No. 3

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Erst jetzt wird mir klar, dass wir uns in einer Garage befinden.

Wo war ich nur mit meinen Gedanken, dass ich das nicht mitbekommen habe?

Vorsichtig steige ich aus dem Auto und sehe mich kurz um. Die Lampen erhellen den Raum mit einem unfreundlichen, weißen Licht, das sich in den Scheiben der teuren Autos widerspigelt.

Wieder steigt mir dieser wunderschöne Geruch in die Nase. Sofort habe ich seinen Ursprung indentifiziert und vergrabe meine Nase im weichen Stoff der Jacke, die am Haken neben der Tür hängt.

„Charlotte“ Alice schaut mich an und mir wird klar, wie merkwürdig und unmenschlich das ist, was ich hier gerade tue. Sorgfältig hänge ich das Kleidungsstück wieder zurück und gehe zu Alice hinüber.

Kurz sehe ich meine verzerrtes Spiegelbild in der Scheibe eines gelben Porsches, doch Alice nimmt meine Hand und führt mich zu einer anderen Tür.

Im Treppenhaus höre ich schon die Stimmen der Leute oben.

„Sie kommt“, höre ich die Stimme eines Mannes.

Noch ein paar Stufen, dann stehe ich in einem großen Wohnzimmer.

Die fünf Gestalten in der Mitte des Raumes fahren herum und ich mustere kurz ihre Gesichter. Die große Blonde scheint zu einem muskelbepackten Schwarzhaarigen zu gehören, der mich fröhlich angrinst, sie sind beide etwas älter als ich, drei bis vier Jahre vielleicht, so wie Alice und Jasper.

Dann ein weiteres Paar. Die Frau mit langen, braunen Haaren und einem herzförmigen Gesicht lächelt mich fürsorglich an, den gleichen Ausdruck hat auch ihr Mann auf dem Gesicht, blond und groß.

Etwas abseits steht ein anderer Mann, blond, seine dunklen Augen mustern mich durchdrigend, abschätzend.

Unwohl verschränke ich meine Arme vor meiner Brust und wende mich dann den anderen zu. „Schön, das du hier bist“, lächelt die braunhaarige Frau und kommt auf mich zu. „Ich bin Esme Cullen“

Sie umarmt mich und ich fühle mich sogleich besser. Erst jetzt wird mir bewusst, wie angespannt ich vorher war.

„Rosalie“ stellt sich die Blonde vor. „Aber du kannst mich Rose nennen, wenn du möchtest“ Auch sie umarmt mich und bleibt dann bei mir stehen.

„Ich bin Carlisle“ Der Blonde, den ich Esme zugeordnet habe, lächelt mir zu, und deutet erst auf den Schwarzhaarigen, dann auf den anderen Blonden. „Das sind Emmett und Edward“ Emmett grinst und zieht mich an seine breite Brust. Kurz hebe ich von Boden ab.

„Komm Charlotte. Du kannst erst einmal duschen, dann erklären wir dir alles“, erklärt Esme, legt eine Hand auf meine Schulter und führt mich zur Treppe, die nach oben führt.

„Du kannst dir Sachen von mir leihen“, bietet Alice an, die immernoch neben mir her läuft. Ich nicke dankend und sie hüpft davon. Vor der Tür des Badezimmers trifft sie wieder zu uns und übergiebt mir einen kleinen Stapel Klamotten.

„Die müssten dir passen“, meint sie zuversichtlich und lässt mich dann ins Bad.

Das heiße Wasser tut gut und ich stehe lange unter der Dusche. Ich betrachte die einzelnen Sandkörner, die mit meinem Schweiß von den Halluzinationen im Abguss verschwinden.

In dem Raum befinden sich keine Spiegel, aber als ich meine Handgelenke abtrockne, sehe ich, dass meine Haut heller ist. Ich schiebe es auf das Licht hier – die Bräune eines ganzen Sommers verfliegt nicht einfach so schnell.

Meine Beine wirken irgendwie schmaler, die Muskeln vom Schwimmtraining länger und schlanker.

Alice' Sachen passen mir tatsächlich, wie angegossen, ein einfaches, locker geschnittenes T-Shirt in einem leichten grau mit V-Ausschnitt und eine Röhrenjeans. Sogar Schuhe hat sie mir gegeben, schwarze Boots, auch wenn ich nicht weiß, ob ich sie hier im Haus tragen soll.

Ich lausche den Schritten der anderen unten. Sie tragen auch Schuhe, die von Rosalie haben sogar einen Absatz, während Carlisle kaum zu hören ist. Seine Sohlen müssen aus irgendeinem weichen Material gemacht worden sein. Also ziehe ich mir die Stiefel an.

Ein Föhn liegt neben dem Waschbecken und ich beginne, meine Haare damit zu trocknen. Zum ersten Mal fällt mir auf, wie lange das dauert und nach einer Weile lasse ich es einfach sein. Ich kämme mich einfach, bis meine Haare mir mehr oder weniger trocken bis zur Taille fallen, wie ich es gewohnt bin. Dann verlasse ich das Bad.

Alice steht vor der Tür – hat sie wirklich die gesamte Zeit in der gleichen Postition gewartet? - und ihr Lächeln wird breiter, als sie mich sieht.

„Wusste ich doch, dass dir das steht“, grinst sie und nimmt dann meine Hand. „Ich muss dir was zeigen, Charly“

Ohne, dass sie es gemerkt hat, hat sie meinen alten Spitznamen benutzt und träge gleiten meine Gedanken zu meiner Familie. Emilys Bild schiebt sich langsam vor mein inneres Auge, dann das von meiner Ma und schließlich mein Vater. Was mache ich hier überhaupt?

Als ich aufblicke, sehe ich in Edwards Augen, sein Blick durchbohrt mich förmlich, ehe er an mir vorbei die Treppen hinunter geht.

An seine Stelle rückt Jasper, der mir zuversichtlich zulächelt und meine Verwirrung rückt in den Hintergrund.

Alice führt mich in einen Raum mit Spiegel, der oben von einem weißen Laken bedeckt ist. Die Tür fällt hinter mich ins Schloss, Jasper wartet draußen.

Ich hatte Recht, meine Haut ist viel heller.

Die Narben an meinem Ellbogen, als ich mir einmal den Arm gebrochen habe, sind verschwunden, die Stelle glänzt wie der Rest meines Körpers. Es erinnert mich etwas an Porzellan.

Meine Muskeln sind stärker zu sehen, auch wenn sie dünner sind, filigraner.

Die Haare haben nicht mehr dieses merkwürdige, unzuordbare mittelbraun, sondern strahlen in einer dunkleren Farbe.

Auch meine abgekauten Fingernägel sind nachgewachsen, gepflegt und stark und irgendwie rund gefeilt.

„Charlotte, ich wünschte ich könnte dich darauf vorbereiten, was jetzt kommt, aber ich kann nicht. Du musst selbst damit klar kommen, fürchte ich“, seufzt Alice.

Ich will sie fragen, was sie damit meint, in dem Moment zieht sie das Tuch vom Spiegel. Mein Gesicht ist blasser und meine Züge schärfer, die Lippen etwas größer.

Doch dann sehe ich was sie meint.

Meine Augen.

Charlotte Cullen | Twilight FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt