der Plan

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Unbehagen breitet sich in der Gruppe aus.
„Wieso habt ihr mir nichts erzählt?" fragt Kiara fast hilflos in die Runde.

Ich stehe weiter weg von ihnen, unschlüssig, ob ich weglaufen, stehenbleiben oder mich nähern soll. Greift man an? Flüchtet man? Oder stellt man sich tot?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es am besten ist, sich totzustellen. Also bleibe ich stehen und lausche der Auseinandersetzung der Pogues.

Sara hebt defensiv ihre Arme und versteckt sich hinter John B. Pope fehlen die Worte, und sogar JJ, der immer etwas zu sagen hat, bleibt still.
„Ki, hör zu, wir wussten, dass du nicht einverstanden sein würdest, aber wir brauchen ihre Hilfe", erklärt John B und genießt es, dass Sara sich hinter ihm versteckt.

„Und ihr vertraut ihr? Toppers Schwester?" erwidert sie mit einer Geste in meine Richtung. Die ständigen Anfeindungen gegen meinen Bruder habe ich satt, doch ich stelle mich tot.

„Wir müssen", sagt JJ, und seine Worte treffen mich. Sie müssen mir vertrauen? Klingt so, als ob niemand wirklich will, dass ich da bin.

„Und wofür brauchen wir sie?"
Wieder eine Wortwahl, die mich verletzt.
Mögen mich die Leute oder brauchen sie mich nur? Bin ich ihnen wichtig oder nur ein Mittel zum Zweck? Hier in dieser Gruppe scheint die Antwort klar zu sein.

Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, vielleicht Dankbarkeit? Respekt?

„Sie ist die Einzige, die mit Rafe reden kann", sagt Sara plötzlich. Meine Schockstarre ist wie verflogen. Fertig totgestellt, ab in die Konfrontation.

Ich gehe auf die Gruppe zu und ergreife das Wort. „Ich soll mit Rafe reden? Wie kommt ihr darauf, dass ich reden kann? Und ich habe noch zu gar nichts zugestimmt, also kommt mal runter." Ja, meine Wortwahl war vielleicht harsch, aber das ist nicht Figure Eight.

Kiara verdreht die Augen und verlässt mit wütenden Schritten den Steg. Blicke werden ausgetauscht, und mit einem Schulterzucken folgt JJ ihr.
Ob die beiden mehr als befreundet sind?

John B signalisiert mir mit einer Geste, dass ich mich auf die kleine Bank setzen soll. Eine willkommene Einladung.

Sara setzt sich neben mich, und Pope kramt in seiner Tasche nach einem alten, vergilbten Zettel.
„Okay, wie du vielleicht weißt, suchen wir nach Danmark Tannys Tagebuch, einem uralten Buch, das meinem Vorfahren gehörte. Wir nehmen an, dass darin die nötigen Informationen stehen, um an ein altes Relikt zu gelangen."
Pope, der Reifeste von den Fünfen, scheint die Sache ernst zu nehmen. Man merkt, dass es ihm nicht um Geld geht; es geht um seine Familie.

„Dieses Relikt", fährt John B fort, „hat einen hohen emotionalen Wert. Wir wissen, dass Rafe auch daran interessiert ist, es zu finden, da es nicht nur emotionalen Wert hat."

Ich lache leicht auf. „Und ihr seid natürlich nicht hinter dem Vermögen her, das euch winkt, wenn ihr es verkauft?"

„Nein, wir haben lange darüber geredet, aber wir wollen das Relikt zu Danmark Tannys Grab bringen und ihm die letzte Ehre erweisen. Wir wollen ihm das geben, was er für das Wohlergehen seiner Leute und dieser Insel getan hat."

Popes Worte klingen aufrichtig. Er will, dass seine Vorfahren endlich zur Ruhe kommen. Und ich verstehe das; der Wunsch nach Frieden, nach Gerechtigkeit.
Die meisten Menschen glauben, dass das Themen sind, die eine Kook kaum beschäftigen.

Aber das tut es. Der Wunsch nach Akzeptanz und Toleranz ist immer da. Jeden Tag.

„Hör zu, wir wissen, dass die Sache, um die wir dich bitten wollen, riskant ist, aber JJ meinte, dass wir dir vertrauen können, und Rafe vertraut dir... das weiß ich."

Das sind neue Informationen. Sara, die Rafe besser kennt als jeder andere, glaubt, dass er mir vertraut?

Bevor ich antworten kann, erscheinen Kiara und JJ wieder. Was sie wohl beredet haben?
JJ streicht sich durch seine blonden Haare und setzt sein charmantestes Lächeln auf.

„Und? Stiehlt sie nun Rafe das Tagebuch?"

Ein genervtes Stöhnen geht durch die Menge, und John B wirft ihm einen vernichtenden Blick und ein „Du Idiot" zu.

Ungläubig blicke ich zu Sara, die versucht, den Plan zu verkaufen.
„Ich soll also bei Rafe einbrechen und mich nach dem Tagebuch umsehen, von dem ihr euch nicht mal sicher seid, dass er es hat?"

Natürlich wusste ich, dass er es hat, aber das mussten sie nicht wissen.

„Es ist nicht wirklich ein Einbrechen. Ich habe noch die Schlüssel, aber ich kann mich da nicht mehr blicken lassen."
Saras Einwand verstehe ich, wirklich, aber es ist trotzdem ein Eindringen in seine Privatsphäre für ein Relikt, das mir nichts bedeutet.

„Ich muss kurz nachdenken", sage ich und gehe vom Steg ins alte Bootshaus.

Das ist zu viel. Zu viele Erwartungen, zu viele Menschen, die ich enttäuschen kann.
Einfach zu viel.

Ohne Kontrolle schießen mir die Tränen in die Augen und ich beginne zu weinen.
Ich schlinge meine Arme um mich selbst, um mir Halt zu geben, und bin erleichtert, als jemand diesen Part für mich übernimmt.

JJ, der mir zum Bootshaus gefolgt ist, schlingt seine Arme um mich und hält mich fest.
Ich hätte diese Geste von jedem erwartet, aber nicht von JJ.




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