Kunstwerke - Teil 2

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Das Klingeln des Weckers lässt Lucia nicht von ihrer arbeit an den Kunstwerken abringen. Sie sitzt nun schon mehrere Stunden auf den kühlen Fußboden, ohne von ihren verschiedenen Arbeiten aufzusehen. Ihr Rücken hat sich in der krummen Position verharrt - schmerzen spürt sie nicht. 

Nein - der Schmerz ist ihr nur egal.

Sie malt mit ihren Händen. Hinterlässt dabei auf den Leinwänden ungewollte Flecken. Ein "perfektes", fehlerfreies Bild  will sie nicht kreieren. Sie können verschmiert sein. Es würde sie nicht interessieren. Sie will einfach nur, dass ihre Gedanken verbildlicht werden. 

Sie kann nicht mehr.

Sie kann die Gedanken nicht mehr für sich selbst behalten. Sie in einem versteckten Winkel ihres Gehirns einsperren. Sie muss sie rauslassen.
Und sei es nur in Form von Öl auf Leinwand. 

Mit ihren verschmierten Händen schiebt sie die Ärmel des weißen, alten Hemdes hoch. Die Farbe ist schon überall an ihrem Körper verteilt, einige Flecken sind schon getrocknet, andere sind noch frisch. Es klebt ihr in den Haaren, im Gesicht, an ihren Händen und Armen und ihren Klamotten.  Auch haben sich Kleckse auf den Holzfußboden verteilt, obwohl sie zu beginn noch bedacht darauf war Schmierzettel darunter zu legen.

"Lucia? Bist du schon aufgestanden?", ertönt die Stimme ihrer Mutter durchs Haus. Sie muss Heute früher zur Arbeit, da Mittwochs die neuen Blumen für den Laden geliefert werden.

Erst einige Zeit nachdem ihre Mutter sie gerufen hat, antwortet sie. Nur ein kleiner Teil von ihr nimmt ihre Mutter war.

"Ja.", schreit sie knapp herunter, ohne sich von ihrer Malerei abzuwenden. Und selbst dazu muss sie sich überwinden.

"Okay. Viel Spaß in der Schule. Bis heute Abend.", verabschiedet sich die Mutter und lässt die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Lucia nimmt ihre Worte gar nicht mehr wahr. Sie malt einfach weiter. 
Malt die leeren Höhlen der Krankenschwester. Die Rose in die Hände des kleinen, toten Prinzen. Das vernarbte Lächeln der verlorenen Jungen. 

Das Weiß ihrer Flügel. Die sie nicht fallen lassen werden. Die sie halten werden, wie Jeff es tut. Ein Engel in Mitten von Schwarz. Ein Mal'ach. Sein Mal'ach.

Und sie malt viele Menschen. Menschen die für sie ihre Klassenkameraden sind. Ihre Freunde. Ihre Schwester. Ihre Mutter und ihr Vater. Großeltern, Bekannte und Unbekannte. Sie alle haben vernarbte Haut. Sie alle ein außergewöhnliches Lächeln und schwarze Augen. Sie alle liegen tot zu Boden. 
Und in mitten das Monster. Das für sie nicht mehr das Monster ist. Es ist Jeff. Jeffrey. Der Junge in dem sie als kleines Mädchen verknallt war. Der, der ihr versprochen hat, das sie nicht fallen wird.
Und erst als sie ihn malt, zeichnet sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht ab. 

Denn erst als sie ihn malt, ist sie zufrieden mit ihren Kunstwerken.



Die Bilder sind noch nicht getrocknet, als die vierte Schulstunde anbricht. Trotzdem stapelt das blonde Mädchen die Bilder aufeinander, um die Bilder besser transportieren zu können. Als sie aufsteht und sich gerade aufrichtet, fängt ihr Rücken zu knacken an. Es ist ein merkwürdig entspannendes Geräusch. Ohne auf die Idee zu kommen sich neue Klamotten anzuziehen, geschweige denn sich zu waschen, macht sie sich auf den Weg zur Schule.
Der Busfahrer sieht sie skeptisch an, als sie den Bus betritt, sagt aber nichts weiter. Auch die anderen Fahrgäste können ihren Blick nicht von ihr lassen, was Lucia alles gar nicht bemerkt. Es ist gut, dass sie die fiesen Gedanken nicht hört. Das sie die Blicke nicht sieht. Denn die Blicke sagen alles.

Sie ist wie in Trance.

Sie ist Glücklich.

Sie hält ihre Gedanken das erste Mal nicht in ihrem Kopf zurück. Stattdessen hält sie ihre Gedanken in ihren Armen.

Als sie aussteigt, fangen die Leute mit dem Reden an. Sie machen Witze über das Mädchen, spinnen Gerüchte.
Doch keins dieser Gerüchte kann an die Wahrheit herankommen. 

Denn die Wahrheit ist so skurril und düster, wer würde sie ihr schon glauben?


Hey :) ich würde den Teil @_Dread  widmen. Danke für dein liebes Kommentar im vorherigen Kapitel <3




Zwischen Schönheit und Selbstsucht (Jeff the Killer FF/ Lovestory)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt