Kapitel 31

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Ich schaute in Aidans warme Augen.
Then move not, while my prayer's effect I take" Er küsste mich – oder besser gesagt, Romeo küsste Julia – aber es fühlte sich so an, wie immer. Wie immer, wenn er mich küsste und ich einfach spüren konnte, dass er mich liebte. Auch dieses Mal. Konnte ich wirklich an ihm zweifeln, an seiner unverkennbaren Liebe? Oder war er einfach ein guter Schauspieler? Aber nein, ein Gefühl konnte man nicht Schauspielern. Sicher, man konnte es nach außen hin so aussehen lassen, aber was man innen fühlt, das konnte man nicht fälschen.
Ich entspannte mich, aber nur diese Szene lang, denn danach meldete sich wieder die berühmte gemeine Stimme, die alle kennen. Natürlich ließ ich mir nichts anmerken, aber ich konnte es kaum bis zur Pause abwarten. Es fühlte sich an, als würde es 10 Stunden, nicht bloß etwas mehr als eine Stunde, dauern, bis wir ein paar Minuten Pause hatten und ich atmete tief durch, bevor ich Aidan aufsuchte.
„Aidan?", fragte ich und schaute mich suchend um. „Ja?", fragte mich seine Stimme und plötzlich legten sich zwei Arme um mich. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte, also drehte ich mich rasch herum und wand mich aus seinen Armen, worauf er die Stirn runzelte.
„Wie war es denn so heute Morgen?", fragte ich unschuldig und hoffte dass er mir frei heraus irgendetwas erzählen würde, was alles erklärte. „Oh gut, wie es aussieht werden meine Eltern herkommen und wir können bei ihm an Weihnachten vorbeischauen." Ich schluckte. Sonst nichts?
„Wie schön." „Ja, ich denke wir können dann an einem der Feiertage dahin fahren, was meinst du?", er sah mich fragend an und ich nickte. „Ja, sicher, das wird bestimmt schön."
Irgendwo rief jemand nach Aidan und er drehte sich um, aber ich hielt ihn am Arm fest. „Wer war die Frau?" Aidan erstarrte und sah mich verwirrt an. „Was?" „Die Frau, mit der du in ein Café gegangen bist?" „Meinst du meine Cousine?" „Sie war deine Cousine?" Ein Stein fiel mir vom Herzen, so groß, dass Aidan es gehört haben musste. Und das hatte er anscheinend auch, denn sein Gesichtsausdruck veränderte sich. „Moment mal, hast du etwa gedacht, das war eine andere Frau? Hast du gedacht, ich würde dich betrügen?" Erstaunen und Wut hallte in seiner Stimme mit. Vielleicht hätte ich das etwas diskreter angehen sollen.
„Naja, nicht direkt, ich hab mich nur gefragt, wer sie ist. Ich meine du hattest ja von deinem Onkel geredet und..." „Ich glaub's nicht!", rief Aidan wütend und ich zuckte zusammen. Wieso wurde er so sauer?
„Wie kannst du so etwas nur denken?! Wie kannst du mir so etwas unterstellen, DU warst doch diejenige, die heimlich eine zweite Beziehung geführt hat! DU hast mich belogen und jetzt denkst du echt, ich würde das machen? Nur weil du es getan hast? Weil du denkst, ich will mich rächen?-" „HÖR AUF!", schrie ich.
Ich konnte mir das nicht anhören. Jedes seiner Worte war wie ein Messerstich, der sich tief in meine Brust rammte. Aidan starrte mich nur stumm an, schien die Tränen nicht zu sehen, die jeden Moment aus meinen Augen quellen würde, drehte sich wortlos um und stampfte davon. Ich hätte hinterher rennen können, aber nach dem ersten Schritt brach ich zusammen.
Denn er hatte recht.
Vielleicht nicht mit allen, aber er hatte recht, dass ich ein Doppelspiel gespielt hatte. Ich hatte ihn belogen. Ich hatte bloß angenommen, dass es ihm nichts ausmachte, doch jetzt verstand ich. Diese unbändige Wut auf Sebastian, seine übertriebenen Reaktionen, es war meinetwegen. Er war wütend auf mich gewesen, bloß hatte er es bei jemand anderem raus gelassen. Und jetzt hatte ich es provoziert. Bloß wegen einer bescheuerten Cousine, wegen eines bescheuerten Zufalls. Hätte ich nicht einfach ein paar Sekunden länger in dem Laden bleiben können? Ein Kunde mehr in der Schlange? Ein weiteres Buch anschauen? Mehr nicht.
Lukas tauchte auf und half mir hoch. Ich sagte ihm nur, dass wir uns gestritten hatten, nicht wieso. Er nahm mich einfach mit zu Jon, fragte nicht weiter nach. Wir versuchten die Tränen zu trocknen und wechselten mein Kleid. Und dann hieß es the show must go on.
Das Schlimmste war Aidan. Sicher, er spielte seinen Teil professionell weiter. Aber seine Berührungen fühlten sich nicht wirklich liebevoll an, er sah mich nicht mehr so warm an, nein kalt, fast schon vorwurfsvoll, hätte er nicht seinen Romeo Blick aufgesetzt, aber seine Augen, die waren kalt. Und normalerweise trug er ein winziges Lächeln auf den Lippen, kaum sichtbar, aber es war da. Wahrscheinlich fiel es nicht einmal jemanden auf, außer mir natürlich, aber ich sah es und jetzt war es fort. Julia war kurz davor in Tränen auszubrechen und wahrscheinlich spielte ich besser als jemals zuvor. Wenn Julia um ihren Vetter trauert und um Romeos Verbannung, sicher war ich glaubwürdiger als jemals zuvor.

Smoke and Roses (Aidan Turner)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt