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das Geheimniss

Nachdem Rafe die Kirche verlassen hat und uns alle mit seinen Worten allein ließ, verging der Rest der Trauerfeier wie im Flug. Es wurden noch ein, zwei Gebete gesprochen, ein Lied gesungen, und dann war die Feier auch schon beendet.

Ich wünschte, meine Mom hätte den Fokus nicht auf die Pogues gerichtet. Dass es bei der ganzen Sache um meinen Bruder ging, schien völlig in den Hintergrund geraten zu sein.

Mit schnellen Schritten gehe ich aus der Kirche und lasse mich auf einer Bank etwas weiter weg nieder. Von Rafe ist keine Spur, und die Trauergemeinde löst sich schnell auf. Jeder geht seinen eigenen Weg und lässt mich hier allein zurück.

Ich schlinge meine Arme um mich und blicke auf den Boden, als ich zwei vertraute Stimmen höre. Es sind die Stimmen von Kiara und JJ.
Ich lächle leicht, froh darüber, ihn zu sehen, aber sie sind nicht hier wegen mir.

Die beiden stehen etwas abseits der Polizeistation, wo sie gerade ihre Befragung hatten.
Sie haben mich noch nicht bemerkt, und irgendetwas sagt mir, dass sie auch nicht wollen würden, dass ich höre, was sie sagen.

Unsicher nähere ich mich und verstecke mich hinter einem der Bäume, die rund um das Revier stehen.
Es scheint eine hitzige Diskussion zu sein.

Ich presse mich an den Baum und versuche genauer zu hören, was sie sagen.

„Und was, wenn sie es herausfinden, Kiara? Was, wenn sie herausfinden, was ich getan habe? Dann lande ich im Gefängnis.“

Ich blicke etwas hinter dem Baum hervor. JJ ist wahnsinnig angespannt, und Kiara streicht die ganze Zeit über seinen Arm.

„Sie werden es nicht rausfinden. Limbrey ist tot, und sie war die Einzige, die davon wusste.“
Bei ihren Worten wird mir schlecht. Es gibt also Geheimnisse.

Verzweifelt rauft er sich die Haare. „Ja… Limbrey und Rafe.“

„Du hast Rafe davon erzählt?“ fragt sie schockiert, ihre Hand immer noch an seinem Arm, was ihn nicht zu stören scheint.
„Nein… er… er war dabei, er… er hätte die Sache mit mir erledigen sollen, hat dann aber gekniffen, weswegen er noch in ihrer Schuld stand.“

Ungläubig halte ich mir die Hand vor den Mund. „Wenn Rafe es Laura erzählt, werde ich sie verlieren,“ sagt er, seine Stimme voller Schmerz.

„Und vielleicht wäre das gar nicht so schlecht! Merkst du nicht, wie du dich verändert hast, seit sie in deinem Leben ist? Früher gab es nur dich und mich.“

Ein kleines Lächeln huscht über seine Lippen, als ob er gerade all die tollen Momente mit Kiara nochmals durchlebt. Hat er sie geliebt? Hat er dieselben intimen Dinge mit ihr geteilt wie mit mir?

Sein Lächeln verschwindet abrupt, und er geht einen Schritt zurück. „Dank ihr bin ich endlich jemand, auf den ich vielleicht stolz sein könnte.“

„JJ… du warst immer schon jemand, auf den man stolz sein kann.“ Ihr liebevoller Umgang mit ihm bringt mich um den Verstand.
„Ich bin mir sicher, dass Rafe ihr nichts erzählt. Und wenn doch, dann wird sich zeigen, ob sie dich liebt.“

„Das ist es ja! Sie wird einen Weg finden, mir zu vergeben, sie wird einen Weg finden, alles gutzureden, aber sie wird immer wissen, dass ich jemanden getötet habe.“

Mir wird schwindlig. Ein Mord? JJ hat für Miss Limbrey jemanden umgebracht?
Nach all dem, was ich Rafe an den Kopf geworfen habe – dass JJ der bessere Mensch ist als er – erfahre ich das?

Er hat mir ins Gesicht geblickt und gesagt, er könne Rafe nicht vertrauen, ihm nicht vergeben, was er getan hat, während er selbst einen Mord begangen hat?

Ich atme tief aus, als sich die beiden entfernen und in das Polizeigebäude gehen.
Alles in meinem Kopf dreht sich. Wieso hat er das getan? Wurde er gezwungen?
Und woher weiß es Kiara?

Haben die beiden doch eine engere Verbindung, als ich dachte? Hat er sie geliebt? Liebt er sie vielleicht immer noch?

Ich weiß, was zu tun ist. Ich muss mit Rafe reden.