Kapitel 38: Trauer und Hass

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Rutenas POV:

Meine Kehle war wie zugeschnürt. Viskogon wurde getötet? Von Despotar?!? Wie war das möglich? "W- wie.... Wie ist sie getötet worden?" fragte ich mit zittriger Stimme. Zoroark beobachtete mich scharf. Er schien meinen Zustand sofort bemerkt zu haben, denn er flog zu mir. Cresselia warf uns einen prüfenden Blick zu, dann schien sie zu begreifen. "Ihr Nacken wurde durchtrennt." antwortete Psiana mir mit ihrer Telepathie. "Es ist ein schrecklicher Tod." Dies waren die letzten Worte, die Psiana mit mir sprach, denn sie beendete ihre telepathische Verbindung mit mir. Meine Finger krampften sich um den Besenstil. Mein Herz raste. Gleichzeitig verschwamm meine Sicht vor lauter Tränen. Ich schluchzte. Bilder flackerten vor meinem inneren Auge auf. Viskogon, die mir entgegen lächelte. Dann sah ich sie, als sie uns gegenüber den misstrauischen Dorfbewohnern verteidigte. Wie sie uns viel Glück wünschte. Wie sie uns den Rücken stärkte. Wäre sie nicht gewesen, wären wir sicher nicht so weit gekommen... Dann flammte ein weiteres Bild vor meinem inneren Auge auf. Viskogon stand Despotar gegenüber. Sie drehte sich zu mir und Zoroark um und nickte uns zu. "Ich werde euch nicht enttäuschen. Passt auf euch auf!" rief sie uns zu. Das waren ihre letzten Worte gewesen, die sie mit uns gesprochen hatte... Ich war sicher gewesen, dass sie es schaffen würde. Ich hatte es gewusst! Doch... doch letztendlich... War mein tiefster Glaube... All meine Hoffung... falsch gewesen? Ein Arm legte sich um meine Taille. "Rutena..." Es war Zoroarks Stimme. Er hatte sich zurück verwandelt und sich hinter mich auf meinen Besen gesetzt. Ich sah über meine Schulter zu ihm. "Was ist passiert?" fragte er. "Du hast auch Psianas Telepathie empfangen, nicht war? Ich habe deine Stimme gehört, doch dann ist die Verbindung abgebrochen. Was hat Psiana dir gesagt?", "Viskogon ist Tod!" schrie ich. Meine Schultern zuckten, als ein lautes Schluchzen meinen Körper durchschüttelte. Zoroarks warmer Blick wich einer Visage des Entsetzens. "Was?" Ich ließ meinen Kopf hängen. "Psiana hat es mir gesagt... Despotar hat ihren Nacken gebrochen..." Zoroark starrte mich einen Moment lang von hinten an. Dann veränderte sich sein Gesicht. Seine türkisblauen Augen wurden nun funkelnd vor Wut. "Dieser Idiot...!" Er sah nun wütend aus. Jedoch waren auch seine Augen feucht und seine Stimme auch nicht mehr fest. Die Krallen seines Armes, den er immer noch um meine Taille zu liegen hatte, krallten sich in mein Fell. "Ich bringe... ihn eigenhändig um...!" sagte er wütend. Ich war nicht in der Lage, darauf zu antworten. Ich kniff meine Augen zusammen und weinte. Tränen vielen in die Tiefe wie silberne Perlen. Ich spürte, wie Zoroark seinen zweiten Arm auch um mich legte und mich vorsichtig zu sich zog. "Rutena... Viskogon war schon immer sehr stark. Nicht nur körperlich, sondern auch ihr Wille war unbrechbar. Das sie jetzt von uns gegangen ist... Damit hätte ich nie im Leben gerechnet." Er ließ seine Stirn an meinen Rücken sinken. "Aber... wir dürfen nicht vergessen, für was wir hier kämpfen, Rutena. Viskogon... Sie wird in unseren Herzen weiterleben und uns Kraft geben." Ich hielt inne. Dann warf ich Zoroark einen weiteren Schulterblick zu. Zoroark hob den Kopf und sah mich direkt an. "Wir müssen Cresselia unterstützen. Bitte, Rutena. Sie braucht unsere Hilfe. Blütenburg braucht unsere Hilfe. Es ist noch zu früh zum Trauern. Heb dir deine Tränen für spater auf... Und kämpfe so tapfer wie noch nie.", "Er hat recht." Das war Cresselias Stimme, die in meinen Kopf schnitt. Sie schwebte ungefähr 30 Meter entfernt von uns. Doch ihr warmer Blick ruhte auf mir. Jedoch sah ihr Gesicht ein wenig gequält aus. Ich zögerte. Dann nickte ich und wischte mir die Tränen aus den Augen. "Ihr... ihr habt recht. Jetzt gilt es, Darkrai zu stoppen..." Zoroark lächelte matt. "Es gibt da ein Problem." sagte er. "Ich habe dummerweise meine Illusion aufgelöst. Ich kann nicht mehr fliegen." Ich lachte. Das hätte ich gar nicht von mir erwartet.... Mir war eigentlich gar nicht nach Lachen zumute. Doch ich wusste, was das bedeuten würde. "Muss ich dich jetzt mitschleppen?" fragte ich rethorisch. "Wenn du mich unten vergammeln lassen willst, dann nicht." gab er sarkastisch zurück. Ich kicherte. "Dafür zahlst du aber Gebühren." scherzte ich. Zoroark lachte schrill. "Das wird eine teure Rechnung." Er grinste schwach. Ich richtete meinen Blick nach vorne und ließ den Besen geradeaus schießen. "WOW!!" rief Zoroark. Er klammerte sich an mir fest. "Dieses Ding ist ja schneller, als es aussieht!" Ich sah ihn an. Er war leicht grün im Gesicht. "Ist dir schlecht?" fragte ich. "Nein, alles okey..." sagte er sarkastisch und machte ein Würgegeräusch. "Wehe du kotzt auf meinen Besen!" kreischte ich. "Ich versuchs." gab er zurück. Zoroark war wirklich der einzige, der es schaffte, in Situationen wie dieser so zu wirken, als sei alles gut... Er hatte es bisher jedes Mal geschafft, mir Trost zu spenden, wenn die Trauer mich übermannt hatte. Er war mein unverzichtbarer Stützpfeiler. Ich hatte ihm das noch nie gesagt... Aber dazu war jetzt auch nicht der richtige Zeitpunkt. Ich richtete den Blick stramm nach vorne und stoppte dann neben Cresselia. Das legendäre Licht- Pokémon atmete schwer. Sie schien schon ziemlich erschöpft zu sein. Darkrai hingegen hatte noch nicht einen Kratzer. "Habt ihr jetzt euer Traierspielchen beendet?" fragte er höhnisch. "Mir wird nämlich allmählig langweilig." Ich sah ihn vernichtend an. Darkrai lachte und klang dabei sehr spöttisch. "Was bedeutet schon ein Leben?" fragte er. "Jeder stirbt irgendwann. Nur die mächtigsten überdauern. Also ist es doch unbedeutend, wann der Tod geschieht. Jeder Tod auf eurer Seite gibt mir mehr Platz für die Dunkelheit." Ich musste das verkraften. Darkrai war ein Tod also total egal? Wie konnte er nur so denken! "Du bezeichnest also ein Leben als wertlos?" fragte ich mit bebender Stimme. Darkrai nickte nur. "Es gibt viel mehr als eine Million Lebewesen auf dieser Welt.... Da ist der Anteil eines einzigen Lebens verschwindend gering." Das machte mich noch wütender. "Wie kannst du nur so denken, du gefühlsloser Mistkerl?!?" fauchte ich. "Ganz einfach." sagte er und seine eisblauen Augen funkelten. "Gefühle sind verräterisch... Nur die Wut, der Wille und das Verlangen hält uns auf der Richtlinie. Gefühle zu empfinden, ist ein Zeichen von Schwäche!"

Pokémon Mystery Dungeon- Düstere VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt