„Lenk nicht ab, Junge. Wer ist das Mädchen? Sie sieht nicht so aus als fühle sie sich besonders wohl!", fauchte Jester ungehalten.
Cain zuckte mit den Schultern, würdigte mich nicht einmal eines Blickes, während ich selbst die gereizte Haut an meinem Hals berührte und mich bemühte wieder zu Atem zu kommen. Mein Schuldirektor war mir gleich viel sympathischer geworden, wenn nicht weil er seine Rudelmitglieder zu Recht wies, dann weil er zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war – Karma schien sich doch Auszugleichen.
„Ihr Name ist Leiha. Aber das tut nichts zur Sache, oder? Du kannst es ja unserem Alpha petzen. Also, um was hat er dich denn gebeten?", der Schülersprecher klang weniger provokant als ich es gewohnt war. Er wäre auch dumm gewesen es nicht zu sein, immerhin war Direktor Lued kein geringerer als unserer Betha Wolf und damit die rechte Hand von Nathan. Ich sah zwischen den Beiden hin und her. Jester schien nicht begeistert von dem mangelnden Respekt den man ihm entgegen brachte, Cain hingegen wirklich angespannt und missmutig. Ich fühlte mich reichlich fehl am Platz und konnte auch nicht anders als große Augen zu machen als der Direktor skeptisch, wohl möglich auch etwas besorgt, zu mir herüber sah, ehe er sich wieder dem Einzelgänger zuwandte.
„Dein Bruder wird vermutlich schon Morgen Mittag hier eintreffen. Er möchte dich unverzüglich sehen – und ich würde dir Raten ihn nicht noch mehr zu verärgern. Die Geschichte mit den Campern hat ihn weit mehr Nerven gekostet als deine bisherigen Prügellein... Nein warte, das wäre ja ein Kampf unter gleich Starken... Deine Gemetzel, an schwächeren Rudelmitgliedern. Er ist wirklich wütend."
Ich wusste nicht ob ich meinen eigenen Augen vertrauen konnte, denn nach denen zu Folge wurde Cain um einige Töne bleicher als ohnehin schon. Meine Neugierde war geweckt, kitzelte meinen Abenteuerdrang und lockte mein Überlebensinstinkt mit süßen Versprechungen, Redewendungen. Etwas wie: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ich hingegen presste meine Lippen fest aufeinander, meinem tierischen Instinkt dieses Mal weit mehr trauend als meinem menschlichen.
„Schon Gut, schon Gut. Und dafür musstest du persönlich her kommen?", murmelte der Schülersprecher undeutlich.
Auf den Lippen unseres Direktors bildete sich ein breites, gar kindliches Lächeln: „Oh, Sicherlich. Den Ausdruck in deinem Gesicht wollte ich unter keinen Umständen verpassen. Du, äh... Leila, komm mit."
„Leiha...", korrigierte ich ihn leise, stand auf und folgte Jester auf den Flur hinaus. Auf den Weg nach draußen kam uns Lucian entgegen. Er zog Fragend eine Augenbraue hoch, suchte Blickkontakt mit mir und formte mit den Lippen ein »oh, oh. Nicht gut.« während er grinsend den Kopf schüttelte. Er hatte doch keine Ahnung, das Mr.Lued weniger eine Strafe als eher eine Rettung war. Vor dem Wohnheim blieb der Direktor stehen und drehte sich zu mir herum. Sein Blick blieb auf einem Punkt an meinem Hals hängen und ich ahnte was Cain dort hinterlassen hatte. Korrigiere, es wäre ein Wunder wenn dort kein blau-violetter Fleck zu sehen sein würde, so provokant wie er mich an dem Punkt gebissen hatte.
„Du solltest dich von Cain fern halten. Ich weiß nicht in welcher Beziehung du zu ihm stehst Leila-"
„Leiha..."
„-Aber er ist eine verkorkster Kerl der nur noch im Rudel ist weil sein Bruder zu weich mit ihm umspringt. Hat er dir etwas angetan?", Jester ließ sich nicht unterbrechen, klang aber ernsthaft besorgt. Während ich ihn erstaunt musterte, bemerkte ich wie passend sein Verhalten doch zu seiner Rolle passte. Vielleicht hatte Nathan ihm zu seinem Vertreter gemacht, weil er sich hier super eingliedert. Als ich Blickkontakt mit ihm hatte, wurden meine Augen etwas Größer und ich sah Instinktiv zu Boden.
„N-Nein. Sie haben ihn zu meinem Glück davon... abgehalten. Ich bin zu ihm gegangen weil ich eine Frage an ihn hatte, weil er doch Schülersprecher ist und so..." Ich schluckte, schallte mich einen Narren weil ich so dumm gewesen war zu glauben er würde mir helfen. Er war ein schlechtes Wesen, hatte mir meine Schulter aufgerissen und behandelte mich wie den letzten Dreck. Trotzdem konnte ich ihn nicht hassen. Ich mochte ihn nicht – kein Stück weit. Ich hatte sogar Angst vor ihm. Aber die Abscheu wollte sich einfach nicht zu Wort melden.
„Hm. Dann hättest du doch lieber zum Schulkomitee gehen sollen. Der Junge eben im Gang, Lucian, gehört zum Beispiel dazu. Er hätte dir die Frage sicher auch beantworten können.", erklärte der Direktor.
Lucian gehörte also zum Schulkomitee? Ich war überrascht, schließlich war er mir nicht besonders vornehm vorgekommen. Aber Hilfsbereit. Denn er war es gewesen der mir Cains Zimmernummer verraten hatte und sogar seinen Schlüssel anvertraut hatte. Ich biss mir auf die Unterlippe, kritisierte mich selbst dafür nichts eins und eins zusammen gezählt zu haben.
Es war geradezu ironisch wie meine vielen Bekanntschaften zueinander standen. Ryze, Ivy und Cain als Deltas. Dan als Anhänger von Ryze. Kia, auch wenn ich nichts mehr von ihr wissen wollte, zu Ivy. Ich nahm an Lucian gehörte auch zu Ryze, oder enthielt sich dieser ganzen Kleingruppen da er zum Schulkomitee gehörte. So betrachtet hatte ich wirklich seltsame Kontakte.
„Was wolltest du ihn denn Fragen?", hackte Jester nach, riss mich damit aus meinen Gedanken.
Ich blinzelte irritiert, brauchte einen Augenblick um meine Gedanken zu sortieren, und lächelte dann schüchtern ehe ich Antwortete: „Wie ich am besten mit einem Delta rede ohne das ich mir ein Drittel der Schule zum Feind mache." ... das fasste es eigentlich ganz gut zusammen.
Der Direktor wirkte nachdenklich und keineswegs Glücklich über diese Antwort. Ich zuckte mit den Schultern während ich meinen Blick abermals senkte und mir dabei die Ironie bewusst wurde, dass es Werwölfe mit Modebewusstsein gab. Ein Werwolf der Nagel Neue Nike Schuhe trägt. Ganz reizend.
„Indem du ihnen schmeichelst."
Ich sah erschrocken auf. Mit so einer Antwort hätte ich nicht gerechnet. Gedanklich hatte ich mich darauf eingestellt Ablehnung aus der Stimme des Direktors zu hören. Worde wie »Das geht nicht« oder »sei nicht Albern«. Aber das es so einfach sein sollte mit Deltas zu sprechen schien mir doch etwas unrealistisch.
„Was ihr alle gerne Mal überseht ist, dass Deltas sich gerne in ihrem Ruhm baden. Sie lieben es Stark zu sein, also lieben sie es auch wenn man ihnen sagt sie seien stark. Oder schön. Attraktiv. So etwas halt. Es ist ziemlich einfach...", er zuckte mit den Schultern: „Aber nun ab mit dir. Es ist spät, morgen ist Schule und wenn ich höre das du zu spät gekommen bist wird ich dir persönlich Nachsitzen aufbrummen, Leiha."
Ich nickte eilig, musste Grinsen weil er sich meinen Namen schlussendlich doch gemerkt hatte. Doch noch während ich mich herum drehte und in die Richtung der Mädchenwohnheime eilte, wurde mir bewusst, dass ich nicht die Absicht hatte in mein Zimmer zu gehen. Ich wollte Kia nicht sehen, wollte nicht mit ihr sprechen oder im gleichen Raum schlafen wie sie. Aber welche Alternativen hatte ich? Noch einmal drehte ich mich um, starrte in die Richtung des Jungenwohnheims. Direktor Lued stand nicht mehr dort, also konnte ich genauso gut die Nacht bei Dan verbringen. Er würde mich bestimmt aufnehmen, wenn auch nur für eine Nacht.
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Omega: Academy of the Pack
Loup-garouDas Omega, ist das schwächte Glied im Rudel. Es wird herablassend behandelt und spielt den Sündenbock für all seine Gefährten - Doch im Gegensatz zu einem Wolf, ist ein Werwolf immer auch zum Teil menschlich. In einer Zeit in der die Gestaltwandler...