"Ich werde nicht abhauen."
Sagte ich ruhig und die Blicke richteten sich auf mich.
Delila wollte erneut etwas sagen doch ein scharfer Blick von Lucas liess sie verstummen.
"Also los.
Sobald wir vor dem Gebäude sind lenkst du sie ab, wir gehen rein und raus und schalten die Bullen aus."
Lockvogel also, das konnte ich gut spielen und ich war ehrlich gesagt auch froh keine Waffe bekommen zu haben.
Ich wusste nicht ob ich stark genug war sie zu benutzen.
Aber auch Stärke konnte man es nicht nennen, andere zu verletzten.
War es nicht wahre Stärke zu verzeihen?
Eigentlich schon, aber Verzeihen nützte den Leuten hier wenig, sie wurden dennoch genauso weiterbehandelt und hatten deshalb keinen Grund sich nicht aufzulehnen und zu wehren.
Es war ein Teufelskreis und nichts deutete darauf hin dass sich das in den Ghettos der Bronx ändern würde.
Ohne weitere Worte liefen sie raus, jeder brauchte die Ruhe um sich zu sammeln, es war nicht alltäglich seine Freiheit und sein Leben zu riskieren, jeder musste mit sich selbst Frieden schliessen, falls er nicht mehr zurück kam.
Bei den Gedanken dass das wirklich sein konnte und dass ich hier mitmachte rutschte mir das Herz in die Hose und ich war wirklich kurz davor abzuhauen.
Aber ich konnte sie nicht im Stich lassen und trotz meiner Angst zog ich mir das Tuch über den Mund und folgte den anderen mit weichen Knien.
Ich war im
begriff etwas zu tun das andere als Pure Dummheit oder Naivität bezeichnen würden.
Icv machte mich strafbar und das für einen Mann den ich nicht einmal richtig kannte.
Aber ich wollte den Zusammenhalt hier auch spüren, ich wollte erleben was die anderen tagtäglich erlebten um nicht länger einer aus der Oberschicht zu sein, und sie endlich verstehen zu können.
"Alles klar, Prinzessin?"
Lucas Stimme war gesenkt und seine Nase sowie Mund waren verdeckt,doch seine Augen leuchteten Warm aber unruhig als er mich ansah.
Ich war verwirrt, so viel Wärme hatte ich bei ihm zuletzt bei dem kleinen Jungen festgestellt.
Aber dann erkannte ich dass er sich nur so nahe an mir hielt um mich beschützen zu können.
Es war nicht das hellste was ich von mir gab und könnte gewaltig nach hinten losgehen.
"Machst du dir Sorgen um mich?"
Er sah mich noch immer schweigend an und sein Atem bewegte das Rote Tuch um seinen Mund.
"Nein."
Mein blödes Herz zersplitterte mit einem Pling und ich nickte leicht, bevor ich den Blick abwandte.
Doch er drehte meinen Kopf wieder zu sich zurück.
"Ich habe Angst um dich."
Meine Augen wurden gross, von Angst hatte er noch nie gesprochen.
"Und dass ich Angst um dich habe, macht mir auch Angst.
Du siehst also, du bist mir nicht egal."
Mein Mund stand offen und ich sah ihm nach, als er, ohne mir eine Gelegenheit auf eine Antwort zu geben, zu Mike nach vorne aufschloss.
Er hatte mir mit seinen Worten gerade gesagt dass ich ihm etwas bedeutete, einem Jungen der Bronx, einem Kämpfer.
Mein Herz flatterte in meiner Brust und ich atmete leise aus, um mich wieder zu konzentrieren, was mir extrem schwer fiel.
Dann bemerkte ich einen stechenden Blick.
Als ich den Kopf wandte sah ich Delila, wie sie mich mit vor Wut dunkeln Augen ansah und als ich den Mund öffnen wollte um irgendetwas zu sagen, verschnellerte sie ihren Schritt energisch und holte zu mir auf.
"Wenn ihm jemals etwas passiert bist du schuld."
Zischte sie und ich blinzelte überfordert.
"Wie meinst du das?"
In ihrem Blick flackerte etwas wie Schmerz auf.
"Bevor du kamst war alles so gut, doch jetzt wird er dich beschützen, und so wird er sich sein komplettes Leben versauen."
Ich schüttelte den Kopf und öffnete die Lippen zum Widerspruch, sie sah mehr als es war.
Ich zwar auch aber bei mir war es entschuldbar.
"Nein, er will mich nicht..."
"Er will, und er wird. Aber denkt dran, du bist dran wenn du sein Leben zerstörst."
Ihr war anzusehen dass sie das nicht vergass und es schien ein Stummes Versprechen zu sein, mich vom
Bildschirm zu wischen.
Doch mein Herz pochte viel zu schnell, es war merkwürdig was ich gehört hatte und dennoch hätte ich es gerne aufgenommen und in Endlosschleife gehört.
Wir liefen durch die Strassen, um die Mittagszeit wo die Sonne heiss herabbrannte waren die meisten Leute in ihren Häusern.
Und die die es nicht waren, machten entweder mit gesenkten Blicken Platz, wahrscheinlich um nicht in Schwierigkeiten hinein gezogen zu werden, oder beobachteten uns interessiert.
Als wäre es das normalste.
Bei uns, ich korrigieren, im Viertel meiner Eltern hätte solch ein Anblick gleich für Schlagzeilen gesorgt und am nächsten Tag wäre bestimmt ein Artikel, völlig übertrieben, auf der Titelseite der Zeitung gelandet.
Ich fühlte mich unwohl, weil ich wusste, was ich im
begriff war zu tun.
Aber dennoch hatte es etwas berauschendes, in der Mitte einer Gang zu laufen, von gefährlichen Leuten.
Das Machtgefühl das sich in einem breit machte, ich wusste dass ich nicht mehr wehrlos war und alles hinnehmen musste.
Ich war imstande erfolgreich die Singe zu verändern.
Vielleicht war das ein Grund wieso so viele Leute hier zu Gewalt oder illegalen Geschäften griffen.
Ich dachte mir, wieso wir nicht in der Nacht gehen würden.
Aber Mike, der noch immer neben mir lief, erklärte es mir, ohne dass ich die Frage aussprechen musste.
"Das Revier hier ist klein, alle denken wir haben zu viel Schiss, vor allem
Tagsüber.
Aber in der Nacht trauen sie uns eher Überfälle zu und verdoppeln die Wachen.
Also gehen wir jetzt, wo wir wissen dass wir gute Chancen haben."
Ich nickte und atmete den Geruch von Eisenbahn und Öl ein, das auf der unebenen Strasse in allen regenbogenfarben glitzerte.
"Werdet ihr ihnen weh tun?"
Es war eine dumme Frage, wieso sollten sie sonst Messer oder Pistolen mitschleppen?
Natürlich nicht um einen Überfall vorzutäuschen.
Aber dennoch, ein kleiner Teil in mir wollte nicht wahr haben dass sie sich nicht aus Spass prügelten, sondern es wirklich ernst meinten und Menschen dabei umkommen könnten.
Ich selbst würde niemals jemanden töten können.
Vielleicht wenn ich hier aufgewachsen wäre, oder so viele harte Dinge erlebt hätte wie sie.
Aber ich war in eine ganz andere Welt hineingeboren worden.
Eine, die diese in der ich mich nun befand höchstens durch die Lästereien an den Galas kannten, bei denen man mit einem Sektglas herum stand und sich das Leben schön redete.
Ich richtete den Blick nach vorne und belerkte die plötzliche Anspannung von allen.
Sie hatten viel mehr zu verlieren und erst Recht ging ihre Nervosität auf mich um.
Es war eine dumme Idee.
Eine ganz schlechte Idee mit der ich mir womöglich die Zukunft versaute nur um einen Menschen zu retten den ich nicht einmal kannte.
Ich wusste wie es hier lief, in solchen Momenten dachte man nicht an sich selbst und genau deshalb war ich der Meinung, dass diese Leute tagtäglich über sich hinaus wuchsen und wir anderen Menschen uns eine Scheibe an ihnen abschneiden konnten.
Dann blieben sie stehen und ich war kurz davor zurück zu laufen und mich in meinem Zimmer einzuschliessen, um mein rasendes Herz und meinen flachen Atem unter Kontrolle zu bringen.
"Hast du Angst? Oder willst du dir einfach nicht deine Hände schmutzig machen?"
Delila hörte sich an als hätte sie es erwartet, beinahe so als würde sie den Anderen zeigen wollen, dass sie von Anfang an gewusst hatte was ich tat.
In diesem Moment hätte ich sie umarmen können, denn die unausgesprochene Herausforderung musste ich annehmen, mein Stolz liess nichts anderes zu.
Meine Angst war nur noch ein kleiner Faktor, ich wollte ihnen beweisen dass ich nicht so verabscheuenswert war, wie die Leute die sie schon kannten.
"Sobald ich raus renne erledigt ihr die Bullen die mir folgen und die im Innern."
Ich klang mehr fragend, und es schauderte mich, als ich das Wort "erledigen" benutzte.
Es hörte sich so endgültig an.
Als gäbe es keine andere Möglichkeit.
Ich wusste es nicht. Ich war nicht von hier, womöglich gab es wirklich keine.
Ich sah dabei Lucas an der bestätigend nickte.
"Du kommst erst rein wenn alles gesichert ist, dir wird nichts passieren."
Ein Fassungsloses Schnauben von Delila wurde von einem grinsen von den Jungs begleitet.
Aber ich war von den Worten mehr als beruhigt, wenn er das sagte meinte es ernst.
"Na gut."
Murmelte ich und drängte den Kloss aus Angst meinen Hals hinunter.
Lucas legte für eine halbe Sekunde seine Hand auf meine und beruhigende Wärme floss auf mich über, während er mich mit einem Blick ansah, der mir zu sagen schien dass er da war. Und nicht zuliess dass mir etwas zustiess.
Vielleicht waren das auch nur Worte meiner Fantasie, doch so sanft hatte ich ihn nicht oft gesehen.
Ich bemerkte wie Mikes Augen sich merklich verdunkelten, und dann war der Moment auch schon vorbei.
"Ich geh rein."
Sagte ich und rückte mein Tuch zurecht.
Jetzt vershand ich, das es nicht nur dazu diente das Gesicht zu wahren.
Es war auch eine Art Schutzschild, ich konnte mich dahinter verstecken und zu Jemand anderem werden, bevor ich es wieder abzog.
Von Cloe zu Tessa.
Von Scheu zu mutig.
Von berechnend zu loyal.
Ich wusste nicht welche Seite besser war aber in diesem Moment brauchte ich jede Menge Selbstbewusstsein, das Meiste wurde mir von dem Tuch geliefert.
Die andern hielten sich an der bröckeligen Mauer in der Nähe von eine Baum, etwas von dem wenigem Grün das ich hier bisher gesehen hatte.
Die schmale Strasse würde irgendwann auf eine Hauptstrasse treffen, doch jetzt lag sie verlassen da und über dem Beton flimmerte die Luft.
Die Station sah eigentlich aus wie die anderen Häuser darum herum, nur die Streifenwagen deuteten an, dass es hier keine Besuchsmöglichkeit gab.
Ich sah kurz zurück, man konnte die anderen unter den ganzen beige Tönen nicht mehr erkennen und ich wusste dennoch dass sie jeden meiner Schritte beobachteten
Es war nun Zeit ihnen zu beweisen wer ich wirklich War und dass ich niemals so wie die anderen aus meinem Viertel reagieren würde.
Ich wollte es ihnen beweisen, damit sie mich mit anderen Augen ansahen, ohne das kleine Vorurteil das trotz allem nich immer in ihren Blicken zu finden war.
Aber noch viel mehr wollte ich mir etwas beweisen.
Ich wusste nicht was, Mut, neue Grenzen, die Loyalität eine Dummheit zu begehen oder einfach rebellisch zu sein, gegen das Brave Leben dass ich führte.
Eine Rebellion die bereits jetzt meine Sicht auf viele Dinge verändert hatte.
Eine, nach der ich nun, in diesem Moment bereit war durchzuführen.
Es war eine Geschichte, eine die ich später noch erzählen würde.
Und dann könnte ich von mir sagen, dass ich die Erste aus meinem Viertel war, der die Augen geöffnet wurden.Was denkt ihr, würdet ihr mitmachen nach allem was ihr gesehen habt oder nicht?
Ich bin gespannt und will einmal mehr danke für die vielen Kommentare sagen, es ist Balsam für jede Schreiber Seele :)
Bis bald, love you my little stars
Tala
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This is Life *beendet*
Teen Fiction•Er rieb sich seine Wange und grinste schief, während ich geschockt auf meine Hand sah. „So leicht willst du mir mein Glück wohl nicht geben. Aber so leicht gebe ich auch nicht auf."• Sie kommt aus der Oberschicht, kennt keine Probleme und ist den g...