Kapitel 16

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Ich trat von der Bühne und angelte mir eine Flasche Wasser. „Das war schon sehr gut Leute, wirklich. Ich glaube allmählich, dass das wirklich gut werden wird. Ist zwar nicht mehr viel Zeit, aber ihr werdet dieses Stück rocken", sagte Roy zufrieden und versenkte seine Hände in seiner Hosentasche.
„Hast du etwa jemals an uns gezweifelt?", fragte ich und Roy lachte.
„Nicht im mindesten, meine Liebe." Ich stellte die Flasche grinsend wieder hin, als Aidan zu mir trat.
„Was meinst du, hast du noch ein paar Stündchen Zeit für mich?", fragte er und legte seinen Arm um mich.
„Hmmm...ich weiß nicht, ich hab noch einiges zu tun"
„Na schön, aber ich kann dich ja sicher noch ein Stückchen begleiten."
„Sicher", sagte ich und ließ mich von Aidan aus dem Raum führen.
„Schönes Wochenende!", rief ich den Anderen noch schnell.

„Wann kriege ich eigentlich deinen Freund Dean mal zu Gesicht?", fragte ich Aidan.
„Also eigentlich dachte ich morgen?"
„Warum hast du mir das denn nicht früher gesagt?"
„Ist doch egal wann. Hab ihn ja auch erst gestern gesehen." Aidan zuckte mit den Achseln, aber eigentlich war es ja auch egal.

„Und wo treffen wir ihn?", wollte ich wissen.
„Ich wollte ihm die Stadt ein bisschen zeigen. Fällt dir irgendwas ein, außer London Eye oder Hyde Park oder so? Ich meine er hat einen Hund..."
„Ich hab ehrlich keine Ahnung, was Touristen interessiert... Aber ich glaube so typischen Touristenkram kann der auch selbst machen. Wie wäre es, wenn du ihm zeigst, wo du gerne hingehst?", schlug ich vor.
„Ja, das kann ich auch machen. Aber ins London Eye wollte Dean unbedingt gehen." Ich zuckte mit den Schultern.
„Von mir aus. Ist zwar arschteuer und man steht ewig an, aber okay."
Aidan grinste nur. „Also, ich wollte mit Dean vielleicht zum Breakfast Club in Covent Garden gehen, was meinst du?"
„Ja, ist doch gut."
„Kommst du mit?" Ich nickte.
„Ich hole dich morgen um 12 Uhr ab, in Ordnung?", fragte Aidan und stieß die Tür nach draußen auf.
„Was?", fragte ich erschrocken und wäre fast stehen geblieben. Aidan konnte mich nicht abholen, unmöglich.
„Ich habe gesagt, ich hol dich ab."
„Aber das ist doch ein Riesenumweg, ich komme zu dir. Das macht doch viel mehr Sinn."
Aidan zuckte nur mit den Achseln, warf mir aber einen komischen Blick zu. Wahrscheinlich, weil mich das Abholen direkt so aufgeregt hatte. „Von mir aus."
Ich atmete erleichtert aus und entspannte mich.
„Dean freut sich schon, dich kennen zu lernen", sagte Aidan auf einmal.
„Ach ja?"
„Ja. Wieso wundert dich das so?"
„Tut es nicht. Aber ich freu mich auch drauf." Aidan lächelte.
Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile über London und Plätze, die wir Dean unbedingt zeigen wollten, bis wir uns trennten und jeder seinen Weg ging.

Ich schloss meine Haustür auf und überlegte mir schon mal eine Ausrede für morgen. Ich wusste, dass es Sebastian ohnehin schon nicht passte, dass ich ständig weg war. Und es war lange her, seit wir das letzte Mal zusammen weg gewesen waren – mal abgesehen von Geburtstagsfeiern oder Partys auf denen wir eingeladen waren.
Beim Abendessen erzählte ich ihm dann, dass ich morgen zu meinen Eltern fahren würde. Er mochte meine Familie nicht besonders, also lief ich keine Gefahr, dass er mitkommen wollte.
„Brauchst du dafür das Auto?", wollte er wissen und pikste eine Kartoffel auf.
„Ne, ich nehm den Zug." Eigentlich brauchte ich das Auto ja nicht wirklich morgen. „Gut." Ich lächelte kurz gequält und widmete mich wieder meinem Essen. Den heutigen Tag würde ich schon überleben und morgen hatte ich einen ganzen Tag nur Aidan.

-

Pünktlich um 12 Uhr stand ich bei Aidan und klingelte. Ich summte enchanted vor mich hin und wartete, dass Aidan irgendwann auch mal die Tür aufmachte, er ließ sich nämlich ziemlich lange Zeit. Aber dann öffnete sich die Tür und Aidan stand in seiner blauen Jacke vor mir. Ich hielt für einen Moment die Luft an.
„Hey Liv, ich bin fast fertig, kannst ruhig reinkommen." Und schon war er wieder verschwunden. Ich folgte ihm langsamer und atmete wieder aus. Er hatte den blauen Fleck nicht entdeckt. Aber ich hatte ihn heute Morgen auch gut überschminkt, wo ich mir von Jon ein paar Produkte ausgeliehen hatte. Harte Zeiten erfordern eben harte Maßnahmen.
„Ich bin fast fertig", hörte ich plötzlich eine raue Frauenstimme mit stark russischen Akzent. Ich lugte herein und entdeckte eine mittelalte Frau mit Staubsauger in der Hand. Sie musste Olga sein.
„Hallo", sagte ich freundlich und blieb in der Tür stehen.
„Hallo", sagte sie musterte mich kurz und lachte dann.
„Hast dir ja eine Süße geangelt." Aidan warf mir einen entschuldigenden Blick zu. Olga indes saugte mit einer Seelenruhe weiter.
„Ja danke, Olga. Du kannst jetzt gehen, Ich bezahl dir auch die angefangene Stunde voll", sagte Aidan leicht genervt. Sofort zog Olga den Stecker.
„Schon gut. Dann wünsche ich den beiden viel Spaß", sagte sie gedehnt und bugsierte den Staubsauger unter viel Lärm in eine winzige Kammer hinter der Tür, die ich bisher noch nicht bemerkt hatte.
„Ja danke", sagte Aidan ungeduldig und zog das nötige Geld aus dem Portemonnai.
Olga hatte kaum die Tür geschlossen, als er ihr das Geld in die Hand drückte. „Tut mir leid, dich so rauszuschmeißen, aber ich habs eilig."
„Schon gut, Mr Turner", sagte sie und ging an mir vorbei nach draußen, während sie die Scheine zählte. Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck drehte sie sich noch einmal um. „Schönen Tag noch." Und dann war sie verschwunden.

Smoke and Roses (Aidan Turner)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt