Prolog

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Meine Schritten hallen auf dem nassen Asphalt wieder. Das Einzige was ich höre ist mein Atem, der bei jedem Atemzug stoßweise aus meinem Mund entweicht. Das Einzige was ich spüre, ist mein klopfendes Herz. Ich renne. Noch nie bin ich so schnell gerannt. Die funkelnden Sterne ziehen über mir vorbei, erhellen mir den Weg. Der Wind ist eisig kalt und hindert mich daran richtig Luft zu holen.

Leichtes Seitenstechen macht sich in meinem Oberkörper bemerkbar. Meine Schritte werden immer schwerer, mein Keuchen immer lauter.

Sind sie noch da?

Ich versuche mich umzudrehen, doch die Dunkelheit versperrt mir die Sicht auf das, was uns den Weg versperrt hat. Die Laternen sind unnütz mit ihren kleinen flimmernden Lichtern. Sie bringen nichts und erhellen nur einen kleinen Punkt um sich herum.

Ich tue das, was man mir geraten hat. Laufen, einfach nur laufen.

Die Straße nimmt kein Ende, jedoch verlässt meine Ausdauer mich langsam. Ich weiß nicht was ich tun soll, während meine Glieder immer schwerer werden.

Was wenn er mit all den Behauptungen recht gehabt hat?

Tränen rollen meine Wangen hinunter. Die Dunkelheit empfängt und umhüllt mich. Die eisige Kälte legt ihren Schleier über meine Haut. Gedanken schießen in meinen Kopf. Nie habe ich ihm geglaubt. Erinnerungen kommen hoch. Damals auf dem Schulhof hab ich ihm versichtert, dass er spinnt. Jedes einzelne Wort hallt in meinem Kopf wieder. Während ich renne, verdeutlicht sich meine Erinnerung immer mehr, bis sie vor meinem Auge deutlich abläuft.



"Es gibt keine Vampire", sage ich eher zu mir selbst als zu ihm. Genüsslich nehme ich einen Bissen von meinem Sandwich. Die Mittagspause ist immer eine Zeit auf die ich gerne hinarbeite.

"Grace manchmal muss man hinter den Vorhang sehen", entgegnet er und entblößt ein freches Grinsen.

Ich zucke mit den Schultern. "Und vielleicht solltest du mal mehr in dein Chemiebuch schauen, als in diese komischen Fantasyromane."

"Diese Romane sind weder komisch noch fiction", murmelt er leise und blickt von mir weg. Seine Hände liegen ineinander und er knetet sie nervös. Wie immer ist sein Blick überall. Immer muss er die komischen Leute auf unserem Schulhof observieren. Wir gehen über den Rasen, es ist ein wunderschöner Septembertag. Nicht zu warm und nicht zu kalt.

"Manchmal frage ich mich echt, warum du so ein komischer Kautz bist." Ich lache und versuche ihn damit aufzuziehen, aber er reagiert gar nicht mehr. Er schaut einfach nur gerade aus, mit einem starren Blick nach vorne.

Mit gerunzelter Stirn folge ich dem, worauf er schaut. Eine Gruppe von Jungen. Und dann er mitten drin. Nicht er neben mir, sondern ein anderes er. Adam Cooper, gutaussehend, sportlich, Mädchenschwarm, toll, wunderschön und so weiter.

Wir bleiben abrupt stehen. "Ich hasse ihn", murrt mein Gesprächspartner. Seine Hände haben sich inzwischen zu Fäusten geballt. Das Gespräch von vorhin ist wie vergessen.

"Scott du musst nicht jeden hassen, der besser aussieht als du." Wieder lache nur ich und verstehe langsam, dass meine Witze unangebracht und schlecht sind.

Die beiden sehen sich an. Ihre Blicke ringen miteinander, obwohl mehrere Meter zwischen ihnen liegen. Würde ich es nicht besser wissen, wäre ich auf die Idee gekommen, die beiden würden aufeinander stehen. Aber das Verhältnis zwischen den beiden werde ich wohl nie verstehen.
Scott sieht mich an. "Halt dich bloß fern von ihm. Er bringt das Unglück mit sich."

"Ja natürlich. Und wahrscheinlich ist er Mr.Obervampir mit seiner unwiderstehlichen Aura!" Der Blick von Scott macht mir in dem Moment ziemlich Angst. Aber er schaut meistens so skrupellos drein.

"Da liegst du gar nicht so falsch, Lämmchen."

Etwas VerträumtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt