Harry fluchte innerlich, als er seinen langjährigen Erzfeind vor sich auf dem Flur erblickte. Er warf Jocelyn einen Seitenblick zu und sah, dass sie bei Malfoys Anblick noch ein wenig blasser geworden war. Sie zitterte am ganzen Körper. Er konnte ihr Zittern nicht nur an ihren bebenden Lippen sehen, sondern sogar spüren, da ihr Arm seinen berührte, so dicht stand sie neben ihm. Ihr Anblick, wie sie da bewegungsunfähig in der Badewanne gekniet hatte, würde ihn wohl noch lange verfolgen. Der Blick in ihr lebloses Gesicht hatte ihn zutiefst bestürzt. Nicht einmal, nachdem er den Ganzkörperklammerfluch von ihr genommen hatte, war auch nur irgendein Zeichen von Regung in ihren blassen Zügen aufgetaucht. Er wollte sich nicht einmal annähernd vorstellen, was sie durchgemacht hatte, was ihr angetan wurde...Er dachte unwillkürlich daran, dass sie beinahe nackt gewesen war, als er sie gefunden hatte, und sein Magen verkrampfte sich. Prüfend musterte er nun Jocelyns Miene. Wusste sie von dem Imperius-Fluch, unter dem Malfoy stand? Die Tatsache, dass sie noch nicht in seine Arme gestürmt war, sprach zumindest schon einmal dafür.
Jocelyn dachte nicht, dass sie noch schlimmeres Leid empfinden konnte, als sie es bereits in den vergangenen Stunden getan hatte, doch ein Blick in Dracos sturmgraue Augen, die sie kalt und ohne ein Fünkchen Zärtlichkeit anblickten, verursachte ihr Schmerzen, die alles andere in Schatten stellten. Selbst der Cruciatus-Fluch hatte nicht vermocht, sie so fühlen zu lassen. „Draco", wisperte sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Hauchen. Sie machte einen Schritt auf ihn zu, fast wie automatisch, und in diesem Augenblick passierten mehrere Dinge gleichzeitig. Harry packte ihren Arm, Draco hob seinen Zauberstab und richtete ihn nun direkt auf sie und hinter Draco tauchten zwei Gestalten im Flur auf, die gleichzeitig: „Stupor!", riefen. Licht blitzte auf und dann lag Draco am Boden. Jocelyn keuchte auf. Sie merkte kaum, dass sie sich von Harry losriss, da kniete sie auch schon neben Draco auf dem Boden. Sie drehte ihn fahrig auf den Rücken und blickte in sein Gesicht mit den geschlossenen Lidern.
„Schnell, er wird nicht lange bewusstlos sein", rief jemand und irgendwo hinter ihr erklang ein lautes „Plopp", doch sie beachtete die Hintergrundgeräusche gar nicht. Obwohl sie sich innerlich furchtbar leer und ausgehöhlt fühlte, kaum mehr im Stande, irgendetwas zu fühlen, liefen ihr nun Tränen über die geschundenen Wangen. „Draco", wisperte sie. Sie beugte sich zu ihm hinunter, presste ihr Gesicht in seine Halsbeuge, atmete seinen vertrauten Geruch ein, fühlte die Wärme seiner Haut, doch schon einen Augenblick später wurde sie von ihm weggerissen.
„Komm schon!", sagte Harry eindringlich, der sie an der Hand gepackt hatte. „Wir müssen hier weg." Jocelyn blinzelte die Tränen fort, um wieder klar sehen zu können, und erschrak kurz, als sie im Dunkeln des Flurs zwei tischtennisballgroße Augen leuchten sah. Es dauerte, bis sie erkannte, dass vor ihr ein Hauself stand, der nun die Hand nach Harry ausstreckte. „Master Harry", piepste er mit seiner hohen Elfenstimme. „Dobby muss Sie nun hier rausbringen, Harry Potter." Benommen erblickte Jocelyn nun auch Ron und Hermine. Bevor Jocelyn Gelegenheit hatte zu reagieren, packte Harry die Hand des Hauselfens, die er ihm hinstreckte. Hermine und Ron traten vor, um es ihm gleichzutun und Jocelyn, deren Hand immer noch in Harrys lag, wurde in eine beklemmende Enge gezogen. Um sie herum wurde es schwarz. Als sich die Dunkelheit lichtete und der Druck auf ihrer Brust nachließ, stand Jocelyn auf einem Hügel mitten im Wald. Um sie herum waren nichts als hohe Tannen, die sich unter dem heftigen Wind bogen. Ihre Haare wurden ihr ins Gesicht gepeitscht und einen Moment stand sie wie erstarrt, während sie immer noch Harrys Hand umklammert hielt. Dann brach sie zusammen. Ihre Beine kippten einfach unter ihr weg und Harry stolperte überrascht. „Jocelyn", hörte sie ihn sagen, doch seine Stimme klang weit weg. Sie musste an Draco denken. Draco, den sie zurückgelassen hatte, Draco, der sie nun nicht mehr liebte. Der ihre Liebe vergessen hatte. Als die Bewusstlosigkeit über sie kam, empfing Jocelyn sie wie einen alten Freund.
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„...sie dalassen sollen? Hätte ich zulassen sollen, dass Voldemort sie weiter foltert?"
„Ich sage doch nur, dass du nicht für sie verantwortlich bist. Hast du vergessen, wie sie dich genannt hat, wie sie Hermine genannt hat? Bei ihrer hübschen Ansprache auf der Treppe damals?"
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Burning Darkness
Fanfiction„Vertraust du mir?" Jocelyn drehte den Kopf, um Draco anzuschauen und ein aufgeregtes Zittern überkam sie, als sie erfolglos versuchte, den unbekannten Ausdruck auf seinem Gesicht zu entziffern. „Ja", flüsterte sie schließlich. Er verzog den Mund...