Die Verabredung

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Ich telefoniere mit Lilly, als ich auf den Weg nach Hause von der Suppenküche bin. Die Tage werden kürzer und es beruhigt mich, in der Nacht eine vertraute Stimme zu hören.
Ich liebe die Dunkelheit.

Oder besser habe ich sie geliebt.
Vergangenheit.
Mein ganzes Leben liegt nun in der Vergangenheit.

Die Sterne strahlen klar, der Vollmond wacht schützend über mich. Es ist nicht einmal Finster. Nur ist die Sonne nicht zu sehen.
Mit der rechten Hand halte ich mein Handy, die andere habe ich in meine Jackentasche vergraben, denn die Kälte lässt sie ein wenig taub werden.

„Wolltest du jetzt eigentlich zur Party?", fragt Lilly in ihrer gewöhnlich fröhlichen Stimmlage.

„Party?" Ich versuche mich zu entsinnen was sie meint, aber ich komme nicht drauf. Ich bin nicht mehr ganz bei mir.

„Das ist nicht dein ernst! Die von mir und meinen Bruder, schon vergessen? Dieses Wochenende, ich habe dir schon vor Ewigkeiten Bescheid gegeben, dass sie wie die letzten zwei Jahre stattfinden wird."

Oh. Sie hat Recht. Und ich habe es so einfach vergessen.
Schuldbewusst nage ich an meiner Lippe. „Sorry, mir geht gerade viel durch den Kopf. Aber ich werde auf jeden Fall da sein!" Aus mir spricht mehr das schlechte Gewissen, als Lust und Laune. Aber andererseits, ist es sicher eine gute Gelegenheit, um mich auf andere Gedanken zu bringen.

„Yay! Und als was verkleidest du dich?"

„Ist eine Überraschung." Und ich habe gar keine Ideen.

„Du verkleidest dich aber wirklich?" Ihre Stimme klingt ernst, es ist ihr wirklich wichtig, „Du weißt das eine Kostümparty sinnlos ist, wenn sich keiner verkleidet, ja?"

„Keine Sorge, ich werde dich nicht in Stich lassen und einer der vielen sein, die sich nur eine Spinne auf die Wange malen oder so."

„Super! Du ich muss jetzt Schluss machen, die blöden Spanisch Hausaufgaben warten auf mich."

Ich gluckse. „Viel Spaß beim Netflix Marathon Lilly."

„Du kennst mich zu gut." Sie lacht und legt auf, Kopfschüttelnd starre ich auf mein Handy und bemerke das kleine Nachrichten Symbol, das aufleuchtet.

Sofort werden meine Finger feucht und ich bleibe stehen.

Ignorieren oder ansehen?
Ignorieren oder ansehen.

Ignorieren
Oder
Ansehen.

Ignorieren
0der

...

„Du musst schon drauf klicken.", ertönt seine Stimme hinter mir. Sie ist belustigt, spottend.

„Ich kenne mich mit mein Handy aus, danke." Sage ich schnippischer als gewollt. Sofort durchfährt mich Furcht, als mir dies bewusst wird. „Ich ...", langsam wende ich mich ihm zu, wenige Meter steht er hinter mir, „Ich mag es nicht, wenn sich jemand an mich heranschleicht." Versuche ich ihn zu erklären.

Ich muss ihm Gegenüber lässiger werden.
Ich kann nicht ständig in Angst leben.
Er wird es noch merken.
Er wird mich noch hassen.
Er wird mich töten.

Ich setzte ein falsches Lächeln auf.

„Und warum klickst du dann nicht?" Er legt seinen Kopf schräg, als wolle er mich studieren.

„Muss ich es denn noch?"

„Nein."

Es bleibt Still zwischen uns, aber ich habe das Gefühl, dass er nicht ohne Grund gekommen ist.

Der kleine Prinz und Peter Pan.
Bitte, nicht nochmal so ein ... Erlebnis.

„Du hast dich lange nicht mehr blicken lassen.", flüstere ich.

Fast zwei Tage. Fast zwei Tage Ruhe.

Er tritt Näher zu mir, sofort fühle ich mich eingeengt. Ich kann nicht ausweichen, darf nicht zurück weichen.
Stattdessen trete ich auf ihn zu.
Überwindung. Es ist Qual. Reine. Qual.
Dabei geht mir vieles durch den Kopf. Absurde Ideen ... wie ich ... ihn töten könnte. Es wäre die einzige Möglichkeit, ihn loszuwerden.
Doch. Es gibt eine weitere. Die Scherbe in meiner Hosentasche. Mein Notfallplan.
Seine Arme zucken mir entgegen, jedoch versteckt er seine Hände schnell in die Tasche seines Pullovers.

Wäre ich in der Lage ihn umzubringen?
Wäre ich in der Lage, ihm ein Messer ins Fleisch zu bohren?
In der Lage, ihm eine Pistole an den Kopf zu halten und dann wirklich abzuschießen?
Ihn vielleicht Tabletten ins Essen zu mischen?
Oder würde ich zögern. Mich verraten.
Ich –

...

Bin schwach.

Gequält atme ich aus. Ich bin selbst zu schwach um an sowas zu denken, wie soll ich denn in der Realität genug Stärke zeigen können?

„Was ist los?", fordert er mich auf zu sprechen. Ich richte meine Augen auf seine, versuche mein Unbehagen wie immer zu unterdrücken.

„Nichts."

„Lüg nicht."

„Ich lüge nicht."

„Doch."

Belanglos ziehe ich meine Schultern hoch. „Dann kennst du mich besser, als ich mich selber. Es ist nichts."

„Lächle." Weißt er mich an, aber mein Mund ist wie versteinert.

Er tritt noch näher an mich heran. Sein Körper schützt meinen ein wenig vor dem eisigen Wind.

Wärme.
Nein.
Denk klar.
Denk klar.

„Lucia.", holt er mich in die Welt zurück. „Ich will dich Morgen sehen."

„Warum erzählt du mir das."

„Weil ich dir etwas zeigen möchte."

Der kleine Prinz und Peter Pan.

Ich erschrecke. „Nein Jeff. Bitte. Bitte.", meine Stimme bricht. Schlagartig bin ich heiser und Tränen kriechen meinen Hals hoch. „Ich will sowas nicht noch mal sehen. Bitte nicht. Tu mir das nicht an. Das ... das ... halte ich nicht ..."

„Halt den Mund und hör auf zu flennen. Du wirst Morgen sehen, was es ist. Ich hole dich ab. Und jetzt verschwinde, ich kann dich gerade nicht mehr sehen."



Zu Hause wartet meine Mutter auf mich. Ihre Wangen sind gerötet und sie sieht aufgebracht, erschüttert aus.
Als wäre sie Zehn Jahre älter.

„Was ist passiert?" Ich stürze zu ihr ins Wohnzimmer und setzte mich neben sie. Die Hände hat sie vor ihrem Mund gekrallt. „Ist was mit Dad?" Oh Gott.

Ihr Blick ist starr geradeaus gerichtet, ich folge ihm und bemerke erst jetzt das der Fernseher zwar an ist, aber auf Pause gestellt wurde.

„Nichts ist mit ihm." Bringt sie endlich ein paar Töne von sich zum Vorschein. „Es ..."

„Atme tief ein und aus, was ist passiert?"

„Mord.", meine Mutter schüttelt ihren Kopf und erst jetzt sieht sie wieder ein wenig bei Verstand aus, „Es gab wieder einen Mord in unserer Gegend ..."

Mein Herz rutscht mir in den Schoß. „Was für einen?", spreche ich leise.

„Eine Familie ... Eltern mit ihrem Sohn, sie wurden gestern bei sich zu Hause entdeckt ... Anscheinend geschah das alles vor zwei, drei Tagen ..."

Ich schlucke.

Der kleine Prinz und Peter Pan. Sie wurden gefunden.


Zwischen Schönheit und Selbstsucht (Jeff the Killer FF/ Lovestory)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt