Die Schlacht beginnt

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Snape lief mit wehendem, schwarzem Umhang die Treppen zu Malfoy Manor hinauf. Er bewegte kaum merklich den Zauberstab in seiner Hand und die Tür schwang auf. Er stürmte hindurch und verlangsamte seine Schritte auch dann nicht, als er eine leblose Gestalt rechts neben der Tür im Halbdunkeln auf dem Boden erblickte. Er lief einfach weiter und seine Schritte waren das einzige Geräusch in der ohrenbetäubenden Stille. Schließlich betrat er den Salon, wo seine Schritte langsamer wurden, bis er stehen blieb.
„Severus", Voldemort tauchte wie ein Geist aus einer dunklen Ecke des Raumes auf. Seine schlangenartigen Augen glühten unheimlich.
Snape blickte ihm unverwandt entgegen. Obwohl er den Blick nicht zu Boden wandte, konnte er trotzdem aus den Augenwinkeln erkennen, dass dort noch mehr leblose Körper lagen.
Dann geschah etwas, das Snape doch noch eine Regung entlockte. Voldemort begann ihn langsam zu umkreisen und gab damit gleichzeitig den Blick auf etwas frei, das zuvor in seinem Schatten gelegen hatte. Snapes schwarze Augen weiteten sich sekundenlang vor Überraschung, bevor er seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle hatte.
„Was hat das zu bedeuten, Herr?"
Voldemort verharrte hinter ihm. Snape rührte sich nicht. Schließlich zischte Voldemort: „Eine Vorsichtsmaßnahme."
Snape blickte reglos in Lorcan Fortescues stechend hellblaue Augen. Der Junge stand aufrecht in einem mannshohen, gläsernen Käfig, der etwa einen Meter über dem Boden schwebte. Die ganze Szenerie wirkte grotesk in der geisterhaften Stille des völlig verwüsteten Salons.
„Ich habe einen Auftrag, Severus", hörte er da Voldemorts zischende Stimme. Ruckartig wandte Snape dem Jungen in dem gläsernen Käfig den Rücken zu.

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Jocelyn ließ die Kette mit dem kleinen silbernen Stundenglas durch ihre Finger gleiten, die sie aus ihrem Verließ bei Gringotts geholt hatte. Das tat sie nun schon seit Stunden. Mit gerunzelter Stirn stand sie am Fenster ihrer vorübergehenden Bleibe in Dublin und starrte hinunter auf die Straße.
Jocelyn spürte, dass Draco hinter sie trat, aber wandte sich nicht um.
„Wieso denkst du, dass sie ihn mir vererbt hat?", fragte Jocelyn, während ihre Finger weiter mit der Kette spielten.
Draco schwieg. Er stützte sich mit den Händen rechts und links von ihrer Hüfte auf dem Fensterbrett ab und sie lehnte sich mit dem Rücken gegen seine Brust.
„Wie soll es nur weitergehen?", brach Jocelyn nach einigen Minuten der Stille erneut das Schweigen. Sie hörte selbst, wie verzweifelt und hoffnungslos ihre Stimme klang. Wieder erwiderte Draco nichts. Er atmete nur hörbar aus.
Natürlich, er hatte ebenso wenig eine Antwort auf diese Frage, wie sie selbst.
Der silbergrau schimmernde Schwan tauchte so urplötzlich mitten im Raum auf, dass Jocelyn aufschrie. Draco stolperte vor Schreck zurück und packte sie dann reflexartig am Handgelenk, um sie hinter sich zu ziehen. 
Jocelyn hatte den Anblick des schwebenden Patronus noch nicht richtig verarbeitet, als dieser auch schon zu sprechen begann.
„Draco, mein Liebling", drang Narcissa Malfoys Stimme dröhnend durch den Raum und ließ Jocelyn heftig zusammenzucken. „Eine furchtbare Schlacht steht bevor. Der dunkle Lord macht sich bereit für einen Angriff auf Hogwarts. Was auch immer du machst, gehe auf keinen Fall in die Nähe des Schlosses. Bringe dich in Sicherheit. Falls wir uns nicht wiedersehen, möchte ich, dass du weißt: Ich liebe dich, mein Sohn."
Einen Moment verharrte der silbrige Schwan noch schweigend mitten in der Luft, bevor er vor ihren Augen verschwand und nichts als eine ohrenbetäubende Stille zurückließ.
Jocelyn dröhnten die Ohren. Sie schnappte nach Luft.
Draco war leichenblass. Der Blick seiner grauen Augen ging ins Leere und er sah kurzzeitig so verloren und gebrochen aus, dass sich in Jocelyns Hals ein Kloß bildete. Sie versuchte zu verarbeiten, was sie gerade gehört hatten. Voldemort wollte Hogwarts angreifen. Es konnte nur eines bedeuten. Er wusste, dass Harry dabei war, seine Horkruxe zu zerstören. Natürlich, er musste von dem Einbruch in Gringotts erfahren haben. Lorcan. Übelkeit stieg in Jocelyn auf. Sie war sich sicher, dass Voldemort ihren Bruder von nun an nicht mehr aus den Augen lassen würde. Ihre Gedanken rasten weiter. Harry. Er würde ihren Bruder töten müssen, wenn er seine Mission beenden wollte. Nun war also der Zeitpunkt gekommen, den sie gefürchtet hatte, seit sie erfahren hatte, was Lorcan angetan wurde. Jocelyn griff Halt suchend nach Dracos Arm.
„Wir müssen dahin", sagte sie beinahe tonlos.
„Ja", antwortete er fast genauso tonlos.

Burning DarknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt