Der nächste Morgen

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Erschöpft schlage ich meine Augenlider auf, als meine Mutter mich mit ihrer Gesangstimme aus den Träumen reißt.

Viel geschlafen habe ich letzte Nacht nicht mehr, die Angst schnürte mir schier die Kehle zu. Schloss ich einen Moment lang die Augen, sah ich sein Gesicht direkt vor mir. Sah das Messer, welches er wie eine Verlängerung seines Armes Handhabt und seine Augen, die zwischen Wahnsinn, Tot und Leben standen.

Er hat gesagt, er wird wiederkommen.

Schon der Gedanke alleine erreicht, dass mir schlecht wird.

Gequält blicke ich in das Gesicht meiner Mutter, welches wieder einmal vor Freude strahlt. Wie schafft sie es nur? Eine intelligente Frau wie sie, sieht stets das Positive. Auch wenn sie weiß, in was für einer Welt wir leben ...

„Hast du vergessen, was für ein Tag heute ist, Lu?" Entrüstet, dennoch Liebend, schaut sie mich an.

„Wie könnte ich nur.", murmle ich mehr zu mir selbst, als zu ihr. „Du siehst gut aus, mum."

„Das kann ich nicht gerade von die behaupten. Wie wäre es, wenn du dich erst einmal waschen gehst und du dann ein paar Geschenke auspackst?", schmunzelt sie.

„Wenigstens heute hättest du ja Lügen können!", beschwere ich mich lachend. Es ist nicht echt, dafür ist das Monster immer noch zu sehr in meinen Gedanken verankert. „Ich stehe ja schon auf, keine Sorge."

Ohne großen Elan zerre ich mich aus meinem Bett, was wäre, wenn ich ihn draußen sehe? Wenn er mich verfolgt?

Unter Schock drehe ich mich zu meiner Mutter. „Kann ich nicht heute zu Hause bleiben?"

„Davon wirst du später auch nichts haben."

Schwer atme ich aus. Hier bin ich genauso wenig sicher vor ihm ...

„Hast du was von Papa gehört?"

Sie ist betrübt still. „Nein, noch nicht – aber -"

„Schon gut. Du musst es nicht weiter ausführen. Es ist nicht schlimm." Doch ist es. Aber das soll sie nicht wissen ...

Eilig greife ich nach einem grauen Shirt und einer schwarzen Jeans, dazu noch Unterwäsche und zwei Socken, wobei eine davon hellgrau, die andere dunkelblau ist. Es ist kein Versehen, eher eine Macke die ich habe.

„Ich beeile mich mal mit dem duschen, bin ziemlich gespannt auf meine Geschenke.", versuche ich erneut die Stimmung mit einen Lächeln aufzumuntern. Hastig Küsse ich meiner Mutter auf die Stirn und verschwinde hinaus aus meinem Zimmer und rein ins Badezimmer.

Zum Frühstück hat meine Mutter mir Pfannkuchen mit Früchten gemacht. Als „Dessert" bekam ich meine Geschenke. Besonders freute ich mich über das Buch „1984" von Georg Orwell, dem ein Gesellschaftskritisches Meisterwerk gelungen ist und der Uhr von Daniel Wellington, mit einem dunkel braunen Lederarmband, welche mein Outfit für den heutigen Tag vervollständigt.

Mit dem Auto fuhr meine Mutter mich zur Schule, worüber ich sehr dankbar bin, da ich die letzte Nacht noch nicht verdaut habe.

Was will er von mir? Wie habe ich es geschafft?

Die ersten beiden Stunden habe ich Mathe, die Zahlen und Buchstaben lenken mich ein wenig ab, aber vor allem die Mathearbeit, in der ich 11 Punkte (eine glatte 2) geschrieben habe. In der Pause kommen ein paar Freunde zu mir, die mir Kuchen gebacken haben und mir Wort für Wort entlocken. Die nächste Doppelstunde habe ich Französisch und das bedeutete für die nächsten zwei Stunden eine gähnende Leere in meinen Kopf. Hier fiel es mir nicht leicht meine Gedanken zu stoppen und gen Ende der Stunde bat ich meine Lehrerin, mich früher raus zu lassen, damit ich ein wenig an die frische Luft konnte.

Ich bin erst seit fünf Minuten draußen, doch schon jetzt zeigt der Wind seine Wirkung. Ich kreise meine Schultern, bevor ich die umschließende Hand auf meiner Oberarm spüre und jemanden schreien höre.


Zwischen Schönheit und Selbstsucht (Jeff the Killer FF/ Lovestory)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt