Act I Scene 4

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Seit einer Woche ging ich nun in das Theater und das Stück nahm mehr und mehr Gestalt an. Vielmehr erfuhren wir, was Roy sich so vorstellte und wir Schauspieler lernten uns besser kennen. Dieser Job machte mir mehr und mehr Spaß, alleine wenn ich die Zeilen las oder mir vorstellte, wie alles am Ende aussehen mochte.
Aber jetzt war Montag und damit ein neuer Tag im Theater. Es regnete mal wieder, was für August eigentlich gar nicht so typisch war, aber wenigstens war es warm, sodass ich trotzdem mein lilanes Kleid angezogen hatte.
Wie auch in den letzten Tagen, traf ich an der Victoria Street auf Aidan. Wie durch Zufall traf Aidan immer zeitgleich mit mir ein. Aber ich verdächtigte ihn, irgendwo in einer Ecke darauf zu warten, dass ich auftauchte um dann ganz unauffällig auch aufzutauchen. Es war albern, aber süß.
„Guten Morgen, Aidan", sagte ich lächelnd und hielt den Regenschirm über uns beide drüber. Seine Haare glänzten nass und auch seine Jacke war mit Wasser bedeckt. „Morgen, Liv", sagte er lächelnd. „Darf ich dich mal fragen, wieso wir uns immer ganz zufällig hier treffen?", fragte ich und sah ihn von der Seite an. „Das wüsste ich auch gerne. Das muss wohl Magie sein", antwortete Aidan, aber konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
„Haha. Dann bist du jetzt ein Zauberer oder was?", fragte ich belustigt. „Wieso ich? Ich mache das bestimmt nicht." „Komm schon, rück raus mit der Sprache. Versteckst du dich immer hinter einer Ecke oder was?" Aidans Blick sagte mir, dass ich nicht ganz falsch lag. „Naja, also nicht ganz..." Ich schüttelte nur den Kopf. „Du bist mir vielleicht einer. Du kannst auch einfach ganz normal auf mich warten."
Er wurde leicht rot und nickte. Ich lachte. „Du bist echt ein Idiot. Versteckst dich, weil du nicht normal warten kannst." Aber eigentlich fand ich es wirklich süß. „Ich wollte nicht so aufdringlich wirken", sagte er nur und schaute weg. Ich boxte ihm spielerisch gegen den Arm. „Schon okay, du Held." Erleichtert sah er mich an und lächelte.
Irgendwie war es komisch. Er wartete um extra seine Zeit mit mir zu verbringen. Das war ich eigentlich nicht von anderen Menschen gewöhnt, vor allem nicht wenn sie mich kaum kannten. Meistens fühlte ich mich eher wie die überflüssigen Person im Raum. Die eine, die toleriert wird, aber wenn man wählen könnte, würde man nicht mich wählen. Das war immer schon so gewesen. Selbst bei Grace wusste ich manchmal nicht, für wen sie sich entscheiden würde. Aber dann sagte sowas wie mit keiner außer dir kann ich sowas machen oder ich wünschte du wärst jetzt hier anstatt dieser anderen Idioten und das heißt doch was.
Aber mit Aidan, da war das irgendwie noch mal was anderes. Er schien mich wahrzunehmen, von Anfang an. Mehr als alle anderen. Er hatte mich in einem Raum aus fremden Gesichtern ausgewählt, mich. Und das konnte ich einfach immer noch nicht glauben.
„Liv?" „Ja." Der Wind fuhr ihm durch die dunklen Locken und wie so oft hatte er die Hände in den Taschen. „Du hast da übrigens einen Coolen Regenschirm." Mein Captain America Schirm. "Danke. Magst du Cap?" Er zuckte mit den Schultern. "Geht so. Eigentlich mag ich Iron man lieber." Ich verzog den Mund. Seit Civil war konnte ich mich nicht mehr wirklich für Tony begeistern.
"Naja, solange du kein dc Fan bist kann ich damit leben", meinte ich schließlich. "Aber Cap ist auch nicht schlecht", grinste Aidan und ich grinste zurück.
Kurze Zeit später kamen wir im Globe an und wie immer rauchte Aidan erstmal eine, bevor er nach drinnen kam, aber dieses Mal wartete ich nicht mit draußen sondern ging vor ihm rein. Auch Jon war schon da und saß summend mit einem Starbucks Becher auf seinem Tisch und blätterte irgendwelche Unterlagen durch.
„Guten Morgen Jon", sagte ich und trat ein. „Dir auch einen guten Morgen Liv." Dieses Mal trug er eine beige Hose, deren Farbton gefährlich ins rosa überging – okay, sie war rosa – und ein Jeanshemd, dessen Ärmel er hochgekrempelt hatte. Er seufzte. „Ich weiß wirklich nicht, was mich dazu gebracht hat an einem Montagmorgen so früh hier zu sein."
Dabei war es gar nicht wirklich früh. Roy hatte wohl am Wochenende zu lange Party gemacht und uns erst für 11 Uhr herbestellt. Anscheinend passierte sowas öfters Mal.
„Wie es aussieht hat dich die Arbeit her gebracht." „Schon schlimm genug, dass ich fast jeden Abend für die Aufführungen hier bin", murmelte er. Ich setzte mich neben ihn auf den Tisch. „Ach Jon, jetzt sei doch nicht so mies gelaunt."
„Ich bin nur müde", verteidigte er sich. „Warst du gestern mal wieder lang unterwegs?", fragte ich und er nickte lachend. „Wir wohnen in London. Das muss man sich ein bisschen Spaß gönnen."
„Es tut auch nicht weh, mal Zuhause zu bleiben, wenn du um die unmenschliche Uhrzeit von 11 Uhr morgens arbeiten musst", sagte ich und guckte gespielt mitleidend.
„Dann hätte ich mir ja völlig umsonst eine Stunde lang die Haare gestyled", seufzte er theatralisch. „Das dauert so lange?", skeptisch betrachtete ich seine Frisur. Zugeben heute hatte er sicher nicht eine Stunde lang die Haare gestyled, aber bei kurzen Haaren konnte das doch unmöglich so lange dauern.
„Lively, du hast noch viel zu lernen, was Frisuren betrifft." Ich zuckte nur mit den Schultern. Ich gehörte viel mehr zu den Leuten, die sich ab und zu die Haare schön machen wollten, das dann aber nicht hinbekamen und letztendlich mit einem Pferdeschwanz oder sowas rumrennen.
„Was hast du denn hier schönes?", fragte ich und zog die Mappe zu mir, in der Jon eben geblättert hatte. Darin waren lauter Zeichnungen von Kleidern. „Oh, das sind die ersten Entwürfe für dich, Julia", sagte er und lächelte nun wieder, „Oder viel mehr für deine Kleidung. Um dein Gesicht kümmere ich mich dann, aber Fiona hat mich nach meiner Meinung gefragt, was am besten passen würde."
Auf der aufgeschlagenen Seite waren zwar nur drei Bilder, aber sie gefielen mir jetzt schon gut. Ich wollte gerade die Entwürfe durchblättern, als Jon sie mir wegzog. „Die sind nicht für dich. Du lässt dich mal schön überraschen, was am Ende rauskommt."
„Ach komm schon, ich kann dir dabei helfen, welche auszusuchen", sagte ich lächelnd. „Oh nein, das kann ich besser als du." Ich warf ihm einen empörten Blick zu. „Das glaubst aber auch nur du." „Nein, das weiß ich."
 „Pf", ich warf meine Haare zurück und stolzierte aus dem Zimmer, „Dann eben nicht, Besserwisser." Jon lachte. „Sind wir mal ehrlich. Von Mode versteh ich mehr als du." Ich schaute an mir herunter. „Wieso? Ziehe ich mich etwa wie ein Straßenköter an?", wollte ich wissen. „Na ja, also wenn du schon so fragst..." Ich warf Jon einen vernichtenden Blick zu, aber der fing nur an zu lachen.
„Schon gut, Liv, ich darf dich die Designs nur nicht gucken lassen. Es gab in der Vergangenheit einige Schwierigkeiten wenn die Schauspieler nicht das bekommen haben, was sie gerne mochten", sagte Jon versöhnlich und ich lächelte ihm zu. „Ich weiß schon. Wir sehen uns dann später", sagte ich und verließ nun endgültig den Raum. Dabei lief ich fast Lukas um, der gerade von draußen herein kam.
„Oh, tut mir Leid. Guten Morgen Lukas", sagte ich hastig. Er warf mir einen kurzen Blick aus seinen dunklen Augen zu. „Morgen, Lively." Er sah mich mit einem Blick an, der fast ein Lächeln sein konnte. Aber ich war mir nicht ganz sicher. Vielleicht hatte er auch vor mich umzubringen, wer weiß.
Schweigend gingen wir durch den Flur. „Wie geht es dir?", fragte Lukas leise. Ich hätte nicht gedacht, dass er so etwas wie Smalltalk überhaupt beherrschte. „Oh, mir geht es gut, danke. Und dir?" Er nickte bloß. „Wie war dein Wochenende so?", fragte ich zögerlich weiter. Ich war in Smalltalk nämlich auch bescheiden. Er warf mir einen kurzen, erschrockenen Blick zu. „Drüber möchte ich nicht reden."
Ich warf ihm einen kurzen Blick von der Seite zu, aber es war unmöglich zu sagen, ob es etwas Schlimmes war, worüber er nicht reden wollte. Lukas guckte immer als würde die Welt untergehen.
„Tja, wie gefällt es dir hier eigentlich?", fragte ich weiter. „Ach, wie im Theater halt. Aber ich mag den Stil des 16. Jahrhunderts hier. Deswegen hab ich mich auch hier beworben."
Bei mir selbst dachte ich nur, dass er ja selbst wie aus dem 16. Jahrhundert wirkte. Dracula. „Ich mag das aber auch total gerne. Da fühlt es sich an, als wärst du echt dort."
Er nickte und wir fielen wieder ins Schweigen.

Smoke and Roses (Aidan Turner)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt