwas ein, stand dann auf und hob ihr Glas hoch.
Helen blickte mich lächelnd an und in ihre Augen funkelten.

„Ariana, Ich möchte auf dich anstoßen.
Dafür, dass du so eine wunderschöne erwachsene Frau geworden bist.
Darauf, dass du bisher alle Hürden in deinem Leben gemeistert hast"
Schweren Herzens blickte sie auf das Bild, welches auf einer Kommode stand.Auf dem Foto war mein Vater abgebildet.
„Darauf, dass noch viele weitere Hürden auf dich zukommen und du diese immer wieder hinter dich lässt, egal wie schwer oder leicht sie sein mag." Kurz pausierte sie.
„Ich stoße ebenso darauf an, dass du bald endlich die Liebe erfährst. Bisher habe ich noch keinen Mann an deiner Seite kennengelernt, bzw gesehen."

Am Anfang der Rede war ich wirklich gerührt. Sie fing stark an und lies dafür  schwach nach.
Ich wusste dass sie das Thema Jungs noch ansprechen würde. Jedes Jahr fragte sie mich, ob ich einen Freund hätte und immer wenn ich mit nein antwortete erntete ich einen traurigen Blick.
„Schatz, du musst das Leben genießen. Guck dir die ganzen Schnuckelchen doch mal an. Hab ein wenig Spaß bevor alles viel zu ernst wird" waren immer ihre Worte.
Wenn sie nur wüsste, dass einer der Schnuckelchen mit bei uns am Tisch sitzt.

In meiner Vorstellung würde sie einen Freudenstanz aufführen, wenn sie es erfährt.

Ich bedankte mich bei ihr indem ich sie herzlich in den Arm nahm.

„Ich kann all dem nur zustimmen. Ich bin so stolz auf dich und deinen Abschluss hast du auch bald. Es geht alles so schnell.
Beim Thema Jungs sehe ich das etwas anders. Du musst nichts überstürzen. Der richtige wird früher oder später kommen. Du bist erst 20 und hast noch alle Zeit der Welt" meine Mom warf Tante Helen einen warnenden Blick zu ehe sie sich mir zuwandte und mich in den Arm nahm.

Die beiden waren die einzigen, die etwas gesagt haben. Ich nahm es den anderen wirklich nicht übel und ab jetzt würde es sich eh nur noch wiederholen.

*****

Der Abend kam rasend schnell. Mittlerweile war es fast 22 Uhr. Liz und Kyle hatten sich mittlerweile verabschiedet, da sie am nächsten Morgen früh raus mussten.

Wir entschieden uns alle noch dafür den Tag mit einem Film abzuschließen.

Marco, Adam und ich holten mehrere Kissen und ein paar Decken. Helen und Mom kümmerten sich um die Snacks.

Ich zündete ein paar Kerzen an um für eine gemütlichere Atmosphäre zu sorgen.
Adams und meine Blicke kreuzten sich ständig, was zum Glück niemand bemerkte. Am liebsten wäre ich jetzt ganz mit ihm allein. Wir beide, eingekuschelt in einer Decke umhüllt von der Wärme des anderen. Allein bei dem Gedanken daran, schlug mein Herz unregelmäßig.

Als alles soweit vorbereitet war, setzte sich Marco demonstrativ in die Mitte der Couch, damit niemand sich dort nebeneinander setzen konnte. Das war ein riesiger Wink mit dem Zaunpfahl.

Ich wollte mich neben ihn setzen als meine Tante mir zuvorkam „deine Mutter und ich können uns nicht auf den Boden setzen, dann kommen wir am Ende nicht mehr hoch. Ich hoffe das ist okay für euch." Helen hielt sich gespielt den Rücken fest und krümmte sich. Ein leichtes Wimmern konnte sie sich ebenfalls nicht sparen.
Wenn ich mich nicht irrte, umspielte ein spitzbübisches Lächeln ihre Lippen.
Die beiden machten es sich links und rechts nehmen Marco gemütlich.
Diesen nervte es sichtlich und offenbar auch, weil sein Plan uns auseinander zu setzen nicht aufging.

Adam schien das ganze nicht so mitzubekommen wie ich, denn er legte sich gelassen auf den Kissenhaufen, den er selbst erbaute.
Bekam Tante Helen irgendwie etwas von unserer krampfhaften Heimlichtuerei mit? Es würde mich nicht wundern, denn wir wirkten total erbärmlich.
Sie hätte Marco ebenso vom Sofa verbannen können aber stattdessen legte sie siegessicher einen Arm um ihren Neffen und ärgerte ihn.

Mit einem kurzen Seitenblick zu mir, signalisierte Adam mir, dass ich dazu kommen sollte. Mit gewissem Abstand zu ihm, machte ich es mir ebenso bequem.
Ich klopfte ein paar Kissen zurecht und streckte die Beine aus. Das alles kam mir wie ein Déjà-Vu vor.

„Noch ein Glas Wein ihr beiden?" fragte Helen und beugte sich zu uns vor. Adam nickte und hielt ihr unsere Gläser entgegen, damit sie diese befüllen konnte. Eigentlich wollte ich nichts mehr trinken, da sich so langsam der Raum zu drehen begann aber meine Tante akzeptierte kein Nein. Das hatte ich schon früh begriffen und deswegen diskutierte ich schon seit Jahren nicht mehr mit ihr.

Ich durfte mir einen Film aussuchen und ich entschied mich für einen Thriller. Generell mag ich düstere Filme sehr gerne. Diese Atmosphäre und der Nervenkitzel sind einfach das beste. Filme bei denen man mit rätselt wer der Mörder ist und was sein Motiv ist. Ich würde es jedem Actionfilm vorziehend.

Die Hälfte des Films redete kaum jemand. Alle starrten gebannt auf den flimmernden Bildschirm. Hier und da hörte man ein rascheln einer Chipstüte und das klirren eines Glases.
Zwischendurch hörte ich wie Helen meiner Mom etwas zuflüsterte und Marco zwischen ihnen seufzte und sich letztendlich beschwerte. Sie sollten sich doch nebeneinander setzen, wenn sie lieber reden wollten und ihn nicht mit ihrem Geschnatter nerven.

Es amüsierte mich, dass die beiden ihn auf die Palme brachten. Er hatte sich heute wirklich daneben benommen und das war wohl sein Karma.

Als ich zu Adam rüber sah, tippte er wild auf seinem Handy rum. Er wirkte gestresst. Als hätte er eine Nachricht erhalten, die ihn sehr aufwühlte. Seine Haut war blasser als sonst und seine Augen verdunkelt.
Adam bemerkte meine Neugierde und legte sein Handy beiseite. Seine Miene wurde weicher. „Du verpasst ja den Film" flüsterte er mir zu. Er wandte seine Augen von mir ab und richtete sie zum Fernseher.

Was hatte ihn so beunruhigt? Erhielt er eine schlechte Nachricht?

Da ich ihn jetzt eh nicht fragen konnte, versuchte ich mich wieder auf den Film zu konzentrieren.
Es gelang mir nur leider nicht, da Adams Handy wieder und wieder summte. Ich riskierte einen schnellen Blick. Es schien wichtig zu sein.

Darcy.
> wann sehen wir uns wieder? <

Dieser Name leuchtete ständig auf.
Wer war sie und was war so wichtig?
Ein Treffen?
Ein mulmiges Gefühl breitete sich in mir aus.

Adam bemerkte es nun auch. Schnell wandte  ich mich vom Handy ab. Er krallte es sich , löschte hektisch die Nachrichten vom Sperrbildschirm und legte es umgedreht zurück.
Er wirkte nervös und zugleich genervt.

Unsere Blicke kreuzten sich.
Keiner sagte etwas.
Fürs erste entschied ich mich dafür, so zu tun als hätte ich nichts gesehen.
Immerhin ging es mich nichts an und er würde es mir mit Sicherheit erzählen, wenn er es für richtig hielt.
Natürlich war es leichter gesagt als getan. Adam hatte schon mit der ein oder anderen Frau verkehrt und war sehr beliebt bei ihnen.

Würde er weiterhin den Kontakt zu einer anderen halten während ich an seiner Seite bin?
War es eine verflossene, die auf eine weitere Chance hofft?
War sie meine Vorgängerin, mit der er noch nicht abschließen konnte?

Hatte Marco recht?

So oder so würde ich die heutige Nacht kein Auge zubekommen. Es interessierte mich viel zu sehr wer die Frau am anderen Ende der Leitung war und noch viel mehr, was sagte sie um Adam so aus der Fassung zu bringen?

My Brothers best Friend Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt