Kapitel 20

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That which we call a rose by any other word would smell as sweet (Act II Scene II)
( Das, was Rose heißt, würd gleichsüß unter andrem Namen duften)

The brightness of her cheek would shame those stars as daylight doth a lamp." (Beschämen würde der Wangen Glanz die Sterne wie Sonnenlicht die Lampe), rezitierte Aidan.
Wir standen auf der Bühne - denn nur im Proberaum üben war ja auch nicht das Wahre - und Aidan oder vielmehr Romeo hielt seinen Monolog, den er an Julias Fenster hielt. Die berühmte Balkonszene eben. Und eigentlich sollte ich ihm zuhören, aber meine Gedanken waren einfach nicht beim Stück. Ich hatte etwas gestern wieder mal nicht geschafft. Dafür könnte ich mir echt selbst in den Hintern treten. Nur, weil Sebastian mit seinen blöden Hundeaugen angekommen war...
Ich hörte ein Räuspern. Von Aidan. Es war wohl mein Einsatz. „Ay me", sagte ich, in der Hoffnung die richtige Zeile erwischt zu haben. Da Aidan weiter sprach, hatte ich das offensichtlich.
I speak again bright angel, for thou art as glorious to this night..." (O sprich noch einmal, lichter Engel, den du Herrlichkeit erscheinst der Nacht...).
Wie lange konnte ich das noch so aufrecht erhalten? Ich war Aidan eine Erklärung schuldig. Wenn er wüsste, dass es Sebastian gäbe, würde er mich sicher nicht so ansehen... Und gerade sah er mich auch wieder an. Mist.
Ich konnte mich einfach nicht auf diesen dämlichen Text konzentrieren. Ich suchte fieberhaft nach der richtigen Zeile, aber es wollte mir nicht einfallen.
„ähh..This but thy name..." ich verstummte, als Aidan schnell den Kopf schüttelte.
„Och Liv", rief Roy genervt und klatschte seine Tasse laut auf den Tisch neben sich. „Was ist denn los mit dir? Du kannst den Text doch sonst so gut."
Ich zuckte nur mit den Schultern. Ich konnte ja schlecht sagen, was der Grund war.
„Ne, echt jetzt, wir haben bald die Vorstellungen und du hast so einen Text Hänger. Das darf dir nicht mehr passieren, das ist Shakespeare und nicht das Weihnachtsgedicht für deine Oma!", rief er ärgerlich. Okay, ich musste zugeben, das war nicht mein erster Texthänger. Wir hatten die Szene eben schon mal gespielt und ich hatte es ähnlich verpatzt. Roy hatte das noch mit einem gequälten Lächeln akzeptiert, aber jetzt eben nicht mehr. Dabei hatte er ja Recht, sowas sollte mir nicht passieren, das war mehr als unprofessionell.
„Du hast 5 Minuten Pause, dann machen wir das nochmal und dann will ich das perfekt flüssig haben. Tut mir leid Liv, aber sowas können wir uns echt nicht leisten. Nächste Woche ist sie Premiere. Frag deinen Romeo nach dem Text oder so, aber das musst du wirklich können."
Ich nickte nur. Roy stand auf ging wahrscheinlich auf Toilette oder sich abregen oder keine Ahnung was. Ich seufzte und legte den Kopf in den Nacken. Das Globe Theatre war ein Freilichttheater und daher sah ich über uns die Wolken vorbeiziehen.

„Liv?", fragte Aidan sanft und berührte meinen Arm.
Ich sah ihn an. Seine braunen Augen hatten gleich eine beruhigende Wirkung auf mich.
„Ich weiß auch nicht, was heute mit mir los ist. Ich kann den Text doch", sagte ich leise und lehnte mich zu ihm. Aidan drückte mich fest an sich und ich ruhte meinen Kopf auf seine Schulter. „Ist schon okay, Liv. Jeder kann mal einen schlechten Tag haben, nimm dir Roy nicht zu Herzen."
„Hmpf." Ich nahm ihn mir aber zu Herzen, weil er Recht hatte.
„Sieh einfach mich an", sagte Aidan leise, „Konzentrier dich einfach auf mich und dann klappt das schon." Ja, das war wahrscheinlich das Problem. Das konzentrieren.
„Okay", sagte ich leise und schloss die Augen. Ich genoss den Moment in seinen Armen noch etwas länger und hob dann den Kopf. Aidan strich mir mit einem ermutigenden Lächeln über die Wange und küsste mich sanft.
„Seit ihr dann auch mal fertig?", fragte Roy plötzlich. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er zurückgekommen war. Das waren aber schnelle 5 Minuten gewesen. Ich trat zurück und Aidan flüsterte mir noch rasch die richtige Zeile zu, falls ich sie vergaß. Aber das würde ich dieses Mal nicht.
Ich versuchte Aidans langem Monolog zu folgen, ohne mich von meinen Problemen ablenken zu lassen und versuchte auch nicht in Gedanken an Aidan zu versinken - was Recht schwierig ist, wenn er redete und ich ihn einfach nur beobachten sollte.
Aber dann kam mein Einsatz und in meinem Kopf herrschte nur gähnende Leere. Irgendwo sang eine Stimme in meinem Kopf ein Lied vor sich hin, aber das war es dann auch schon. Ich starrte Aidan an. Für einen Bruchteil einer Sekunde, in der wir uns einfach ansahen - in der er mich ansah - und ich mich entspannte und die Zeilen plötzlich wie von alleine angeflogen kamen.
O Romeo, Romeo, wherefoer art thou Romeo? Deny thy father and refuse thy name. Or if thou wilt not, be but sworn my love and I'll no longer be a Capulet. (O Romeo, Romeo, Warum bist du Romeo? Leugne den Vater, wer dich deines Namens. Oder wenn du nicht willst, bind dich an mich, und ich will keine Capulet mehr sein.)"
Shall I hear more, or shall I speak at this? (Soll ich noch horchen oder soll ich sprechen?)"
This but thy name that is my enemy: Thou art thyself, though not a Montague. What's Montaue? It is nor hand not foot nor arm not face nor any other part belonging to a man. O be some other name. What's in a name? That which we call a rose by any other word would smell as sweet;
(Dein Name, nur dein Name ist mein Feind: Du bleibst du selbst, auch ohne Montagu. Was ist schon Montagu? Nicht Hand noch Fuß noch arm noch Kopf noch irgend sonst ein Teil, das einen Menschen macht. Tausch deinen Namen! Was sagt ein Name? Das, was Rose heißt, würd gleichsüß unter andrem Namen duften.)"

Smoke and Roses (Aidan Turner)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt