Chapter 19

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"Danke...für die Rundführung."
Begann ich zögernd und Lucas lehnte sich mit einer Schulter an den Türrahmen.
In seinen Augen huschten einige Emotionen umher.
"Hör zu...das was du heute gesagt hast.."
Ich sah ihn nicht mehr an, vielleicht half es wenn ich zeigte dass ich es verstand.
"Ich habe keine Ahnung wie ihr hier lebt.
Was ihr tun müsst um zu existieren und das alles riskiert ihr indirekt indem ich mit euch rum hänge.
Ich behaupte nicht das nach vollziehen zu können, aber ich will sagen dass ich es verstehe."
Ausser Atem hob ich den Blick wieder, es waren zwar nicht die besten Worte um aus zu drücken dass ich nicht zur Last fallen wollte.
Doch er starrte mich an und hatte plötzlich einen dunklen Ausdruck in den Augen.
Verunsichert machte ich einen Schritt zurück, diese Augen waren plötzlich so kalt und überlebensfähig dass ich das Gefühl hatte sie schnürten mir die Luft ab.
"Oh nein du hast keine Ahnung."
Knurrte er und richtete sich auf, beinahe als hätte ich den Punkt in ihm getroffen der ihn alle Schutz Mechanismen hoch fahren liess.
"Du bist nur ein Mädchen dass denkt durch kleine Taten ein wunderbarer Mensch zu werden, aber andere Leute müssen kämpfen zu überleben, um ihre Familien durch zu bringen.
Nicht alle können es sich leisten einfach mal dasViertel zu wechseln!"
Er war lauter geworden und im seinem Augen blitzte die Pure Wut, nicht bloss auf mich, auf alles.
Alles was ihm das Viertel angetan hatte, alles was er erlebt hatte war in ihm verankert.
Und irgendwie hatte ich es heraus geholt, ihm das Gefühl gegeben er müsse sich abgrenzen und angreifen.
Ich war weiter zurück gewichen, Kälte machte sich in mir breit als er mich beinahe anschrie und sich von mir entfernte.
Er sah es also auch, dieses dumme Mädchen dass ich war.
Vielleicht hatte er recht und ich machte mit etwas vor, niemals würde ich ein Teil der Leute werden können, zu viel hatten sie durch gestanden was ich mir nie erträumen würde.
Vielleicht hatte ich es gebraucht dass er so ehrlich zu mir war.
Ich schluckte und hob den Kopf, blinzelte die Tränen weg, es hätte bloss noch einmal die schwache Tessa gezeigt.
In dem Moment kamen die Jungs hinter mir aus derm Eingang zur Bar heraus und Mike stellte sich fröhlich neben mich.
"Oh hi Tessa, wie war der Rundgang?"
Als er meine feuchten Augen sah und wie ich meine Finger in die Jacke gekrallt hatte verschwand sein Lächeln er und sah langsam von mir zu Lucas.
Dieser hatte die Fäuste geballt und sein schwarzes Shirt war über die Panzerkette gerutscht.
"Luc?
Was ist hier los Alter?"
Ich starrte ihn noch immer an, mittlerweile kehrte der alte Ausdruck in seine Augen zurück und er gab die Haltung auf.
Es schien als hätte er erst jetzt realisiert was er zu mir gesagt hatte und er sah mich an.
Sah mich bloss an ohne etwas zu sagen.
"Ich muss rein, meine Schicht beginnt gleich."
Meine Stimme war brüchig, nicht so wie ich es gerne gehabt hatte.
Mike runzelte die Stirn.
"Hey Tessa warte doch."
Doch ich zog bereits die Türe hinter mir zu, das letzte was ich sah war wie Mike Lucas etwas zurück stiess und dieser sich durch die Haare fuhr, während er ihnen den Rücken zu kehrte.
Dann schloss ich die Tür und atmete durch, es waren bereits einige Gäste hier also musste ich jetzt arbeiten.
Keine Zeit für Gefühlsduselei, das brauchte ich jetzt.
Also setzte ich ein Lächeln auf, etwas von dem wenigem was ich immer tun konnte, egal wann und wo.
Oft hatte ich die Muster Tochter gespielt wenn ich vor wenigen Stunden noch alleine zu hause war weil meine Eltern es nicht für nötig hielten sich zeit für ihre drei Jährige Tochter zu nehmen.
Schnell schüttelte ich die Gedanken die sich in meinen Kopf schlichen und lief auf Joe zu, der mich mit einem wissenden Blick bedachte.
Ich band mir, während ich einigen Gästen freundlich zu lächelte, einen hohen Pferdeschwanz und unterdrückte den Schmerz in meiner Brust.
Einfach nicht darüber nachdenken.
Irgendwie schafften es die Leute hier mit allem erlebten fertig zu werden.
Und ich schaffte das ja wohl auch.
"Tessa..."
Meinte Joe leise als ich mir hinter dem Tresen die Schürze schnappte und ohne etwas zu sagen nach dem Serviertablett griff.
"Welcher Tisch?"
Er liess den Mix-Becher sinken.
"Tessa was war los, kommt Lucas noch?"
Ich lächelte noch immer wie eingefroren, aber Joe schien der erste Mensch zu sein der das durchschaute.
"Er trifft sich heute Abend mit einigen Leuten um etwas zu planen.
Welcher Tisch?"
Er sah mich mitfühlend an, bereits jetzt war das mehr als ich von meinen Eltern je bekommen hatte.
Ich sollte ja nicht meckern, ich führte ein tolles Leben, nichts im Vergleich zu den Bronx hier, aber dennoch fühlte auch ich oft Dinge, wenn ich an meine nicht so perfekte Familie dachte.
"Tisch 12."
Antwortete er und sah mich noch einmal fest an, als sollte es mir zeigen dass ich jederzeit zu ihm kommen konnte.
Was ich aber nicht tun würde, ich war schlecht darin anderen mit zu teilen wieso ich traurig war, nur Maria hatte mir die Worte entlocken können, wenn ich mal wieder alleine gewesen war.
Icj lief los und balancierte den Drink zu dem Mann der dort sass, liess mir ein Trinkgeld zustecken und legt es anschliessend zu der normalen Rechnung.
Langsam füllte sich der Laden und es wurde dunkler, bald gingen die Lichter an der Decke an und die Musik begann.
Wie ein Roboter bediente ich die Leute, mein immer glückliches Lächeln begleitete mich und im Takt zu der Musik bewegte ich mich zwischen den tanzenden Massen zu den besagten Tischen.
Die Jungs waren alle bei der Planung für die Polizei Aktion, bei der mir erst jetzt bewusst wurde dass ich so etwas noch nie getan hatte und es dumm war.
Richtig dumm.
Immer weiter nahm ich Bestellungen auf und liess mich von den Besuchern mitziehen, um die Drinks nicht zu verschütten, wenn ich mich durch die Menge bahnen musste.
Doch dieser ganze Lärm, diese vielen Gesichter die in den Lichtern blinkten und die Heisse Luft machte mir nichts aus.
Vielmehr half es mir, an nichts anderes zu denken und meinen Kopf mit Musik volllaufen zu lassen.
Meine Pause liess ich aus und steckte jegliches Trinkgeld in Joes Kasse.
Ich wollte für meine Unterkunft auch bezahlten, auch wenn es nicht viel war.
Meine Kreditkarte nahm er nicht an.
Also fand ich eben andere Wege.
Es war bereits nach Mitternacht als schliesslich die Gäste langsam heraus torkelten, die meisten in Begleitung.
Sie liessen ein Chaos von Abfällen zurück und ich setzte mich etwas müde auf den Stuhl vor der Bar, an die sich nun Joe lehnte und sich den Schweiss von der Stirn wischte.
"Ich weiss nicht was ich heute ohne dich gemacht hätte.
Es waren sogar mehr Einnahmen als sonst, du bist ein richtiger Glücksbringer."
Ich lächelte schwach, wenn er nur wüsste.
Er schon mir ein Glas Tequila hinüber und ich trank es in einem Zug.
Dankbar über die wohlige Wärme, die mich jedoch nicht mental beeinträchtigte, stand ich wieder auf.
Ich war mir mehr als ein kleines Gläschen gewöhnt, also machte es mir nichts aus.
"Komm Tessa, gehen wir schlafen, der Laden kann auch noch bis Morgen warten."
Er sah wirklich müde aus als er die Schürze aus zog und den Lappen auf das dunkle Holz sinken liess.
Nachdenklich sah ich ajf das leere, etwas schmutzige kleine Glas und schüttelte den Kopf.
Ich war hier her gekommen weil ich entfliehen wollte.
Ich konnte zwar nicht ein Teil dieses Viertels werden, aber für mich konnte ich dennoch einiges ändern.
"Ich bin noch nicht wirklich müde Joe.
Und da ich keine Schule habe bleibe ich noch etwas hier und mache sauber ja?"
Schule.
Noch so ein Thema.
Ich war mir sicher meine Eötern hielten mir mit viel Bestechung und Spenden den Platz an der Elite Uni bis ich wieder dort war, aber dennoch riskierte ich all die sicheren Lebensgrundlagen weg zu werfen.
"Sicher?
Meine Güte du bist wirklich ein Engel, ich sollte dich wohl fest einstellen."
Grinsend schüttelte Joe den Kopf und fuhr sich durch das Schüttere Haar.
Dann richtete sich sein Blick hinter mich und er wackelte kurz mit dem Unterkiefer.
Ich spürte einen Luftzug als jemand den Raum betrat, jedoch stehen blieb.
"Ich lasse euch dann mal alleine."
Ich starrte Joe nach wie er durch den kleinen Gang nach oben in die Wohnung verschwand.
Dann war es still und noch immer stand ich mit dem Rücken zum Eingang, meine Hand griff nach dem Lappen und ich presste die Lippen zusammen, während mein Blick auf das dunkle Holz gerichtet war.
Ich wusste genau dass er es war.
Doch er sagte nichts.
Also begann ich mit einem tiefen Luft Holen den Tresen ab zu wischen und drehte mich dann um, um die Tische von Müll zu befreien.
Als ich los lief streifte mein Blick ihn, er sah noch gleich aus wie heute Nachmittag und sein Intensiver Blick verfolgte mich.
Er hatte locker die Hände in den Hosentaschen der schwarzen, an den Knien angerissenen Jeans vergraben und eine Leder Jacke baumelte offen von seinen Schultern.
Wieso musste  an diesem Jungen alles so verdammt heiss aussehen?
Aber ich war wirklich verletzt, es war sein Recht gewesen mir die Wahrheit ins Gesicht zu pfeffern doch ich konnte jetzt nicht einfach weiter machen als wäre das nicht passiert.
Ich wollte an ihm vorbei laufen und meine beruhigende Arbeit fort setzten, doch er hielt mich am Arm zurück.
Es war ein feste Griff, jedoch nicht aufdringlich, so wie nur er es schaffte.
"Tessa warte."
Es klang nicht wie ein Befehl aber auch nicht wie eine Bitte, er war ganz schlecht darin Gefühle zu zeigen, das war klar.
Ich machte mich von ihm los und begann etwas Müll vom Boden des Tisches auf zu heben, während sein Blick noch immer jede meiner Bewegungen verfolgte.
"Was?"
Ich hörte seine Schritte bis er hinter mir stand, ich noch immer nach vorne gebeugt.
Meine dunkeln Blonden Haare fielen mir in vereinzelten Strähnen ins Gesicht und meine Finger zitterten leicht.
"Ich wollte heute Nachmittag nicht so ausrasten.
Es gibt bloss so viele Dinge die du nicht weisst und..."
Setzte er an, als ich mich aufrichtete.
Der Raum war leer und bloss dämmrige Lichter erhellten ihn, beinahe gespenstisch im Gegensatz zu einer Viertel stunde vorher.
"Ich habe es schon verstanden, danke."
Fauchte ich und lief wieder an ihm vorbei zum nächsten Tisch, er mir hinterher, ich spürte dass es ihn nervte.
Aber er war trotz allem nicht der einzige der gerade etwas durch machte und es hatte wirklich geschmerzt was er zu mir gesagt hatte.
Auch wenn ich jetzt sah dass es ihm leid tat auch wenn er es nicht sagte.
Ich wusste dass es schwer war immer alles im Zaum zu halten aber dennoch war ich kein Fussabtreter.
"Verdammt kannst du nicht einfach einmal stehen bleiben?"
Rief er und ich fuhr zu ihm herum.
"Nein kann ich nicht."
Fauchte ich erneut und wollte mich umdrehen.
Da knurrte er leise auf und im nächsten Moment wurde ich an die wand gedrückt, ihn eng vor mir und seine Hände hielten meine Fest, erneut.
Unbewusst verschränkte ich meine Finger mit seinen, während ich ihm in die Augen starrte.
Sie zeigten wieder das was ich so gerne sah.
Geheimnisse, Verschlossenheit aber auch etwas anderes...
"Tessa."
Sagte er bestimmt aber nur so leise dass ich ihn hörte.
Ein Schauer durchfuhr mich als er meinen Namen so rau aussprach, er war mir viel zu nahe und das schlimmste daran war, es gefiel mir auch noch.

Was denkt ihr von seinem plötzlichen Ausbruch?
Und wie gefällt euch die Geschichte allgemein bis jetzt?
Ich freue mich immer weiter zu schreiben und wünsche euch einen ganz schönen Abend
Tala

This is Life *beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt