Kapitel 28

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Am Nachmittag war Aidan immer noch schlecht gelaunt. Er zog sich ein T-Shirt über und fluchte, als er sich fast wieder seine Lippe aufriss, als er den Saum des T-Shirts übers Gesicht zog. „Wenn ich den nochmal sehe...", grummelte er und fuhr sich aggressiv durch die Haare.
„Er hat es doch zurückbekommen. Ich wette er sieht noch viel schlimmer aus als du", versuchte ich Aidan zu beruhigen. „Allerdings. Ich hoffe der sitzt jetzt alleine Zuhause und heult", antwortete Aidan gehässig.
Ich schüttelte nur den Kopf. Aber wahrscheinlich hatte Aidan sogar recht damit und er saß Zuhause trank sein Bier und hasste uns so abgrundtief, dass man es schon in 100 Meter Entfernung riechen konnte.
„Jaja, jetzt komm, wir müssen los", sagte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

Als wir wenig später ankamen, stand Lukas draußen und rauchte. Kaum dass er uns sah, schreckte er hoch und richtete sich auf. „Hey, Aidan, Liv. Wie geht's euch?", fragte er besorgt.
„War schon schlimmer", brummte Aidan nur und zog seine Packung Zigaretten aus der Tasche. „Sieht aber ziemlich übel aus, dein Auge."
Aidan zuckte nur mit den Schultern. Wie auch gestern schon, nahm ich mir auch eine Zigarette und erntete einen überraschten Blick von Lukas. „Ich wusste nicht, dass du rauchst."
„Doch, doch. Tu ich."
„Naja, jedenfalls wollte ich mich nochmal entschuldigen, wegen gestern. Ich weiß, ich hab überreagiert und..." Aidan schüttelte den Kopf. „Der hat es dich verdient. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen."
Lukas warf Aidan einen zweifelnden Blick zu. „Es war trotzdem nicht richtig. Ich hätte mich beherrschen sollen."
Seine Stimme wurde immer leiser und auf einmal kam mir die Vermutung, dass es vielleicht nicht das erste Mal war, das Lukas die Beherrschung verloren hatte.
„Hey, es ist in Ordnung, okay?", sagte ich und legte einen Arm um ihn, „keiner ist dir deswegen böse und Sebastian geht es im Übrigen gut." Lukas nickte und atmete tief durch.
„Du brauchst dir also überhaupt keine Sorgen zu machen. Weiß Roy eigentlich schon von der Prügelei?", fragte ich.
Lukas nickte. „Schon seit gestern. Es ist natürlich nicht unbemerkt geblieben, dass einer mit dem Krankenwagen abgeholt wurde."
„War er sauer?"
„Das kann man so sagen. Er hat ziemlich rumgeschrien, aber Jon konnte ihn etwas besänftigen."
Ja, Jon konnte vermutlich jeden besänftigen, mit seiner ruhigen niedlichen Art. Eigentlich kein Wunder, dass jemand wie Lukas sich von ihm besonders angezogen fühlte.

„Hm, ich glaube ich muss mich nachher auch mal bei Roy entschuldigen. War ja schließlich meine Schuld", murmelte ich.
„Es war doch nicht deine Schuld, du hast niemanden geschlagen", sagte Lukas. Ich wusste, dass er sich einen Großteil der Schuld selbst gab.
Der Einzige, der sich wohl nicht schuldig fühlte, war Aidan.
Der hatte schon seit einiger Zeit nichts mehr gesagt, sondern stand einfach da und rauchte seine Zigarette.
Jetzt ließ er sie auf den Boden fallen und drückte den Glimmstängel mit dem Fuß aus.
„Gehen wir rein?", fragte er nur und öffnete schon die Tür.
Lukas und ich folgten Aidan nach drinnen, der schon nach wenigen Metern von Roy überrascht wurde. „Da seid ihr ja endlich! Los, zeig mal her dein Auge, Himmelherrgott, das sieht ja echt fies aus. Aber was schlagt ihr euch da wie ein paar wildgewordene Teenager, das war echt nicht sehr professionell."
Aidan fing an zu lachen, ein sarkastisches, freudloses Lachen. „Wieso? Haben unsere Rollen doch gut widergespiegelt."
Damit hatte er wohl mehr oder weniger Recht, bei Shakespeare prügelten sie sich ja auch ständig oder brachten sich gegenseitig um.
„Wir sind aber nicht im 16. Jahrhundert, Aidan. Und jetzt mach und geh zu Jon, wir können nur hoffen, dass er das hinkriegt, sonst haben wir wirklich ein Problem, und zwar ein ganz Großes."
Aidan nickte und schob sich an Roy vorbei zu Jon.

„Roy, es tut mir so Leid, was gestern passiert ist. Ich weiß, dass es meine Schuld ist, ich würde es wirklich gerne ungeschehen machen, aber ich kann nicht."
Roy nickte und fuhr sich durch seine langen Haare. Er trug sie dieses Mal offen, genau wie gestern, zusammen mit einem Anzug, was an Roy immer noch ein ungewöhnlicher Anblick war. „Ich weiß doch, Süße, ich weiß. Wir werden jetzt einfach das Beste draus machen. Ich hab mir schon überlegt, Aidan abzuschminken, nachdem er sich mit Tybalt zofft."
Ich nickte und war froh, dass Roy nicht wirklich sauer war. „Ich hoffe nur, dass es dir gut geht? Und dass dieser Exfreund dich jetzt in Ruhe lässt?"
Ich war überrascht über Roys Fürsorge, aber ich freute mich. „Ja, mir geht's gut. Und ich glaube Sebastian hat jetzt seine Lektion gelernt. Der lässt uns in Ruhe."

Smoke and Roses (Aidan Turner)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt