Chapter 35

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Seine Berührung, dass er mich immer noch nicht los liess brachte den Rest meines kleinen bisschen Halt kaputt.
Es war nur eine Wette gewesen, deswegen musste ich nicht heulen als würde die Welt untergehen.
Doch musste ich. Denn dies war meine Welt geworden und ich hatte sie verloren.
Ich war mir nicht gewohnt sowas zu spüren, dort wo ich herkam wurde das mit allen Mitteln vermeidet nur um keine schlechte Presse zu bekommen.
Aber hier nicht, hier hielt man es aus und das konnte ich nicht, ich war nicht stark genug und musste weinen.
Wirklich stark weinen.
"Lass mich los Lucas."
Wimmerte ich nur halb so kraftvoll wie gehofft, und meine zitternden Knie sanken kurz zu Boden.
Es war eindeutig zu viel nach diesem Abend, selbst mein Körper spielte verrückt, ich hatte die komplette Kontrolle verloren.
Beinahe hilflos sah er mich an, den Kiefer angespannt als ich beinahe erbärmlich vor ihm zusammen gesunken wäre.
Dann schlang er die Arme um mich, um meine Hüfte.
So fest das ich nicht entkommen konnte, so fest dass es mir für kurze Zeit halt gab.
Aber diesen Halt wollte ich nicht, nicht von ihm.
"Fass mich nicht an!"
Meine Stimme klang schrill in meinen Ohren, vielleicht lag es am Wind der mir half, der es alles gefühlsvoller machte.
So dass er sah was er angerichtet hatte.
Er sollte sehen wie ich mich jetzt fühlte, aber anfassen sollte er mich nicht denn sein Duft und seine Starke Umarmung die ich immer genoss wandelte sich um in eine Qual.
Er sagte nichts, hielt mich aber eisern fest, sodass es mir nicht gelang mich von ihm zu entfernen, so sehr ich mich auch versuchte zu wehren.
Er hielt meine Hände fest wenn ich nach ihm schlug, er hätte es verdient die Schläge abzubekommen.
Doch er sagte kein Wort und zog mich nur immer wieder an sich heran, mit einer so grossen Ausdauer in dem Wissen das ich irgendwann nicht mehr konnte.
Irgendwann sank ich gegen ihn, jede Berührung mit seiner Brust versetzte mir kleine feine Nadelstiche.
Ich schluchzte leise, aus meinen Armen war jegliche Kraft gewichen, mein Atem ging so schnell dass er nur so über meine trockenen Lippen flog.
Ich beruhigte mich, langsam.
Während die Hand die zu der schlimmsten Person auf Erden gehörte beruhigend in kleinen Kreisen über meine Schulter fuhr.
Meine Schluchzer wurden kleiner und trockener, bis schliesslich die letzte Träne versiegte, denn ich hatte keine mehr.
Wie rot jetzt wohl meine Augen sein mussten.
"Es war echt Tessa, alles davon, ich habe dich nicht verarscht."
Er klang leise an meinem Ohr und ich wünschte dass ich seinen Worten einfach Glauben schenken durfte.
Aber ich kannte die Wahrheit.
Schwach schüttelte ich den Kopf , noch einmal einatmen und seine Nähe spüren.
"Letzte Nacht, alles was war echt, ich habe noch nie so gefühlt."
Er wurde leiser weil ein Auto irgendwo hinter uns sich näherte, mit brummenden und Ratternden Geräuschen.
Kurz wollte jede Faser meines Körpers ihm glauben.
Aber es war offensichtlich dass es nicht wahr war.
Ich stiess ihn von mir weg, seine warme und so stützende Umarmung verschwand, sodass ich wieder der kühlen Brise ausgesetzt war.
Ich stolperte einige Schritte zurück und sank in die Knie.
Nur weil ich nicht mehr weiter machen wollte.
Ich war kurz davor auch noch die Arme um meine Knie zu schlingen um mir selbst Halt zu geben, wurde aber unterbrochen.
Das Auto das ich vorhin gehört hatte, fuhr mit Rädern die sich in den schlammigen Untergrund gruben neben uns und hielt schliesslich an.
Die Scheinwerfer liessen den Staub der Dunkelheit tanzen und beleuchtete die Blätter die sich im dichten Unterholz ab und zu von dem tiefen Schwarz abhob.
Langsam hob ich den Blick, die Türe öffnete sich und fiel knallend wieder zu, und Mike richtete seine Lederjacke, bevor sein Blick zwischen Lucas und mir hin und her flog.
"Tess."
Lucas machte einen Schritt vor und wollte sich mir erneut nähern, obwohl ich ihm mit allen Zeichen signalisierte dass er mir fern bleiben sollte.
Ich biss mir mit aller Kraft auf die Lippen und unterdrückte einen erneuten Tränenanfall.
Mike zögerte, aber dann stellte er sich zu seinem besten Freund und hielt ihm die Hand vor die Brust.
"Ich bringe sie zu Joe nach Hause."
Sagte er mit gesenkter Stimme und Lucas blieb stehen, die Dunkelheit schien ihn plötzlich in ein ganz anderes Licht zu stellen, keine Gefühle die ich in seinen Augen sehen konnte, nur die unangenehmen Bewegungen.
Ich sagte nichts, ich wusste ja das Mike mit ihm die Wette abgeschlossen hatte.
Aber momentan hätte ich jeden Menschen an mich heran gelassen ausser ihn und Delila.
Absolut jeden, denn es kümmerte mich nicht mehr.
Tessa war Vergangenheit, es war eine irrsinnige Welt gewesen und ich naive junge Frau hatte gedacht und ernsthaft erhofft dass sie zu mir werden könnte.
Das ich zwei Leben und zwei Chancen haben würde.
Aber jeder hatte nur eine und mein Versuch das Leben zu betrügen hatte sich bitter ausgezahlt.
Lucas nickte nur und sein Blick haftete an mir, ich spürte es wie tausend Lanzen die sich in mich hinein bohrten.
Mike kam näher, vorsichtig und in meinem Blickfeld als wäre ich irgend ein scheues Reg das man einfangen musste.
Sah ich wirklich so mickrig aus? Ja wahrscheinlich.
Ich liess ihn neben mich treten ohne irgendeinen Mucks.
Ich wollte am liebsten nie wieder reden und für immer Schweigen, denn gerade jetzt erschien mir kein Wort überhaupt noch sinnvoll in seiner Bedeutung.
Er legte mir seine warme, schwere Jacke auf die entblössten Schultern, Delilas Kleid war halb zerrissen, auf die Äste die sich darin verhangen hatte hatte ich nicht mehr geachtet.
"Komm Tessa."
Erstaunlich sanft half mir der Brocken von Junge hoch, stützte mich als wäre ich das Wertvollste Wesen dass es in Sicherheit zu bringen galt.
Als ich mich erhob fühlte ich wie all meine Schmerzen und Gefühle von der Erdanziehung aus mir heraus gerissen wurden.
Ich stand auf und liess all das auf dem Boden liegen, ein leeres Mädchen das einfach gar nichts fühlen konnte, blieb zurück und richtete den Blick starr an Lucas vorbei.
Ich spürte die Wärme der Jacke und hinter Mir Mike, der mich langsam zum Wagen führte.
Lucas stand weit genug entfernt von mir, dass ich mich an ihm vorbei wagen konnte.
Er fuhr sich durch die Haare, man konnte beinahe glauben dass er zu sehr daran zog als es nötig war.
Er murmelte irgend einen Fluch und fuhr sich mit beide Händen übers Gesicht, während er zusehen musste wie ich an ihm vorbei ging und ihm den Rücken zuwandte, begleitet von Mike.
Ab und zu strich der blonde Kasten beruhigend über meinen Arm.
Die Geste störte mich weder noch nahm ich sie wirklich war.
Es hatte sich ein grauer Schleier vor meine Umwelt gelegt, durch den ich keine Farben mehr sah.
Schweigend liess ich mir die Türe zum Wagen öffnen, der garantiert geklaut war, doch das juckte mich nicht.
Meine Füsse schmerzten als ich einstieg und das kalte Leder an meinen verschwitzten Beinen spürte, es klebte unangenehm und im Auto roch es nach billigem Luftspray.
Kurz drehte ich den Kopf zu der beschlagenen Fensterscheibe, als Mike die Türe schloss und um den Wagen herum lief.
Lucas Blick traf genau mich, durch das Fenster hindurch starrten wir uns an dass es ein Wunder war, dass das Glas nicht zersplitterte, so sehr wuchs die Anspannung in mir.
Er hatte die Fäuste geballt und kickte einen Stein weg, frustriert oder was auch immer er fühlen mochte.
Ich sah dem Stein nach, wie er in der Dunkelheit verschwand wie Tessa.
Neben mir gurtete sich Mike an und startete den ratternden Motor, der die Leere in meinem Kopf mit seinem lauten Geräusch auffüllte.
Dann fuhren wir los, zuerst rollte der Wagen langsam herum und wendete, bevor ich Mike kurz ansah.
Beinahe fragend, doch ich wollte hier weg, kein nochmals in die Arme fallen mit dem Jungen mit dem ich die letzte Nacht verbracht hatte.
Sowas existierte nur in Tessas Wunschwelt, die existierte aber nicht.
Also nickte ich kaum merklich und er fuhr los, die Scheinwerfer zeigten uns den Weg, so wie mir meine Gefühle und Erfahrungen.
Doch kur einige Meter weit. Danach konnte eine Mauer kommen und es würde daran zerschellen.
Ich atmete langsam und stockend aus, ich hatte nicht gemerkt dass ich den Atem angehalten hatte bis schwarze Punkte vor meinen Augen tanzten.
Dann sah ich in den Rückspiegel, wo ich einen Umriss einer Person auf der Strasse sehen konnte.
Das Mondlicht schien auf seien Konturen hinab als wolle es ihn von der Dunkelheit um ihn herum befreien.
Er bewegte sich nicht, schien einfach dem Auto nachzusehen, indem ich sass und mich von ihm entfernte.
Dann wandte ich den Blick ab und lehnte den Kopf langsam an die vibrierende Fensterscheibe.
Es fühlte sich alles taub an, unfähig noch mehr Schmerz auszuschütten, alle Tränen und Schluchzer waren aufgebraucht, da war nichts mehr.
Ich sah mich selbst im
Fenster, meine Schminke war verlaufen, ich sah aus wie diese Frauen die vor dem Altar stehen gelassen wurden.
Ich schloss die Augen, das wollte ich jetzt nicht sehen.
Also sah ich nicht hin.
Liess mich schweigend von Mike fahren, wävrend mein durchgerüttelter Kopf zu schmerzen begann und ich auch sonst ganz und gar nicht gut auf den Beinen war.
Ich spürte Mikes besorgten Blick von der Seite, aber er sagte nichts und dafür war ich ihm dankbar.
Dann nahm ich irgendwann wahr das wir anzielten.
Ich hatte ganz verpasst das wir den Wald verlassen hatten und durch die Strassen der Bronx gefahren waren, die Welt um mich war stehen geblieben und ich fühlte das Blut angestrengt in meinen Beinen und Schläfen pochen.
Ich war so müde und mir war schlecht.
Als er anhielt konnte ich in der Dunkelheit Joe's kleine und bescheidene Bar sehen, aus deren Fenster schwaches Licht drang, anscheinend war er noch auf.
Ich drehte mich monoton zur Türe und stiess sie auf, als der Motor unter mir aufhörte zu arbeiten und meinen Sitz vibrieren zu lassen, hatte ich das Gefühl als würde etwas fehlen.
Ich rückte ans Ende des Sitzes um meine Beine auf den Boden zu stellen, mir war so schwindelig.
Die Zähne zusammengebissen und mit klammen Händen schaffte ich es schliesslich schwankend auf die Beine, was viel anstrengender war als ich mir eingestehen wollte.
Dann stand Mike vor mir, wie aus dem Nichts.
Die blauen Augen etwas trüb und unheimlich im Licht der Strassenlaternen und der totalen Finsternis.
Aber ich hatte keine Angst vor ihm.
Er war Mike, der mich vor dem Polizisten gerettet hatte. Und vor Lucas, auch wenn er mit ihm gewettet hatte.
Eigentlich sollte ich genauso wütend auf ihn sein, aber er war mein einziger Halt gerade und den wollte ich nicht verlieren.
"Warte."
Sagte er und seine tiefe Stimme war noch nie so sanft gewesen.
Ohne um Erlaubnis zu bitten oder sonstiges, schob er seinen Arm um meine Hüfte und seinen anderen unter meine Knie, bevor er mich hoch hob als wäre ich nicht mehr als eine Feder die im Wind schwebte.
Ich protestierte nicht, denn meine Beine hätten ohnehin gleich nachgegeben.
Ich murmelte ein schwaches Danke, vielleicht waren es aber auch nur meine Gedanken gewesen, ich wusste es nicht.
Mike antwortete irgendetwas, aber den genauen Laut seiner Worte erreichte mich nicht.
Alles was ich wahrnahm war sein regelmässig schlagendes Herz, während ich den Kopf ans eine Schulter lehnte.
Zu müde um ihn hoch zu halten.
Ich sah starr geradeaus, den Kopf dicht an seiner Halskuhle, während er die Türe mit dem Fuss auf stiess und mich Richtung Treppenhaus trug.
Ich sah Joe's schockierten und Fragenden Blick auf mir liegen, doch ich sah nicht auf, ich wollte nicht de freundlichen Mann sehen der mich in dem Zustand zu Gesicht bekam.
Mike schüttelte nur stumm den Kopf, aber ich vermutete dass er Joe noch aufklären würde.
Dann trug er mich hoch, durch die kleine kühle Wohnung und vor meine Zimmertüre.
Dort liess er mich ganz vorsichtig wieder zu Boden und es grenzte an ein Wunder dass ich nicht sofort wieder einknickte.
Kurz sah ich hoch zu ihm, um mich zu bedanken.
Ich öffnete den Mund doch heraus kam kein einziger ton.
Er lächelte, wahrscheinlich mit schlechtem Gewissen und nickte nur, er hatte also verstanden.
Dann drehte er sich um und liess mich alleine in mein Zimmer gehen.
Alleine und verloren wie ich mich fühlte, schlimmer als Tessa.
Viel schlimmer als wenn ich einfach bei meinen Eltern geblieben war.
Ich hatte immer wissen wollen wie ein andere Leben sein mochte, hatte mich für Robin Hood gehalten.
Aber jetzt wusste ich es.
Und ich wollte nur das es aufhörte.

Sternchen, wer von den beiden tut euch mehr Leid? XD ich bin gespannt was ihr denkt und was euer Urteil ist :3
Ich freue mich wenn es mir gelingt Emotionen nahe an euch heran zu bringen und wenn es mir gelingt dann bin ich schon höchst zufrieden.
Also bis dann
Tala

This is Life *beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt