Ich erwische meine Mutter dabei, wie sie im Auto auf mich wartet. Wie sie ihre Lebenszeit vergeudet. Damit vergeudet, dass sie auf mich wartet. Während ich da Drinnen schon das gleiche getan habe.
Es fühlt sich schrecklich an.
Schrecklich etwas so wertvolles von einer Person gestohlen zu haben, die man Liebt.Und ich kann es ihr nicht zurück geben. Kann die Zeit nicht zurück drehen und ihr ihre kostbaren Sekunden wieder beschaffen. Sie soll nicht nur für mich und meine Schwester leben. Sie soll leben.
Und zwar richtig. Und jeden Moment.
Als ich die Autotür öffne räuspere ich mich. Schnell steige ich ein und schlage die Tür zu. "Du hast doch gesagt, dass du in der Zwischenzeit etwas für deinen Körper machen möchtest. Du wolltest doch zur Kosmetikerin." Ich starre gerade aus durch die Frontscheibe. Meine Stimme ist so neutral und ruhig wie möglich.
Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass meine Mutter mich perplex anstarrt. "Das ... ich ... ich hatte keine Lust." Sie sieht darin einfach kein Problem. Und genau das ist der Punkt.
"Die anderen Male auch? Hast du die anderen Male auch immer nur so getan, als hättest du was in der Zwischenzeit erledigt?" Ich schaue auf meine Hände. Sie sind kalt geworden.
"Lu ... das spielt doch keine Rolle. Ich will dich nicht zu spät abholen und bin lieber da. Falls ... falls du mich brauchst." Aus ihrer Stimme höre ich ein deutliches Lächeln heraus.
'Sei sauer auf mich!', will ich schreien, 'mach mir Vorwürfe!' Sag mir, dass ich ein Zeit-stehlendes Monster bin!', aber ich bringe die Worte einfach nicht über die Lippen. Ich mag es - nein - liebe es, dass meine Eltern immer für mich da sind.
Und damit währen wir wieder bei der Selbstsucht.Ruhig atme ich ein und aus.
Hochkommende Tränen schlucke ich herunter. "Mama, das geht nicht. Ich will das nicht. Das habe ich dir schon so oft versucht mitzuteilen." Ich spanne meinen Kiefer an, als all die Erinnerungen hochkommen, in denen meine Mutter für mich da war.
Einfach immer. Deswegen fällt mir der Gedanke vielleicht auch so schwer, meine Eltern irgendwann zu verlassen. Das sie für immer fort sein könnten.
Sofort erinnere ich mich an meinem Albtraum von früher. Diese schreckliche Panik in einen Keller eingesperrt zu sein, ohne dass meine Eltern mich je finden werden. Es war einer der ersten Gedanken, der mir gekommen ist, als Jeffrey mich das erste Mal mitgenommen hatte.
Verlustangst.
Die schlimmste meiner Ängste.
Und Jeffrey ... es fühlt sich an, als wären Monate vergangen.
"Wäre ich heute nicht früher raus, hätte ich das nie mitbekommen.", flüstere ich nachdenklich.
"Ach Lu Schatz.", seufzt meine Mutter, "hatten wir die Diskussion nicht vor ein paar Monaten schon Mal? Gerade du hast mir doch erzählt, dass alles was wir tun aus einem inneren Antrieb geschieht. Aus purem Egoismus. Ich bin glücklich, wenn du glücklich bist. Dasselbe gilt natürlich auch für deine Schwester. Und dann mach ich natürlich auch alles, um dich gesund und munter zu sehen." Sanft spüre ich die Hand meiner Mutter über meine heile Wange streichen. "Vielleicht bin ich daher auch der Selbstsüchtigste Mensch der Welt." Ihr Stimme ist nachdenklich geworden. "Okay?"
Ich nicke stumm, auch wenn ich die Antwort nicht ganz akzeptieren kann. Angestrengt starre ich auf dem Parkplatz, der an uns vorbeizieht, als meine Mutter den Fuß aufs Gaspedal setzt.
Doch ...
Jedes weitere Wort hätte mich in ein Wasserfall verwandelt.
Jedes weitere Wort hätte mir schmerzlich bewusst gemacht, dass ich nicht für immer bleiben kann.
Jedes weitere Wort hätte mich begreifen lassen, dass ich gehen muss. Das ich aus den Leben meiner Liebsten verschwinden muss.
Denn ich will sie Liebend, Glücklich, Lachend.
Denn ich will mich ohne Schuld.
Und ich will ihn.
"Sag mal, wieso warst du denn schon so früh draußen?", wirft mich die Stimme meiner Mutter in die Realität.
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Zwischen Schönheit und Selbstsucht (Jeff the Killer FF/ Lovestory)
Fanfiction*Abgeschlossene Geschichte* Für sie sind Menschen weder gut, noch böse. Sie sind Selbstsüchtig. Für ihn ist Schönheit ein Geschenk, eine Tugend. Nur er ist dazu gesinnt sie wahrhaftig zu erkennen. Beide sind klug, perfektionieren die List und glaub...