Mein Herz hat noch nicht aufgehört zu schlagen, als ich mit dem Kopf auf dem harten Betonboden aufkomme.
Das Mädchen hat mich losgelassen und strömt jetzt mit den anderen zum Eingang meiner Schule. Das letzte, das ich sehe, bevor meine Augen ihren Dienst verweigern ist ihr langes Haar, das vom Herbstwind nach hinten geweht wird.
Ein heftiges Zittern nimmt meinen Körper ein und plötzlich beginnt das Blut in meinen Adern zu kochen. Immer heißer wird es und strömt brennend durch meine Zellen.
Ein Schrei entweicht meiner Kehle, aber ich weiß nicht, ob ich ihn nur träume, denn nun tauchen plötzlich verzerrte, verwackelte Bilder vor meinem inneren Auge auf, die gleichzeitig so erschreckend real erscheinen, dass ich nicht weiß, ob sie wahr sind oder nur eine Ausgeburt meiner Fantasie.
Das Auto, das neben mir zum Stehen kommt, ist der alte, abgeklapperte Golf meines Vaters. Er öffnet die Beifahrertüre und sieht mich mit dem gleichen entschuldigenden Blick an, wie immer, wenn er es nicht geschafft hat seine Versprechen zu halten. Er ist unrasiert, aber sein Hemd scheinst sauber. Ich bin froh ihn zu sehen, dass er mich von diesem Ort und diesen Bestien wegbringt, vielleicht in das Krankenhaus meiner Mutter, wo sie meine Schmerzen behandeln können. Gerade als ich mit einem tadelnden Blick einsteigen will, explodiert der Wagen und ich werde von der Druckwelle nach hinten befördert.
Als ich aufwache sitze ich am Bett meiner Mutter. Sie erkrankt. Besuche in den Krankenhäusern, immer wieder neue besorgte Arztgesichter, die auch keine guten Nachrichten überbringen. Ihre Haare fallen aus, ihre Haut wird bleich, am Ende ist sie nur noch ein lebender Geist der Frau, die sie einst war.
Als sie die Augen schließt, geht sie in Flammen auf, Emily ebenso.
Ich höre, wie sie meinen Namen schreit, während das Feuer über ihr Gesicht leckt und sie verschwindet.
Dann sind die Hitze und das Feuer sind überall. Sie verschlingen meine Freunde, meine Mitschüler, selbst meine Lehrer.
Und immer wieder mich.
Sie sind überall und je stärker ich versuche, ihnen zu entkommen, desto heißer und übermächtiger werden sie.
Vielleicht wurde mir ein Schmerzmittel verabreicht, vielleicht sterbe ich auch endlich, aber irgendwann werden die Flammen kleiner.
Sie ziehen sich aus meinen Armen und Beinen zurück, versammeln sich in meiner Mitte, ehe sie langsam verglimmen.
~*~
Ich weiß nicht, wo ich bin.
Der Waldweg ist nicht erleuchtet und keine Lampe vertreibt die Dunkelheit.
Trotzdem erkenne ich jedes Detail der Bäume um mich herum, die Oberfläche der Rinden, die Form der Blätter. Sandiger Untergrund, neben mir kriecht eine Ameise. Kurz betrachte ich das kleine Geschöpf, dass endlos langsam einen Fuß vor den anderen setzt, bewundere das leicht rötliche Schimmern seines Panzers, erkenne die Malwerkzeuge in seinem Mund.
Mein Blick fährt weiter und bleibt an ihm hängen.
Seine blonden Haare fallen ihm in die Stirn, herrschaftlich blickt er aus den goldenen Augen aus der Entfernung zu mir hinüber. Eine neue Empfindung breitet sich in mir aus, deren Grund ich nicht verstehe, den ich aber auch nicht suche: Ruhe.
Ich warte an meinem Platz, bis der Mann auf mich zu kommt.
Er streckt mir die Hand aus und ohne zu zögern greife ich nach ihr, er hilft mir auf die Beine.
Eine junge Frau läuft auf uns zu, mit wippenden Schritten und einem breiten Lächeln im Gesicht. Ihre schwarzen, vom Kopf abstehenden Haaren verleihen ihr etwas Schelmisches.
„Hey“, ruft sie. Ihre Stimme klingt wie Gesang. „Du hast bestimmt Hunger“ Das ist alles was sie sagt, bevor sie die Plastikkompresse herauszieht.
Ich scanne das Etikett. „Blutspende. Typ A negativ.“ Einige Daten, Zahlen und ein Barcode, mit dem ich nichts anfangen kann.
Die Frau reißt die Tüte auf und sofort entweicht ihr ein unbeschreiblich betörender Geruch. Meine Kehle schnürt sich trocken zusammen und ein tiefes Grollen entweicht meiner Brust, bevor ich ihr die Tüte entreiße und gierig die dunkelrote Flüssigkeit hinunterstürze.
Es ist das Beste, was ich je geschmeckt habe und kaum habe ich das Gefäß geleert schnaufe ich ein „mehr!“.
Ich bekomme eine zweite Kompresse in die Hand gedrückt, eine dritte. Nach der vierten kann ich endlich wieder einen klaren Gedanken fassen. Ich blicke noch einmal auf das Etikett.
War das tatsächlich... Blut?
Angewidert lasse ich die Packung los, die träge dem Boden entgegenschwebt.
Als ich aufschaue, blicke ich in das Gesicht des Mannes. Er lächelt mir zu und ich werde noch einmal ruhiger.
„Hallo“ Seine Stimme ist tiefer als die der Frau, aber gleichzeitig genaus so melodisch. „Ich bin Jasper und das ist Alice“
Er weißt auf seine Gefährtin, die mich angrinst und dann fragt: „Wie heißt du?“
Ich brauche einen Moment, um meine Gedanken zu sortieren, mich zu erinnern und dann zu Antworten. „Charlotte. Charlotte Price“
Sie nickt lächelnd. „Wie alt bist du, Charlotte?“ Diese Frage zu beantworten fällt mir nicht ganz so schwer.
„Sechzehn“
Wieder nickt sie.
Einen Moment wirkt es, als würde sie eine weitere Frage stellen wollen, schüttelt dann aber leicht den Kopf.
„Du musst mit uns kommen, Charlotte. Wir werden dir später erklären, warum“
Ich weiß nicht, warum ich mitten in der Nacht in einem fremden Wald aufgewacht bin und was mit mir passiert ist. Trotzdem folge ich den Beiden ohne zu zögern.
Der Wagen ist etwas weiter geparkt, ein roter Sportwagen mit Ledersitzen. Mit meinen dreckigen, klebrigen Kleidern und dem sandigen Haar fühle ich mich zu schmutzig, aber auch diese Empfingung ebbt ab, bevor ich sie überhaupt richtig fassen konnte.
Die Duftsteine in Inneren sind stark und ich will ein Fernster öffnen, doch werde von Jasper, der sich hinters Steuer gesetzt hat, abgehalten. Den Grund will er mir nicht nennen
. Auf der Straße sind wir fast allein, nur ein Mal kommt uns ein Auto entgegen.
Kurz schwebt mir wieder der Duft in die Nase, etwa so, wie wenn man an einem verregneten, kalten Tag an einer Bäckerei vorbeikommt, bei der sich gerade die Türe öffnet und man einen Moment in die Wärme und den Geruch frischer Backwaren getaucht ist.
Meine Muskeln spannen sich an, doch bevor ich reagieren kann, ist es auch schon vorbei. Stumm lehne ich mich an die Wand des Wagens.
Wie spät es wohl ist? Ich weiß nicht, wie lange ich bewusstlos war und es scheint mitten in der Nacht zu sein.
Trotzdem fühle ich mich weder geschwächt, noch müde. Im Gegenteil, mir kommt es so vor, als wäre ich noch nie so stark gewesen. Ich will gerade mit meinen Gedanken weiterschweifen, zu meiner Familie, als der Wagen hält.
Alice dreht sich zu mir um und lächelt mich fröhlich an: „Wir sind angekommen!“
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Charlotte Cullen | Twilight Fanfiction
Hayran Kurgu{abgeschlossen, überarbeitet} "Don't be afraid to change. You may lose something good but you may gain something better." Es sind mindestens zwanzig und meine Augen können ihnen gar nicht folgen, ich nehme nur Bruchteile wahr. Anmutige, blitzschnel...