Kapitel 22

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Während ihn alle wie gebannt anstarrten, sah ich mich heimlich um. Es waren wahrhaftig viele Wölfe anwesend, mehr als ich zu Zählen vermochte. Doch ich war ziemlich gut darin zu Raten, also angenommen die Schule besaß etwa 400 Schüler, 30 Lehrer und noch einmal ungefähr genauso viele Personen für die Verwaltung, würde es sich hier wohl um knapp an die 500 Wölfe handeln. Ein Rudel das man sich noch vor hundert Jahren nicht hätte träumen lassen können, eine Armee wenn man es recht betrachtete. Ich senkte den Kopf ein wenig als mir Bewusst wurde das die hier Anwesende Zahl nicht einmal die Hälfte aller Werwölfe aus Nathans Rudel ausmachte. In meinem Kopf begann es zu rattern, wie wenn Zahnräder aneinander rieben um einen Mechanismus zu Aktivieren. Die Menschheit zählte 6 Milliarden Menschen – unter ihnen lebten meines Wissens nach sechs Rudel. Jedes Rudel besaß knapp mehr als ein Tausend Mitglieder. Obwohl die Zahlen hoch klang, war es keine hohe Population.
Das dominante knurren lenkte meine Aufmerksamkeit reflexartig auf unseren Alpha. Ohne Worte auszutauschen verstanden wir uns. Das Rudel mit dem einzelnen Individuum. Diese Nacht gehörte uns, von diesem Moment an würden sich die Tiere des Waldes vor uns verstecken und ausnahmsweise, gehörte ich wirklich dazu. Ich roch wie sie. Mich verlangte es nach dem gleichen Blut wie sie. Ich wollte reißen. Zerfleischen, töten... Morden.
Nathan jaulte in die Nacht hinein, den Kopf zum Mond gestreckt, und ich beobachtete wie immer mehr Schüler und Lehrer in seinen Ruf einstiegen. Auch in mir kribbelte es. Ich wollte mitsingen, meine Stimme erheben und Teil der Jagd sein. Ehe ich mich versah stieß auch ich meinen Ruf aus, so wie alle anderen, verspäteten Einsteiger.
Mr.McRoads knurren beendete unser Lied. Das war der Startschuss. Um mich herum brach so ein durcheinander aus das ich nicht unterscheiden konnte welcher Wolf mit wem rannte, wen von ihnen ich kannte, wen ich mochte oder nicht mochte. Und obwohl mir das Gewusel Angst machte, rannte ich einfach los, vorbei an Büschen und Bäumen, an Sträuchern und Wurzeln, Steinen und Blätterhaufen, sprang über einen umgeworfenen Baumstamm und wirbelte Staub auf als ich einer Schlammpfütze durch einen Hechtsprung auswich. Ich hatte mich an den Geruch eines Fuchses gehaftet, auch wenn solche kleineren Raubtiere nicht unsere üblichen Jagdtiere waren so dürstete es mich weniger nach Fleisch, als nach der rohen Gewalt.
Schon im nächsten Moment hatte ich den dicht Bewaldeten Ort hinter mir gelassen und fand mich auf einer Lichtung wieder. Verwirrt, aber auch Zufrieden, erspähte ich den dort ruhig sitzenden Fuchs und verfiel in Kauer Haltung. Das Tier sah mich an, wirkte ruhig, beinahe wissend. Ich fletschte mit den Zähnen, knurrte, spannte meine Muskeln an... und hielt völlig perplex inne als der Fuchs zu lachen anfing.
»Hihi..hi...haha...hahaha!« wüsste ich es nicht besser, wäre ich der festen Meinung gewesen die Stimme triefte voll Wahnsinn, kam nicht aus dem Mund des Tieres sondern war allzeit Präsenz, wie eine Existenz. Vielleicht Telepathie »Hab ich Letzt Endlich doch einen Omega gefunden! Das... hihi, macht mich so Glücklich!«
Meine Ohren zuckten nervös, ich sah mich um, konnte jedoch außer den Fuchs niemanden ausmachen. Wo blieben die anderen Wölfe wenn man sie einmal brauchte?
Wieder lachte der fremde, eindeutig männliche Kerl. Fragen um Fragen türmten sich in meinem Kopf auf, wurden überschattet durch meine animalischen Instinkte. Ich ringt mit mir, Vernunft gegen Instinkt, Panik gegen den Willen anzugreifen. Den Wunsch mich zu Unterwerfen und gleichzeitig in einer stolzen Geste das Kinn zu heben.
»Los, los! Greif mich an! Los, töte diesen Körper! Hahaha!«
Doch das musste ich nicht. Aus den Büschen hörte ich anderes geknurre, kurz darauf standen mehrere Wölfe auf der Lichtung, stürzten sich auf den Fuchs und rissen ihn in mehrere Teile. Ich schüttelte den Kopf, riss mich wieder zusammen und half den Anderen um selbst noch etwas von der Beute abzubekommen. Meine Begleiter schienen nicht verwirrt, sie hatten die Stimme also nicht gehört. Bedeutete dies, ich wurde verrückt?

Ich schloss mich der Gruppe an, wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, doch schon bald hatte ich das Gefühl den Kopf heben zu müssen. Links von mir. Ich entfernte mich von der Gruppe, steuerte auf eine Sandkuhle zu und erkannte vor Schock wie dort Nathan und Cain kämpften. Wieder. War Cain nicht eingesperrt gewesen? Die beiden knurrten sich an, rangen miteinander und bissen sich. Ich wurde wütend – was erlaubte Cain sich ihre Arbeit kaputt zu machen!?
Es war ein kurzer, flüchtiger Schub der mich dazu brauchte zu den Beiden zu rennen und mich auf Cain zur stürzen. Mein Angriff kam selbstverständlich vollkommen überraschend und so kullerten wir Beide auf dem Boden, einige Meter von unserem Alpha weg. Als wir zum Liegen kamen, stand ich erstaunlicher Weise über dem Schülersprecher, der mich anknurrte, zu meinem entsetzten aber nicht angriff. Mein wölfisches Ich übernahm die Führung, ich stupste ihn mir der Schnauze an, erst an der seinen, dann an seinem Ohr. Cain beruhigte sich, murrte nur noch leise, doch das nahm ich hin, trat von ihm weg, und erlaubte ihn aufzustehen... Nicht das er es nicht auch so gekonnt hätte wenn er es Tatsächlich drauf angelegt hatte.

Omega: Academy of the PackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt