Ein Sturm zieht auf

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Es war ungefähr zur Mitte der Zauberkunst-Stunde, als Draco auffiel, dass Potter immer wieder Blicke in Jocelyns Richtung warf. Der weißblonde Slytherin blickte zur Seite, doch Jocelyn schien es nicht zu merken. Sie blickte konzentriert zu Flitwick, der gerade eine komplizierte Drehung mit seinem Zauberstab vormachte. Der kleine Professor musste wie immer auf einem Bücherstapel stehen, damit er überhaupt über seinen Pult schauen konnte. 
Draco spürte, wie der Groll in ihm hochstieg. Merkte Potter denn gar nicht, dass er sich wie ein liebeskranker Trottel benahm? 
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und legte wie beiläufig seinen Arm auf Jocelyns Stuhllehne ab. Sie blickte ihn kurz an, ihre blassblauen, klaren Augen glitten über sein Gesicht, bevor sie sich mit einem kleinen Lächeln wieder zu Flitwick umwandte. Draco ließ sein Blick weiter auf ihr ruhen. So sehr er Potter hasste, kam er nicht umhin festzustellen, wie schwer es war, Jocelyn nicht anzusehen. Manchmal vergaß er, wie schön sie war. Genugtuung stieg in ihm hoch, als er auf ihre rechte Hand schaute, mit der sie konzentriert die Feder gezückt hielt. Der Anblick des goldenen Rings an ihrem Finger ließ pure Euphorie in ihm hochsteigen. Er hoffte, dass sie alle noch lange genug leben würden, damit Potter in der Zeitung von ihrer Hochzeit lesen konnte. 
Das Gefühl, das ihn durchströmt hatte, als sie Jagesagt hatte, war unbeschreiblich gewesen. Einen Augenblick lang hatte er sich erlaubt, von einer Zukunft ohne die stetige Gefahr durch den Dunklen Lord und seine Anhänger zu träumen. Er hatte sie zusammen an dem prächtigen Tisch in dem Salon von Malfoy Manor sitzen sehen, er hatte sich vorgestellt, wie es wäre, wenn sie ihn begleiten würde zu öffentlichen Auftritten- ihre zierliche Hand in seiner Armbeuge und jeder würde wissen, dass sie zu ihm gehörte. Er hatte sich sogar ausgemalt, wie sie mit seiner Mutter über Tischdekoration diskutieren würde, wenn große Essen in ihrem Haus anstanden. War das nicht lächerlich?
Manchmal wünschte er sich verzweifelt sein altes Leben zurück; sein privilegiertes, behütetes Leben. Er hatte nichts weiter machen müssen, als die Rolle des perfekten Sohns auszufüllen. Ihr Status hatte dafür gesorgt, dass es ihm an nichts gemangelt hatte. Er hatte sich nicht darum sorgen müssen, wie seine Zukunft aussah, denn sie war bereits genauestens durchgeplant gewesen von seinen Eltern.
Draco schüttelte die Gedanken ab. Das führte zu nichts. 
Nur Schwächlinge flüchten sich in Träume und Fantasie. 
Das hatte sein Vater immer gesagt. Er hatte nichts für Literatur oder Poesie übrig gehabt. Es hatte ihm nicht gefallen, wenn er Draco in einen Roman vertieft vorgefunden hatte. 
Draco versuchte, sich auf Flitwick zu konzentrieren, aber er hätte genauso gut koboldisch reden können. Erneut blickte er zu Jocelyn und musste sich auf die Innenseite seiner Wange beißen, um nicht loszulachen, als ihm wieder in den Sinn kam, wie sie Pansy vorhin mit zornesfunkelnden Augen und geröteten Wangen einen Fluch entgegen geschleudert hatte. Es war geradezu absurd, wie eifersüchtig sie auf Pansy war. Es bewies, dass sie keinerlei Ahnung hatte. Wie konnte sie auch nur auf die Idee kommen, seine Gefühle anzuzweifeln, nachdem er sich bereits so zum Idioten für sie gemacht hatte?
„Hör auf, mich anzustarren.“, wisperte Jocelyn, den Blick immer noch auf Flitwick gerichtet. Ihre Mundwinkel zuckten.
„Ich habe nur gerade gedacht, wie verdammt gut du aussiehst in diesem Rock.“, flüsterte Draco zurück, die Lippen dicht an ihrem Ohr. Ein Schauer überlief sie, als sein Atem ihre Haut traf. Draco grinste zufrieden.
Einer der besten Dinge daran, dass es draußen wieder wärmer wurde, war tatsächlich die Tatsache, dass Jocelyn wieder die Röcke ausgepackt hatte, die zu ihrer Sommer-Schuluniform gehörten. Diese, in Verbindung mit den Strümpfen…Verdammt. Draco musste das Gewicht auf dem Stuhl verlagern.
Er sah, wie die Röte in Jocelyns Wangen kroch. Sie blickte ihn nun auch an und befeuchtete ihre Lippen, während ihre Augen sich an seinem Mund festsaugten. 
„Bei Merlin.“, murmelte Draco. Er schluckte und musste wegsehen, da er sonst für nichts hätte garantieren können.
Ihre zierliche Hand legte sich auf sein Knie und wieder betrachtete er den Ring daran. Der Anblick ließ sein Inneres glühen. 
„Was denn?“, hauchte sie.
Draco blickte hoch und dachte, dass sie doch unmöglich so unwissend darüber sein konnte, was sie mit ihm anstellte. Doch als er in ihre klaren, hellen Augen sah, erkannte er, dass sie das sehr wohl wusste. Sie glitzerten und um ihre hellroten, weichen Lippen spielte ein verwegenes Grinsen.
Seine Augen weiteten sich, als sie ihre Hand sein Bein hoch wandern ließ. Abrupt packte er sie und sie biss sich auf die Unterlippe, um nicht zu lachen.

Burning DarknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt