Chapter 42

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Es war nicht nur ungewohnt wie sich die Beiden die nächsten Tage um mich kümmerten, sondern verstörend.
Niemals hatten sie mir Essen ans Bett gebracht und unser Hausarzt war auch schon lange nicht mehr hier gewesen.
Er hatte mich untersuchte obwohl mich bei all den Händen um mich herum beinahe schlecht wurde.
Ich hatte das Bett nicht verlassen, aber nicht aus Schock wie er behauptete, sondern aus hilfloser Wut.
Ich wusste dass es mir nicht möglich war aus dem Haus zu schleichen, und ein Teil von mir wollte das meinen Eltern auch nicht nochmals antun. Obwohl sie ansonsten auch immer gut ohne mich klar gekommen waren.
Um nicht irgendetwas tun zu müssen was nicht das herum gammeln und das nachdenken war, blieb ich im Bett liegen.
Jedes Mal wenn ich an die Decke starrte fragte ich mich ob Lucas gerade irgendwo da draussen dasselbe tat und an mich dachte.
Vielleicht tat er das. Aber wie er sich von mir verabschiedet hatte.
Ich solle ihn nicht vergessen, das hatte so endgültig geklungen.
Als hätte er gewusst dass das Spiel aus war.
Mir kamen immer wieder die Tränen, welche meine Mutter zwar abtupfte, jedoch den Schmerz nicht von mir nahm.
Und was war nun mit Mace? Seiner Mutter? Sie brauchten Lucas, ich hatte ihn ihnen weg genommen und womöglich würden sie ihn nie wieder sehen, selbst wenn er noch so jung war.
Jedes Mal sagte ich mir dann dass sie das hin kriegen würden, dass sie den Jungen irgendwie befreien oder raus reden konnten, dass es genauso möglich war wie bei dem Mann an dessen Befreiung ich aktiv gewesen war.
Ich hatte meine Ruhe gehabt, Maria war ab und zu rein gekommen und bei ihr hatte ich als Einziges hoch gesehen, wenn sie mir über den Kopf strich und sanft einige Worte sagte.
Ansonsten war es aber still gewesen, selbst meine Eltern hatte ich nur noch unten diskutieren hören, heute war noch eine andere Männerstimme dabei.
Sie war tiefer, aber nicht die Art die ein Polizist hatte.
Wenig später hörte ich die Schritte auf der Treppe und setzte mich gerade auf. Mir war heiss und in meinem Zimmer roch es nach abgestandener Luft. Nicht mein Problem, sollte der Mann doch ersticken der von meinen Eltern geführt ins Zimmer eintrat.
Er verzog keine Miene, ich sah auf den ersten Blick dass seine Nase gemacht war. Gerade und Schmal passte sie nicht in das breite Gesicht.
Seine Haare waren kurz und ordentlich geschnitten, beinahe wie im Militär.
Der schwarze Nadelstreifen Anzug wirkte viel zu gross an seinem dünnen Körper.
Die Schuhe lackiert, die Hände über dem Griff eines Aktenkoffers zusammen gelegt.
Sein Lächeln war gespielt verständnisvoll, aber eigentlich machte er einfach seinen Job und das wars.
"Liebling, das ist Mister Padelecki. Er ist unser Anwalt."
Mein Blick griff ihn förmlich an, als könnte ich ihn so wieder aus dem Zimmer drängen.
"Wieso ist er hier?"
Früher hätte ich versucht den guten Ruf der Familie weiter zu tragen und so anständig zu sein wie es mir nur möglich war.
Aber jetzt war es anders. Ich musste nichts mehr sagen was ich nicht wollte, oder etwas vorspielen das ich nicht war.
Das hatte ich von Lucas gelernt, und ich würde mich nicht mehr ändern.
Der Mann setzte sich auf einen Hocker neben mein Bett, meine Mutter kniete sich neben mich aufs Bett und mein Vater stellte sich neben sie, eine Hand auf ihrer Schulter.
"So Cloe, darf ich Sie so nennen?"
Erkundigte er sich mit typischer emotionsloser Stimme.
Meine Augen kniffen sich zusammen, ich wollte ihn hier nicht haben.
"Nein."
Ich klang wie ein trotziges Kind, doch das war nur eine Maske.
Sofort strich mir meine Mutter durch die Haare.
"Alles ist gut Mäuschen, du darfst ihm alles erzählen was du erlebt hast, wir sind da mein Schätzchen."
Ich verzog die Lippen.
Sie wollten von mir eine rührende Geschichte über mein Leiden hören wie sie es erwarteten, um mich dann zu einer Psychologin zu schicken.
Aber ich würde ihnen den Gefallen nicht machen, egal was sie erwarteten was geschehen war.
"Ich will nichts sagen."
Weigerte ich und meine Mutter sah seufzend zu meinem Vater.
"Dann bleibt es bei dem was wir Ihnen gesagt haben."
Nickte mein Vater zum Anwalt.
Sofort schoss ich hoch als sich der Typ im Anzug aufrichtete und die Akte zu klappte.
"Gut. Hat mich sehr gefreut."
Er stand auf und schüttelte die Hände meiner Eltern, meine Mutter blieb aber neben mir.
Am liebsten hätte ich sie aus dem Bett geworfen.
Als er draussen war gab mein Dad Maria den Befehl den Herrn raus zu begleiten, dann schloss er wieder die Türe.
Ich sah langsam zu meiner Mom.
"Was habt ihr ihm erzählt?"
Fragte ich und sie lächelte.
"Du musst es nicht aussprechen Schatz, uns ist bewusst dass es zu sehr weh tut."
Ich verstand kein Wort, sie wussten doch nicht einmal was mit mir los war.
"Du bist mit Medikamenten vollgepumpt worden.
Aber es ist jetzt vorbei und du musst dich nie wieder berühren lassen wenn du es nicht willst."
Geschockt starrte ich sie an.
"Was?"
Fragte ich dann langsam und sie nickte.
"Ich hatte Sex mit einem Jungen den ich liebe verdammt!"
Meine Mutter schlug sich eine Hand vor den Mund und mein Vater drückte ihre Schultern ermutigend.
Ihre Augen wurden feucht und mein Herz krampfte sich zusammen.
"Du wurdest vergewaltigt Schätzchen, da ist es völlig normal dass man sowas verdrängt."
Sagte sie sanft und wollte meine Wange berühren aber ich schlug sie weg.
"Mein armes Mädchen...du musst wohl das Stockholm Syndrom haben."
Schluckte sie und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
Mein Kiefer klappte auf.
Wollte sie nicht akzeptieren dass ich wirklich einen Jungen der Bronx liebte oder dachte sie das wirklich.
"Dieser Junge ist böse Cloe verstehst du? Er wollte nur arme schöne Mädchen ausnutzen und ihnen schmerzen bereiten. Er liebt dich nicht wirklich egal wie du denkst."
Wütend blitzte ich sie an.
"Nein! Hör auf verdammt nochmals! Ich wollte das alles, was auch immer ich gemacht habe es war meine Entscheidung!
Ihr könnt das nicht gut reden! Er ist an nichts schuld!"
Schrie ich sie an und sie wich geschockt zurück.
Mein Vater umarmte meine schluchzende Mutter, die völlig am Ende zu sein schien, was ich nicht verstand.
"Mein armes armes Mädchen."
Wimmerte sie und meine Augen wurden dunkel.
Ich schlug die Bettdecke zurück und stand auf.
Ich trug nicht mehr als ein Nachthemd das sich so seidig weich auf meiner Haut anfühlte und trotzdem nicht an Lucas Wärme heran kam.
Ich vermisste ihn so sehr.
Leute Beschrieben Liebes Kummer immer als schlimm.
das was ich hatte war tausend Mal schlimmer.
"Wo gehst du hin Cloe?"
Beinahe Hysterie war in ihrem Tonfall zu erkennen.
Mein Dad schwieg, so wie immer.
Das konnte er ja am besten. Zahlen und schweigen.
"Ich gehe zurück."
Sofort riss mein Vater die Augen auf und wollte auf mich zu kommen.
Aber meine Mutter war besser darin Leute zu manipulieren. Sie hatte mir versprochen ihre Gefühls Tricks nie bei mir anzuwenden.
Jetzt brach sie das Versprechen, als sie sanft lächelte, jedoch plötzlich alles so berechnend wirkte.
"Hast du dem armen Jungen nicht schon genug eingebrockt?"
Ich erstarrte inmitten der Bewegung, die Hose blieb vor mir auf dem Stuhl liegen.
Mein Blick richtete sich auf sie, doch mein Körper war krampfhaft starr.
"Du gehörst dort nicht hin, du hast doch gesehen was passiert ist. Sie sind ohne dich besser dran."
Diese Worte waren hart und verletzend.
Vor allem wenn es die eigene Mutter in guten Absichten getan hatte.
Trotzdem war es nichts als die pure Wahrheit.
Ich hatte ihnen wirklich nie etwas Anderes als Ärger eingebrockt.
Ich hatte ihnen Lucas genommen und ihm seine Freiheit. Nur weil ich so egoistisch gewesen war zu denken dass ich der einzige Mensch auf dieser Welt war der seine Zugehörigkeit ändern durfte wann er wollte.
Ich hatte gedacht das würde klappen weil wir alle nur Menschen waren.
Aber anscheinend sahen das nicht alle so.
Langsam nickte ich, als würde der Gedanke erst jetzt richtig klar werden.
Es war alles meine Schuld und ich sollte wirklich nicht zurück gehen.
Aber was hatte ich denn noch als Halt? Wenn ich dort nicht hin sollte und hier nicht sein wollte?
Wut machte sich in mir breit.
Auf mich, die Welt und diese beschissenen Mauern zwischen Menschen die es gar nicht geben sollte.
Die alles kaputt machten was so schön hätte sein können.
Wutentbrannt packte ich die Lampe die ich in der Grundschule gebastelt hatte und schwenkte sie in der Luft.
Keine Ahnung, irgendwie fühlte es sich besser an das zu tun als heulend zu Boden zu sinken.
"Raus hier! Verschwindet!"
Schrie ich und ratlos sah mein Vater zu meiner Mutter, bevor er die schwach wirkende Frau zur Türe drängte.
"Lasst mich einfach in Ruhe!"
Meine Stimme klang schrill und ich konnte spüren dass Maria unten gerade jeden Ton mitbekam.
Es war aber egal, denn nichts auf dieser Welt hätte mich gerade beruhigen können.
Ausser Lucas. Und meine Chance nochmals aus diesem Haus heraus zu gehen war geringer als die Möglichkeit dass es keinen Rassismus mehr gab.
Kaum schloss sich die Türe warf ich die Lampe mit voller Wucht dagegen und weinte, spürte die brennenden Tränen auf meinen Wangen.
Das gelbe Glas zersplitterte und rieselte auf den Boden vor der Tür.
Selbst das wollte verhindern dass ich hier wieder weg kam. Wenn ich es versuchte würde ich über Scherben laufen müssen.
Ich taumelte zurück und liess mich aufs Bett sinken, bevor ich laut los schluchzte und mich ins Kissen krallte, indem ich meine lauten Weinanfälle zu verstecken versuchte. Dann flüsterte ich die Nachricht an mein Dasein, so ernst gemeint wie noch nie.
"Lass mich einfach in Ruhe, Leben..."

Glaubt ihr dass sie so einfach aufgibt? wir werden ja sehen meine Sternchen, ich freue mich sehr dass immer noch so viele von euch dabei sind*_*
Liebe euch so sehr
Tala

This is Life *beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt