Kapitel 10

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So schnell ihre Pfoten sie trugen, eilte Caprice zu besagtem Hügel. Schon von weitem konnte sie die Ansammlung von Werwölfen sehen, die dort erwartungsvoll standen.  Zu ihrer Überraschung bemerkte sie die Wölfe des feindlichen Rudels etwas abseits; sie ballten sich zu einer Angriffsformation. Aber das war ihr im Moment herzlich egal. Das einzige, was noch zählte, war ihr Sohn.

Brutal rammte sie die Wölfe ihres Rudels, die ihr im Weg standen und kämpfte sich aggresiv durch die Reihen. Nicht wenige bekamen dabei eine Kostprobe ihrer scharfen Krallen oder ihrer gefährlichen Zähne. Um an ihren Rudelgefährten vorbeizukommen, schnappte und kratzte sie nach allen Seiten. Erleichtert seufzte sie auf, als sie ihren Sohn noch wohlbehalten in der Mitte des Hügelkamms entdeckte. Doch bedrohlich stand Riley vor ihm, die Zähne gebleckt.

Ein schmerzhafter Stich durchdrang ihr Herz, als sie den schrillen Schrei ihres Sohnes vernahm: "Mama! Hilf mir!" Caprice spannte ihre Hinterläufe an und landete mit einem einzigen großen Satz zwischen ihrem Sohn und Riley. "Wie kannst du es wagen?", knurrte sie, während sie den jungen Wolf hinter sich mit ihrem eigenen Körper schützte. Ihre Ohren waren flach angelegt, ihre Zähne gefletscht und ihr Fell war gesträubt. Im fahlen Licht des Mondes, der gerade durch die Wolken brach, schimmerten ihre Krallen silbern auf und ihr dunkles Fell wirkte sogar fast noch schwärzer als sonst.

"Du wagst es, mir zu drohen?", knurrte Riley bedrohlich. Bis zu dieser Nacht hatte es niemand je gewagt, sich ihm entgegenzustellen. "Ja.", knurrte die schwarze Wölfin als Antwort, spannte ihren  Körper an und sprang. Knurrend und nacheinander schnappend rollten sich die beiden Wölfe auf dem Boden herum. Alle anderen hatten schnell mit weit aufgerissenen Augen Platz gemacht.

Ihr Alpha kämpfte mit einer der untergebenen Wölfe um seinen Titel?! Das konnte keiner von ihnen fassen!

Caprice hatte sich fest in Rileys Nackenfell verbissen und hieb immer und immer wieder mit ihren schweren Pfoten nach ihm, doch auch der Alpha war nicht untätig. Wild nach ihren Pfoten schnappend, drehte und wand er sich in ihrem Griff und sie musste immer und immer wieder tollkühne Kuststücke vollbringen, um seinem kräftigen Gebiss zu entkommen.

Caprice glaubte, sie würden schon seit Stunden kämpfen, dabei waren es eindeutig erst wenige Minuten. Sowohl sie als auch Riley wurden immer erschöpfter und ihr war klar, dass sie es jetzt zu einem Ende bringen musste, wollte sie danach noch genug Kraft haben, um Riley zu unterwerfen. Doch für einen winzigen Moment ließ ihre Konzentration nach und plötzlich spürte sie Rileys scharfe Zähne um ihre Kehle geschlossen. Sollte das das Ende sein?

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