Ein Foto

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Mit schnellen Schritten laufe ich die Straße entlang. Ab und zu fährt ein Auto an mir vorbei, was ein wunder bei dieser doch recht verlassenen Gegend ist. Den eisigen Wind spüre ich durch meine Winterjacke hindurch und ich hebe mein Tempo nochmal an, bis ich den kleinen Laden endlich erreicht habe. Ich husche durch die Tür und zucke zusammen, als die Ladenglocke klingelt.
Im Vergleich zu den Supermärkten in meiner Stadt ist dieser hier winzig. Und nicht gut besucht, was mich erleichter aufatmen lässt. Ich nehme mir einen der ausgelegten Beutel  und stopfe alles hinein, was wir an Lebensmitteln in dem Krankenhaus verwehrten können. Die Auswahl ist nicht groß, aber immerhin bekomme ich den Beutel voll.

Jeffrey hat mir Sieben Minuten gelassen. Sieben Minuten, bis ich wieder an sein Auto gelangen muss. Ich haste zur Kasse und lege alles auf den Tresen. 

Eigentlich war der Plan, dass ich den Laden einfach unbemerkt verlassen soll und nur das mitnehme, was ich versteckt an meinem Körper tragen kann. Doch sobald die Glocke ertönte, kam ein alter Mann aus dem Hinterraum hervor und hat ein Blick auf mich geworfen. Leider ist der Laden zu einfach zu überschauen. 

Misstrauisch schaut der Verkäufer mich an. Sein drei Tage Bart unterstreicht seine dunklen Tränensäcke und ein unangenehmer Geruch geht von ihm aus. In Seelenruhe greift er nach dem ersten Artikel und zieht ihn über den Scanner. 

Nervöse schaue ich zur Uhr. Wenn der sich nicht beeilt, wird Jeff ungeduldig.  Wenn Jeff ungeduldig wird, wird er her kommen. Ich bekomme Ärger und was dann mit dem Verkäufer passiert will ich mir gar nicht ausmalen. Ich schlucke. Kann er sich nicht beeilen?

Als der alte die Banen wiegt, wirft er wieder einen musternden Blick auf mich. "Kenne ich dich nicht irgendwoher?" 

"Nein. Ich denke nicht.", erwidere ich ohne mit der Wimper zu zucken. Ungeachtet der Tatsache, dass noch schwere Konserven kommen, packe ich die Bananen schon in den Beutel. Ich will hier so schnell wie Möglich einfach raus. 

"Bist du vielleicht eine Freundin von meinem Sohn Randy?" 

"Ich kenne kein Randy.", antworte ich mit unterdrückter genervter Stimme. Wieso war er so sicher mich zu kennen?

Angespannt von seinen beäugenden Blicken schaue ich nach unten. Und sofort weiß ich woher er mich kennt. 

Ich bin auf der Titelseite einer Zeitung. Nein. Ich bin nicht nur auf einer Zeitung zu sehen ...

Mein Mund wird ganz trocken und meinen eigenen Puls höre ich beschleunigt in meinem Ohr schlagen. Nervöse schaue ich hoch. Er ist immer noch nicht annähernd mit dem einscannen fertig. 

"Hach. Die meisten Mädchen scheinen Randy nicht zu kennen. Vielleicht warst du ja trotzdem mit ihm in einer Klasse? Gehst du hier zu Schule?"

Wieso hört er nicht auf zu fragen.
Ich habe gerade ganz andere Probleme ...

Einen verstohlenen Blick werfe ich zur Uhr. Ich muss jetzt los, damit ich rechtzeitig bei ihm am Wagen bin. 

Aus meiner Not schenke ich den Verkäufer mein liebstes Lächeln. "Wissen sie was? Ich habe gelogen. Natürlich kenne ich ihren Sohn Randy. Ehrlich gesagt will ich schon lange etwas von ihm ... aber er scheint das nicht zu bemerken", ich stöhne theatralisch frustriert auf. Die Augen des Verkäufers fangen an zu funkeln. "Ich glaube ich muss ihm das einfach Mal klar sagen ... Oh, ich wollte sie doch noch was fragen! Die Müsliriegel sind dahinten ausverkauft. Könnten sie vielleicht Mal im Lager nachsehen, ob da noch welche stehen?" Bittend schaue ich ihn an. 

"Das so ein hübsches Ding Mal meinen Randy gut finden würde. Welches Glück!", seine Laune ist komplett umgeschlagen. "Aber natürlich. Eine Sekunde bitte. Wenn du möchtest, kann ich dir auch seine Handynummer geben.", sagt er und verschwindet wieder nach hinten.

Schnell greife ich noch nach eins zwei Teilen und stopfe sie in den Beutel, bevor ich kehrt mache und aus dem Laden renne. Ich höre eine Stimme noch nach mir schreien, doch sicher weiß er selbst, dass er im rennen keine Chance gegen mich haben wird. 

"Du bist Siebzehn Sekunden zu spät.", kommentiert Jeffrey, als ich die Wagentür aufreiße. Seine Finger umklammern angespannt das Lenkrad.

"Es tut mir furchbar Leid.", keuche ich außer Atem und springe rein. "Fahr schnell los. Irgendwohin." Mein ganzes Gesicht glüht.

Musternd schaut er mich an. Es muss ein elendiger Anblick sein, wie ich meinen Körper vor lauter Seitenstiche reibe.

"Bitte." 

Und sofort werde ich in den Sitz gedrückt.


Allwissende Sicht

"Sie haben uns gerufen?" Zwei Polizisten betreten den Laden, den Lucia zuvor in großer Eile verlassen hat. 

"Ja, ja.", bestätigt der dickliche Verkäufer und unterstreicht seine Worte mit kräftigen Nicken. "Eine Ladendiebin. Sie hat einiges an Lebensmitteln gestohlen.", spricht er erbohrst. 

Genervt schauen sich die Frau und der Mann in Uniform an. "Dürften wir dann die Videoaufnahmen ihre Überwachungskamera sehen?", fragt der Mann.

"Nun ja." Der Alte kratzt sich im Kopf. "Die funktioniert schon lange nicht mehr. Ich dachte die Abschreckung würde reichen."

"Wie sie sehen reicht es nicht.", spricht die Frau. "Viel tun können wir da wahrscheinlich nicht mehr, außer der Dieb lässt sich hier nochmal blicken und sie geben rechtzeitig Bescheid. Können sie ihn denn beschreiben?" Ihr Kollege holt einen kleinen Notizblock hervor. Die Frau sieht sich derweil etwas um.

"Natürlich. Ähm. Es war eine Sie. Recht Jung, vielleicht 16, 17, 18. Irgendwas in dem Dreh. Sie kam mir echt bekannt vor und ich habe sie etwas ausgefragt, worauf sie behauptet hat das sie meinen Jungen kennt. Stimmt wahrscheinlich nicht. Sie hatte langes blondes Haar. Recht helle Haut und eine Narbe auf ihrer Wange. Sie war nicht sonderlich groß. Und schlank war sie, obwohl sie eine dunkle Winterjacke trug." Er prustet nachdenklich Luft aus. "Ihre Augen -"

"Warten Sie mal.", unterbricht ihn die Polizistin. "Sie sagten sie hätte eine Narbe auf ihrer Wange? Ungefähr 17? Und käme ihn bekannt vor?" Sie bückt sich und zieht eine der Zeitungen aus ihrer Halterung. "Hat das Mädchen zufällig so ausgesehen?" Mit ihrem Finger zeigt sie auf das Foto des vermissten Mädchens, welches ihre Eltern an alle möglichen Zeitungen gesendet haben. 

Der Verkäufer kneift seine Augen zusammen. "Ja. So sah sie aus. Nur die Narbe fehlt."

Die beiden Polizisten tauschen einen schnellen Blick aus. Die Frau nickt und der Mann hohlt ein Funkgerät hervor. Er dreht sich um und scheint etwas hineinzusprechen. 

"Auf dem Bild kann sie noch keine Narbe haben, weil es schon älter ist. Sind sie sich sonst sicher, dass das Mädchen so ausgesehen hat?"


Zwischen Schönheit und Selbstsucht (Jeff the Killer FF/ Lovestory)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt