Entüllungen

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Mühsam schleppe ich mich die Treppe hinunter und setze mich an den Küchentisch. Es geht mir einfach nicht aus dem Kopf, warum Rafe nicht die Polizei gerufen hat. Das ergibt einfach keinen Sinn. Ich muss herausfinden, was an dem Abend wirklich passiert ist, und ich muss es von jemandem hören, der wirklich dabei war. Ich muss mit Pope reden, denn diese Ungewissheit, wem ich trauen kann und wem nicht, bringt mich um.

Ich packe meine Tasche, mein Handy und meine Schlüssel und gehe zur Tür. Ich sollte Topper Bescheid sagen, aber er würde mich nur davon abhalten wollen. Aber ich muss es einfach wissen – irgendetwas an der Geschichte ist faul.

Mal wieder steige ich mit einem wirklich unguten Bauchgefühl in den Wagen und fahre über die Brücke. Ich gehe zu Heywards Cateringservice, dem Geschäft von Popes Eltern, und parke unten am Pier.

Nervös gehe ich die wenigen Meter zu seinem Laden und atme tief ein. „Was willst du denn hier?“ Pope steht im Türrahmen und mustert mich missbilligend. Auch er hat ein blaues Auge, scheint aber weitaus besser davongekommen zu sein als JJ. Beim Gedanken an ihn wird mir fast übel, und ich schiebe ihn beiseite.

„Ich habe gehört, was gestern Abend passiert ist“, beginne ich und lehne mich an das Holzgeländer. „Naja, ich habe Toppers Version gehört.“

Er lacht leicht auf. „Lass mich raten, wir haben Rafe angegriffen?“ sagt er und verschränkt die Arme vor der Brust.

„Also war es nicht so?“ fordere ich und verschränke ebenfalls die Arme. Er beißt sich auf die Unterlippe, öffnet die Tür des Ladens und bittet mich herein, was ich dankend annehme.

Ich setze mich an die kleine Bar in dem heruntergekommenen Laden und blicke ihn erwartungsvoll an. Die Sache scheint ihm unangenehm zu sein, er schämt sich für das, was passiert ist. Dennoch beginnt er zu erzählen.

„Ich war wütend und wusste nicht, was ich tun soll, also kam mir die Idee, mir das Tagebuch einfach zu holen. Ich habe JJ um Hilfe gebeten, weil ich wusste, dass die anderen es nicht gutheißen würden, und er hat zugesagt.“ Während er erzählt, trommelt er nervös mit den Fingern und vermeidet den Blickkontakt.

„Wir haben gewartet, bis Rafe das Haus verlässt, und dann sind wir eingebrochen. Ich habe überall nach dem Tagebuch gesucht, und dann … war er auf einmal wieder da. Als ob er wusste, dass wir da sind. Er ging sofort auf mich los, aber JJ ging dazwischen. Er hat mir echt den Arsch gerettet.“ Ich nicke leicht. „Und du bist mit dem Tagebuch verschwunden?“

Ich versuche, nicht vorwurfsvoll zu klingen, aber es lässt sich kaum verhindern, und das provoziert keine gute Reaktion bei Pope.

„Was hätte ich denn tun sollen?“ verteidigt er sich. „JJ flehte mich an, das Tagebuch in Sicherheit zu bringen! Ich wollte ihm helfen, aber als ich zurückkam, war er weg, und auf seinem Handy konnte ich ihn nicht erreichen.“ Er klingt schuldbewusst, überfordert von der Situation, aber dennoch überzeugt, dass er am Ende das Richtige getan hat.

„Hast du seitdem mit ihm gesprochen?“

„Ja, er ist bei Kiara. Ich vermute, er war die ganze Nacht dort, und es geht ihm ganz okay“, sagt er und zuckt mit den Schultern.

Wut steigt in mir hoch. Wie kann ihm nicht bewusst sein, in was für eine beschissene Lage er JJ gebracht hat? Was für Konsequenzen seine blöden Entscheidungen für uns alle haben? Ich will ihn anschreien, weinen und um mich schlagen, aber ich halte mich zurück. Ich habe mir geschworen, meine Emotionen vor den Pogues für mich zu behalten. Auch wenn Rafe zuerst zugeschlagen hat, hat JJ mich trotzdem belogen und meine Gutmütigkeit ausgenutzt.

„Warum denkst du, hat Rafe nicht die Polizei gerufen? Woher wusste er, dass ihr in seinem Haus wart?“ Meine Frage macht Pope neugierig. „Keine Ahnung … denkst du, Rafe hat das geplant?“

Ich zucke mit den Schultern. „Aber das ergibt keinen Sinn. Ich meine, wir haben das Tagebuch, wir haben gewonnen, oder nicht?“

Bevor ich antworten kann, stürmen JJ, gefolgt von Kiara, John B und Sarah in den Laden. „Wir haben ein riesiges Problem“, sagt John B außer Atem.

„Limbreys Leute sind hinter uns her, sie wissen, dass wir das Tagebuch haben. Sarah und ich konnten gerade noch so fliehen; die haben mein Haus umzingelt.“

Popes Augen weiten sich. „Er hat uns an Limbrey ausgeliefert. Laura, du hattest recht“, sagt er und fasst sich panisch an den Kopf.

Ich blicke zu den anderen, die mich nun endlich bemerkt haben. „Laura … ich …“ beginnt JJ unsicher, doch Kiara fällt ihm ins Wort.

„Wir haben jetzt keine Zeit für euer Drama. Was machen wir denn jetzt nur mit Limbrey?“ Sarahs Blick wandert von JJ zu mir und dann wieder zu ihm.

„Oh mein Gott, du warst bei ihr letzte Nacht, nicht wahr?“

Stupid things have good outcomes all the timeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt