Das einengende Gefühl, das mit dem Apparieren einherging, nahm ab und noch bevor Lorcan die Augen öffnete, spürte er die Panik, die Angst, die in der Luft lag. Er war es inzwischen gewohnt, diese Art von Emotionen hervorzurufen. Er öffnete die Augen, erfasste die Situation auf einen Blick. Es wirkte grotesk. Das festlich geschmückte Zelt mit dem lila Teppich, den zierlichen goldenen Stühlen und den vielen weißen und goldenen Blumen, die sich die Stützstangen emporrankten- all die Schönheit. Goldene, schwebende Laternen warfen warme Schatten auf vor Angst verzerrte Gesichter. Die Hochzeitsgäste rannten wie gejagtes Wild umher und Lorcans Blick fiel auf ein kleines Mädchen, vielleicht zehn Jahre alt, das sich mit weit aufgerissenen Augen unter einem der Stehtische zu verstecken versuchte. Als sie merkte, dass Lorcan ihr sein maskiertes Gesicht zugewandt hatte, presste sie sich angsterfüllt eine Hand auf den Mund, versuchte, keinen Ton von sich zu geben, als könnte sie damit bewirken, dass er seine Aufmerksamkeit von ihr abwandte. Lorcan atmete flach durch die Maske. Sein Atem beschlug feucht die Innenseite der Maskierung und mit Abscheu drang der metallische Geruch, der an der Maske haftete, an seine Nase. Er senkte den Blick, nahm wie durch dichten Nebel seine komplett schwarze Kleidung, seine schwarzen Handschuhe, sowie den Zauberstab in seiner rechten Hand wahr. Dann besann er sich und marschierte mit erhobenem Zauberstab durch die Menge.
„Sehr geehrte Damen und Herren!“, rief er mit lauter Stimme und ein paar der panischen Hochzeitsgäste drehten ruckartig den Kopf in seine Richtung. „Wenn Sie kooperieren, passiert Ihnen nichts!“
Er richtete seinen Zauberstab wahllos auf Hochzeitsgäste und trieb sie voran wie Schafe, bis er sie zusammengepfercht in eine Zeltecke geschafft hatte. Die anderen Todesser taten es ihm gleich, bis nach und nach Stille einkehrte. Stille, die nur unterbrochen wurde von unterdrücktem Schluchzen und ängstlichem Wehklagen. Sie hatten die Gäste nun unter ihre Kontrolle gebracht, zumindest diejenigen, denen es nicht mehr gelungen war, zu apparieren.
„Sehr schön. Kommen wir direkt zum Grund unseres Überraschungsbesuches!“, tönte Yaxley, der mit erhobenem Zauberstab durch das Zelt schritt. „Wo ist Harry Potter?“
Was folgte, war ein Schweigen, das einem die Ohren klingeln ließ. Gerade, als Lorcan glaubte, dass niemand mehr antworten würde, vernahm er von weiter hinten im Zelt eine scharfe, glockenklare Stimme: „Tja, er ist nicht hier, Idiot!“
Sein Kopf flog herum und seine Augen brauchten ein paar Sekunden, um die Besitzerin der Stimme inmitten all der Hochzeitsgäste zu finden. Als er sie erblickt hatte, fühlte er sich eine Sekunde lang merkwürdig benommen. Ginnys Anblick war gleichzeitig berauschend, wie angsteinflößend. Sie trug ein goldenes Kleid mit dünnen Trägern, das ihre zierliche Figur wie ein Wasserfall umschmeichelte. Sie hatte irgendetwas mit ihren Haaren gemacht, da sie ihr in sanften Wellen um ihr finsteres, entschlossenes Gesicht fielen.
Lorcan machte ruckartig einen Schritt in ihre Richtung, als Yaxley sich durch die Gäste drängte, um zu Ginny zu gelangen. Verdammter Gryffindor-Mut. Hätte sie nicht einfach den Mund halten können?
Lorcans ruckartige Bewegung bewirkte, dass Ginny ihre glänzenden, braunen Augen auf ihn heftete. Für ein paar Sekunden lang glaubte er, eine Art Erkennen in ihrem Gesicht aufblitzen zu sehen, bevor sie den Blick wieder vor ihm abwandte, um Yaxley entgegen zuschauen, der sich nun bis zu ihr vor gekämpft hatte und sie am Arm schnappte.
„Eine ganz Mutige haben wir hier, was?“, zischte er und riss sie aus der Menge hervor. Die etwas rundliche, rothaarige Frau neben Ginny schrie auf und Lorcan nahm an, dass das ihre Mutter war.
„Bitte, sie hat es nicht so gemeint!“, wimmerte sie.
„Oh, ich denke, dass hat sie durchaus, was, meine Schöne?“, gurrte Yaxley und als er auf Ginny hinunterschaute, die seinen Blick mit stur hervor gerecktem Kinn erwiderte, kribbelte es Lorcan in den Fingern, Yaxley einen Fluch aufzuhalsen. Hatte diese verfluchte Gryffindor denn überhaupt kein Selbsterhaltungstrieb?
Sekunden verstrichen, in denen Yaxley Ginnys Handgelenk umklammert hielt und stumm auf sie herab starrte. Lorcan nahm das Geräusch seines schweren Atems wahr, der gegen die Innenseite der Maske schlug und es kostete ihm alle Willenskraft, ihm keinen Fluch aufzuhalsen. Irgendwann riss Ginny sich los und Lorcan stieß leise die Luft aus, als Yaxley sich endlich von ihr abwandte, um den Rest der Hochzeitsgäste mit Blicken zu maßen.
„Meine Damen und Herren, ich möchte, dass ihr euch alle auf den Boden setzt. In einer Reihe, bitte!“, dröhnte Yaxley.
Chaos entstand, die Leute rempelten sich gegenseitig an und Lorcan nahm wahr, dass einige von ihnen nach ihren Zauberstäben tasteten.
„Entwaffnen!“, rief er.
Die anderen Todesser verstanden und gemeinsam richteten sie die Zauberstäbe auf die Gäste und riefen: „Expelliarmus!“
Zauberstäbe flogen durch die Luft, zwischen den schwebenden, goldenen Laternen hindurch und als nun die letzte Möglichkeit verschwunden war, sich gegen die Eindringlinge zu Wehr zu setzen, wich endgültig der Kampfwille aus den Hochzeitsgästen. Stumm ließen sie sich auf den Boden sinken.
„Wir werden nun mit den Befragungen beginnen.“, verkündete Yaxley mit düsterer Freude.
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Burning Darkness
Fanfic„Vertraust du mir?" Jocelyn drehte den Kopf, um Draco anzuschauen und ein aufgeregtes Zittern überkam sie, als sie erfolglos versuchte, den unbekannten Ausdruck auf seinem Gesicht zu entziffern. „Ja", flüsterte sie schließlich. Er verzog den Mund...