No 44

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Ich küsse ihn lange zum Abschied und spüre seinen warmen Atem gegen meine Lippen schlagen, bevor er sich zurücksźieht. In diesem Moment weiß ich noch nicht, dass ich das zum letzten Mal fühle.Genau wie der leise Herzschlag, gegen meine Brust und das kaum hörbare Rauschen seines Blutes.

Er winkt mir aus dem Bus noch einmal zu, dann drehe ich mich um und gehe nach Hause.

Kaum bin ich dort, beginne ich schon zu erzählen, auch wenn ich ein wenig Angst vor der Reaktion der anderen haben. Werden sie wütend sein, weil ich unser Geheimnis verraten habe? Weil ich uns und ihn in Gefahr gebracht habe?

Auch wenn ich mir sicher bin, dass uns am See niemand belauscht hat und ich weiß, dass Alex das alles für sich behalten wird.

Aber nein, sie nicken nur und scheinen eher erstaunt, dass ich es so lange für mich behalten konnte. Auch Sharon wirkt eher erfreut und wirft mir ein breites Lächeln zu, bevor sie sich in ihr Gästezimmer zurückzieht.

Lange bin ich mit den andern allerdings nicht allein.

Edward und Bella fahren mit Renesmee vor und kurz darauf befinden wir uns alle in einem freudigen Wiedersehen und warmen Umarmungen.

Bella sieht ziemlich geschafft aus, meint aber, dass es ihr schon besser ginge. Die Beerdigung habe ihr sehr geholfen.

Edward wirft ihr einen liebevollen Blick zu und greift nach ihrer Hand, streichelt ihre Haut mit dem Daumen und einen kurzen Moment scheinen die Beiden vollkommen vergessen zu haben, dass wir überhaupt anwesend sind.

Edward bringt kurz das Gepäck in das kleine Haus der Familie, während Bella Sharon begrüßt, die in diesem Moment die Treppen herunterschreitet,

"Ihr müsst mich nocheinmal entschuldigen", sagt sie. "Ich muss nochmal in die Stadt, etwas einkaufen"

"Oh, soll ich mitkommen?", fragt Alice. "Dann können wir zusammen zu topshop gehen... Wie in alten Zeiten in London, als du noch dort im Geschäft gearbeitet hast"

Ich werde hellhörig. Hatte Sharon nicht etwas von H&M erzählt. Naja, vielleicht hatte ich mich auch vertan.

"Nein, ich muss nur ein paar Ansichtskarten kaufen", antwortet Sharon, doch so leicht lässt sich Alice nicht abwimmeln.

"Ach, das kannst du ja trotzdem noch machen. Wir gehen erst die Karten holen und shoppen dann noch ein bisschen."

"Nein, Alice wirklich. Danke", meint Sharon und ihr Lächeln sieht nicht mehr ganz so herlich aus. Kaum dass Alice die Schultern zuckt und ein "Na dann eben nicht", murmelt, verlässt sie das Zimmer, leicht gehetzt, wie mir scheint.

Sie ist keine zwei Sekunden verschwunden, als Edward in den Raum stürzt.

"Charly, ins Auto sofort. Emmett, du auch. Und ihr anderen... folgt unserem Wagen. Fahrt zu den alten Chemiewerken"

Eine solche Dringlichkeit liegt in seiner Stimme, dass ich nicht nachfrage, sondern so schnell ich kann seinen Anweisungen folge.

Ich setze mich auf den Beifahrersitz seines Autos, das noch auf der Einfahrt steht, Emmett macht sich auf der hinteren Sitzbank breit. Edwards Tür ist noch nicht ganz zu, da fährt er schon los.

"Edward, was zur Hölle ist los?", frage ich und werde erstmal gegen mein Seitenfenster gedrückt, als Edward viel zu rasant wendet.

"Sharon", beginnt er und drückt das Gaspedal durch. Der Wagen macht einen Satz nach vorne, dann brettert Edward viel zu schnell die Auffahrt hinunterbrettert.

"Sie ist nicht eine normale Vampirin. Sie arbeitet als Spion für die Volturi"

Edward hinter mir saugt geräuschvoll die Luft ein und ich höre sein leises Fluchen.

"Sie wurde auf dich und Alex ausgesetzt. Sollte erfahren, wieviel er weiß. Und bescheiden sagen, sobald sein Wissen zu gefährlich wird"

"Was es heute geworden ist..." führe ich seinen Satz zu Ende und mir wird klar, was das bedeutet. Sie werden ihn verwandeln. Oder töten. "Oh Gott, fahr schneller!"

"Sharon ist gar nicht auf dem Weg dorthin. Sie ist schon auf der Flucht. Andere... kümmern sich im Moment um Alex"

Ich stöhne auf und eine Angst, so groß wie ich sie noch nie in meinem Dasein empfunden habe, breitet sich in mir aus.

Der Wagen hält schlingernd vor einer alten Halle, die Fenster sind an vielen Stellen kaputt, die Farbe - einst ein schönes blau - vergraut.

Und noch bevor ich durch das Tor getreten, weiß ich, dass ich zu spät bin.

Das Gift ist schon in seinem Körper und den Schreien nach zu urteilen, die von den hohen Decken wiederhallen, ist es schon gut verteilt, begonnen zu wirken.

Sofort bin ich bei ihm und nehme seine Hand.

"Oh Gott, Alex"

Sein Gesicht ist schweißüberströmt und er drückt meine Hand fest.

"Es tut mir so Leid. Es tut mir alles so Leid. Das ist alles meine Schuld, es tut mir Leid. Ich wollte nie, dass das passiert"

Seine Augen, die er bis dahin vor Schmerzen geschlossen waren, öffnen sich für einen kurzen Moment. Er schaut mich an und lächelt. "Ich liebe dich, Charlotte"

Das sind die letzten Worte, die aus seinem Mund kommen, bevor er in die Welt voll Albträumen abdriftet.

Ich lege meinen Kopf auf seine Brust, spüre seine Herzschläge.

Und weiß, dass es die letzten sind.

 - Ende -

Charlotte Cullen | Twilight FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt