In dieser Nacht war ich sofort schlafen gegangen.
Ich hatte mich weder abgeschminkt noch sonstiges.
Alles was ich zustande gebracht hatte war das Kleid von meinem Körper zu reissen und unter die kühle Decke zu kriechen, wo ich einschlief und mich die Leere für eine Weile erlöste.
Doch in den nächsten Tagen war es schlimm.
Ich hatte noch nie Drogen genommen und dementsprechend haute mich die Wirkung um.
Vielleicht vertrug ich die auch nicht so gut wie Leute die hier aufwuchsen.
Geschlagene zwei Tage lag ich nur im Bett, litt unter Hitzewallungen und Kältefrost, meine Kehle fühlte sich selbst nach fünf Liter Wasser die Joe mir fürsorglich gebracht hatte Staubtrocken an und mein Kopf drohte bei jedem noch so kleinen Geräusch wie einer Türe oder Schritten zu explodieren.
Am schlimmsten war aber dass ich mich so gut wie nicht aus dem Bett bewegte, weil meine Glieder einen Streik eingelegt hatten.
Sie fühlten sich alle geschwollen und aufgebläht an, auch wenn ich, wenn ich mich getraute nachzusehen, nichts auffälliges entdecken konnte.
Vielleicht waren Drohen gut seine Probleme für eine kurze Zeit zu vergessen.
Doch danach kehrten sie alle wieder zurück, noch immer da und ungelöst.
Und man fühlte sich miserabel, weil man einfach nur eine Illusion gelebt hatte die nun platzte und wieder alles so war wie vorher.
Und noch schlimmer.
Wie ich reagiert hätte ohne den Einfluss der Drogen? Keine Ahnung, ich konnte mich nicht an alles erinnern.
Nur an das schönste und das Schlimmste.
Nachdem ich einigermassen wieder auf den Beinen war und mich durchgerungen hatte meine fettigen Haare zu waschen und mich mit kalter Dusche wach zu spritzen, schloss ich mich weitere drei Tage in meinem Zimmer ein, Schule oder meine Eltern oder sonst wer konnten mir alle am Arsch hangen.
Joe war der einzige Mensch dem ich die Tür öffnete, er war so lieb und mitfühlend und brachte mir das Essen hinauf.
Kein einziges Mal hatte er mit mir über das Geschehene geredet, er war nicht der überfleissige Helfer, und das war gut so, denn ich war ein Mensch der Zeit brauchte.
Viel Zeit um über alles nachzudenken und sich zu erholen.
Seine Wunden zu lecken und heilen zu lassen.
Oftmals dachte ich daran ob ich wieder nach Hause sollte.
Das Leben das ich hier geführt hatte einfach löschte und weiter machte wie bisher.
Doch mir war sehr wohl bewusst dass es mich nie wieder loslassen würde, alles was ich hier erlebt hatte.
Und ich entschloss mich zu bleiben, denn die Grüne wieso ich überhaupt abgehauen war hatte ich nicht vergessen.
Ich überlegte nicht ob ich sterben sollte.
Ich war verletzt gewesen und total zu, als ich diese Heulattacke hatte.
Jetzt war alles klar und ganz anders.
Ich hatte nicht mehr geweint, aber geschwiegen.
Das war meine eigentliche Art.
Und mein Schweigen sprach mehr als es tausend Worte getan hätten.
So melodramatisch dass ich mir gleich mein Leben nehmen wollte, sowas hielt ich für unnötig.
Denn ich hatte immer noch eine Aufgabe für die ich hier her gekommen war.
Ich wollte darüber schreiben wie es den Menschen hier ging.
Und zu was sie greifen mussten um selbst zu überleben.
Wie sie behandelt wurden und was ihnen angehängt wurde.
Es machte es schwerer für mich, die Seiten des Buches zu füllen, jetzt wo ich Lucas und Delila kannte.
Aber trotzdem durfte ich nicht alle Menschen aufgeben, nur weil zwei von ihnen es nicht verdient hatten, was ich versuchte für sie zu tun.
Da waren immer noch Menschen wie Joe der mich aufgenommen hatte ohne mir auch nur einmal zu nahe gekommen zu sein.
Und Mace, Lucas Bruder, der mich so bewunderte, seine Mutter die so freundlich und grosszügig war obwohl sie beinahe nichts hatten.
Es gab genug Leute für die es sich lohnte, ein Wort nacheinander aus meinen Fingern auf die Seiten fliessen zu lassen, die sich eine nach der anderen füllte bis die Worte Bilder in meinem Kopf spannen.
Berührende Bilder, aufzeigende Bilder die eine Botschaft sendeten nachzudenken und zu hinterfragen.
Ich hoffte dass diese Buh irgendwann helfen konnte etwas zu verändern.
Und es war mein Anker in der Woche, indem ich mich weder ins Sonnenlicht getraute noch einen Fuss vor die Türe meines Zimmers setzte.
Ich hatte Joe nicht gefragt ob er Kontakt zu einem aus der Gang gehabt hatte, sie liessen mich in Ruhe, nur Monique und Mara, die beiden netten Mädchen aus Lucas Schule hatten sich nach mir erkundigt und hatten sich treffen wollen.
Ich war nicht hin gegangen.
Ursprünglich hatte ich ihnen mit Lucas an der Hand gegenüber treten wollen. Doch jetzt wollte ich am liebsten gar Niemanden mehr sehen.
Das Leben und die Schule wartete nicht, auch die Arbeit.
Aber ich brauchte diese eine Woche um mich zusammen zu reissen, und in dieser Woche war ich nicht mehr als ein Geist der nicht mehr existierte.
Joe war trotzdem für mich da und tröstete mich ohne jegliche Worte. Er war wir ein Vater, was traurig war denn mein echter Vater genoss wahrscheinlich gerade die Ruhe in dem sauberen und geordneten Haus indem nie ein Fehler passieren durfte.
Heute aber kam nicht Joe zu mir hoch, sondern Jonny.
Der klein gewachsene und aufgestellte Junge mit der Mütze hatte sie abgenommen und seine zerzausten Haare sahen wirklich lustig aus.
Betreten knetete er seine Mütze zwischen den Händen als ich die Türe öffnete.
Zum Glück hatte ich meine Haare frisch gewaschen und etwas anständiges, sprich Hose und Shirt an, damit er nicht Lucas ausrichtete wie miserabel es mir wegen ihm ging.
"Hi."
Sagte ich tonlos und starrte ihn viel zu unfreundlich an, dabei hatte der arme Junge gar nichts gemacht.
"Kann ich rein kommen?"
Nein.
"Nein."
Ich sagte es und meinte es auch ernst.
Was auch immer er versuchte, ob Lucas sich einen Wingman gesucht hatte oder ob er Jonny schickte um sich für ihn zu entschuldigen, ich wollte es gar nicht hören.
"Bitte Tessa ich will mit dir reden."
Ich machte Anstalten die Türe zu schliessen.
"Ich will nichts hören was Lucas dir gesagt hat."
Ich war nicht die imposanteste, aber ich konnte so eisig sein wie gefrorener Schnee dessen Spitzen kleine Nagetiere aufspiesste und sie erbarmungslos den Raubtieren auf dem Silbertablett servierte.
Jonnys Fuss stellte sich blitzschnell zwischen die Türe.
So viel Kraft hätte ich dem kleinen Kerl gar nicht zugetraut.
"Lucas hat mich nicht Geschick wenn es das ist was du denkst."
Seine Stimme war beharrlich, ich sah es seinem sturen Blick an dass er nicht gehen würde bevor ich ihm nicht zugehört hatte.
Also nickte ich langsam aber unüberzeugt und trat zurück, um ihm herein zu lassen.
Mit einem Nicken trat er herein und setzte sich auf mein Bett, ich blieb vor ihm stehen und starrte auf meine Hände die vor meinem Bauch verschränkt waren.
"Also was willst du."
Murmelte ich und beobachtete dann wie er seine Kappe knetete als wäre er der beste Bäcker der Welt.
Nur verwendete er eben Wolle anstatt Brotteig.
"Es geht um Lucas. Ich weiss du willst nichts hören aber ich muss es dir erzählen."
Sofort schoss mein Blick hoch.
Vielleicht etwas zu schnell.
Eigentlich musste ich diesen Jungen hassen, aber sofort machte ich mir Sorgen um ihn.
Was wenn Mace etwas zugestossen war oder er sich irgendetwas angetan hatte.
Vielleicht aus Frust jemanden Provoziert hatte und sich in zu grosse Probleme geritten hatte?
Eigentlich wollte ich sagen er solle gar nicht mit ihm anfangen, aber mein Mund machte sich selbstständig.
"Was ist mit ihm passiert?"
Kurz beobachtete mich Jonny aufmerksam, es entging ihm leider nicht wie ich plötzlich zuhörte.
Konnte mir aber auch egal sein.
"Er ist...sagen wir mal düsterer als jemals zuvor.
Und das heisst etwas."
Ich legte den Kopf schief während Jonny sich ratlos durch die Haare fuhr.
"Ich weiss was er getan hat war scheisse und ich kann es nicht rechtfertigen oder git reden..."
"Kannst du nicht."
Bestätigte ich, nur für den Fall dass er es dennoch versuchen würde. Das würde ich ihm übel nehmen.
"Ja, aber er hat seitdem kein Mädchen angesehen.
Nicht einmal Delila hat er wahrgenommen und sie hat sich wirklich ins Zeug gelegt. Es ist als wäre alles unsichtbar was ihn früher angesprochen hatte."
Kurz stockte ich. Er hatte also doch nicht so einfach die nächste geholt? Das war unerwartet. Trotzdem hiess es gar nichts, auch wenn sich ein Teil von mir gewaltig daran klammerte, an den Glauben dass
Er das für mich tat und er es so lange tun würde bis ich ihn vielleicht, oder vielleicht auch nicht, wiedersehen würde.
"Um ehrlich zu sein dachte ich er kommt schnell über dich hinweg."
Verlegen senkte er den Blick doch es war schon okey, das hatte ich ja auch gedacht.
"Aber er ist völlig scheisse drauf, er hat sich beinahe mit allen aus der Gang verkracht und lässt niemanden an sich heran, immer wenn ich mit ihm über dich reden will, blockt er total ab und er beginnt unvorsichtiger zu werden.
Ich mache mir wirklich Sorgen was er noch anstellen wird."
Kurz schwieg ich und spielte mit meinen langen Nägeln.
"Und was erwartest du jetzt von mir?"
Jonny seufzte betroffen.
"Er hat mich zum heulen gebracht und mir altmodisch gesagt das Herz gebrochen.
Und jetzt soll ich irgendwie helfen damit es ihm besser geht? Ist ja nicht so als wäre ich hier die Leidende!"
Eilig schüttelte Jonny den Kopf, es schien ihn nicht gross zu kümmern wie aufgebracht ich war.
"Nein, das verstehst du nicht. Er ist wegen dir so drauf.
Wenn du ihm so egal wärst würde er diese Nummer nicht abziehen. Aber er zieht sich so zurück wie damals als es Mace einmal schlecht ging.
Wenn es so weiter geht wird er sich total abschotten. Und ich, wir alle, wollen ihn nicht verlieren."
Ja sie wollten ihn nicht verlieren.
Und dafür durfte ich jetzt her.
Aber anscheinend juckte es Niemanden dass ich mich hier miserabel fühlte und ich nicht die war die sein Herz zerstückelt hatte nachdem wir miteinander geschlafen hatten.
Ich presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.
Einerseits wollte ich ihm helfen denn ich wusste wie schwer es für seine Familie war, wenn er sich so benahm.
Aber andererseits schuldete ich ihm gar nichts.
Niemand würde mich dazu bringen ihm zu helfen wenn er mich davor so verletzt hatte wie er es getan hatte.
"Ich kann dir nicht helfen Jonny. Von mir aus kann er auch Krieg mit der Mafia anfangen. Es ist seine Sache und es geht mich nichts mehr an."
Er stand ebenfalls auf, etwa gleich gross wie ich.
"Aber du bist die Einzige die zu ihm durchdringen kann! Schon früher hat er auf dich besser reagiert als auf alle von uns, du hast diese Wirkung auf ihn."
Ich hörte wie sehr er versuchte mich zu überzeugen.
"Nein."
Ich wehrte ab, klar und deutlich, ohne das kleinste Schlechte Gewissen. Gelogen, ich hatte schon eines und trotzdem hatte er es nicht verdient.
"Aber du bist seine Freundin."
Versuchte er es erneut und ich verspannte mich.
Das war der falsche Begriff.
"Ich war seine Freundin, bis er mich an ein Snickers verkauft hat."
Zischte ich und hörte mich beinahe an wie eine fauchende Katze sodass Jonny mich kurz perplex anstarrte.
Dann nickte er nur langsam, er sah ein dass es keinen Sinn ergab mich überreden zu wollen.
"Okey, aber würdest du dann wenigstens mit mir etwas machen? Joe hat mir gesagt dass du dein Zimmer nicht verlassen hast, etwas frische Luft würde dir gut tun."
Flehend sah er mich an.
Es war keine schlechte Idee und ich hatte schon zu lange keine frische Luft mehr geatmet.
Ich musste aus meinem Depressiven Kreis wieder raus kommen und das war die beste Gelegenheit dazu.
"Und du versprichst das wir nicht zufällig Lucas über den Weg laufen?"
So dumm war ich nämlich nicht.
Jonny lächelte schwach, aber man sah wie sehr das Ganze auch an ihm zehrte und es tat mir leid, das ich so rein geplatzt wag und alles so kaputt geschlagen hatte.
"Versprochen."
Er nickte und ich atmete langsam aus, wenigstens ihn konnte ich wieder in mein Leben lassen, denn langfristig gab es keine andere Lösung als wieder von vorne zu beginnen und weiter zu machen.
"Okey, dann lass uns gehen."Kein Ereignisreiches Kapitel ich weiss, aber in den nächsten wird es wieder besser, und zwischen Katastrophen und neuen Vorfällen muss es auch einen ruhigeren Teil geben.
Hoffentlich hat er euch trotzdem gefallen und ihr wartet so fleissig wie man eben warten kann aufs nächste Kapitel. ❥
Love ya all
Tala
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This is Life *beendet*
Novela Juvenil•Er rieb sich seine Wange und grinste schief, während ich geschockt auf meine Hand sah. „So leicht willst du mir mein Glück wohl nicht geben. Aber so leicht gebe ich auch nicht auf."• Sie kommt aus der Oberschicht, kennt keine Probleme und ist den g...