No. 6

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Es ist schwierig, doch je mehr Übung ich habe, desto erträglicher wird es. Doch ich bin mir sicher, einfach wird es nie.

Die Menschen, an denen ich mit Jasper vorbeilaufe, sehen uns beide an, manchmal bleibt ihr Blick länger an uns hängen.

Ein Mädchen haucht ein „süß“, als sie unsere verschränkten Hände sieht. Wenn sie den Grund – dass ich Jaspers Hand halte, um sie zu zerdrücken und meine Fingernägel in seine steinern wirkende Haut zu pressen, wenn mein Hunger zu groß wird – kennen würde, fände sie uns garantiert nicht mehr süß.

Es ist merkwürdig, mich wieder im Tempo eines Sterblichen zu bewegen, menschliche Dinge zu tun. Wie zum Beispiel ins Kino zu gehen.

Der Film ist ein ziemlicher schlecht gedrehter Vampirstreifen und Jasper und ich können uns an manchen Stellen kaum noch halten vor Lachen. Als ob Vampire Angst vor Knoblauch hätten!

Seit ich bei den Cullens bin, sind mehrere Wochen vergangen und je länger ich bei ihnen bin, desto besser geht es mir.

Ich bin froh, bei ihnen und nicht in der Armee der Neugeborenen gelandet zu sein.

Wie schrecklich es dort ist, habe ich erst in den Trainingstunden zur Vorbereitung auf den Kampf wirklich begriffen.

Sie sorgen für mich wie eine Familie, achten darauf, dass ich nicht allein bin, heitern mich auf. In den Stunden, in denen es mir schlecht geht, gehe ich hinaus in den Wald.

Manchmal kommt Rose, manchmal Alice, um mich auf andere Gedanken zu bringen. Aber Jasper ist mein engster Vertrauter. Er versteht meine Gefühle, auch wenn er nicht wie Edward meine Gedanken kennt. Er weiß, wann er schweigen muss. Wann er mich in den Arm nehmen soll. Wann ich reden will. Wie der große Bruder, den ich mir immer gewünscht, aber nie gehabt habe.

Auf dem Rückweg lassen wir uns einfach von der Musik, die aus den Boxen des Autos kommt, tragen. Ich kenne die Band nicht, aber sie ist gut. Irgendwas akkustisches, mit guten Texten.

Wir kommen in der Garage zum Stehen, Alice begrüßt uns lächelnd und wie immer muss ich grinsen, wenn ich sie sehe. Sie sprüht einfach nur vor guter Laune.

Edward, auf den ich im Wohnzimmer treffe, ist da eher gegenteilig. Ich weiß nicht woran es liegt, aber mit ihm werde ich irgendwie nicht richitg warm.

Meistens ist er gar nicht da, oder er ist in Gedanken vertieft, die er nicht mit mir teilt. Meine dagegen kennt er nur zu gut. Trotzdem versuche ich so freundlich wie möglich zu ihm zu sein, er ist schließlich Teil meines Clans.

„Wie lief es?“, fragt er, als wir uns auf dem Sofa nieder lassen und schaut mich fragend an. Es scheint ihn tatsächlich zu interessieren.

„Gut. Wirklich gut.“ Ich lächle, stolz und glücklich. Edward schaut mich erfreut an.

„Das ist... gut“ Er überlegt kurz, dann fährt er fort. „Dann kannst du auch endlich Bella kennenlernen“

Bei ihrem Namen erscheint sofort ein seliges Lächeln auf seinem Gesicht. An der Art, wie er schaut, sehe ich wie viel sie ihm bedeutet, anscheinend ist sie sein Mädchen.

Er grinst breiter. „Ja“ Er wirkt richtig glücklich, als er mir von ihr erzählt. Ich dagegen habe mich noch nicht vollständig daran gewöhnt, dass mir auf meine Gedanken geantwortet wird.

„Wir sind jetzt seit drei Jahren zusammen. Und ich liebe sie. Du kannst dir gar nicht vorstelllen, wie sehr, wenn du es nicht am eingenen Leib erlebst“

Diese Seite von Edward kannte ich noch gar nicht. Aufmerksam studiere ich ihn, während er mit leuchtenden Augen fortfährt.

„Ich habe sie dir noch nicht vorgestellt, weil ich mir sicher sein wollte, dass sie sicher ist“ Deshalb also die abschätzenden Blicke. Langsam beginne ich zu verstehen. „Denn Bella ist... ein Mensch“

Ich schnappe nach Luft. Ist so etwas überhaupt möglich? Edward nickt, ein Schatten geht über sein Gesicht.

„Es ist gefährlich. Und ich hasse mich dafür, sie so etwas auszusetzen. Die Volturi wollen, dass sie verwandelt wird oder stirbt. Die Neugeborenen-Armee wurde nur geschaffen um sie zu töten“

Ich schaudere. Deshalb ist es so wichtig, dass wir alle trainieren. Bisher hatte ich gedacht, das wir sie schlagen müssen, damit nicht noch mehr Menschen sterben müssen, aber dass Bella der Grund ist leuchtet mir natürlich viel besser ein.

„Ich habe versucht mich von ihr fern zu halten“, spricht Edward währenddessen weiter und sein Gesichtsausdruck verdunkelt sich abermals.

„Und das hat fast uns Beiden das Leben gekostet. Ohne sie kann ich nicht existieren. Nur deshalb setze ich ihr Leben und das ihrer Mitmenschen so leichtsinnig aufs Spiel“

Edward schaut mich an und zum ersten Mal bin ich froh, dass er meine Gedanken lesen kann, denn all das, was ich ihm sagen will, würde ich niemals in Worte fassen können.

Charlotte Cullen | Twilight FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt