Kapitel 13 - In seinen Fängen

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Trotz der Tatsache, dass Scott mich auf der letzten Party total blamiert hat, fährt er mit seinem Fahrrad um Punkt 20 Uhr hinter mir und Annabelle her. Annabelle trägt ein unscheinbares langes schwarzes Kleid, welches vom Wind in alle Richtungen geweht wird und die Angst in mir auslöst, dass es sich in der Kette verfängt. Sie wird in diesem Kleid kaum auffallen. Ihre kurzen roten Haare hat sie sich streng nach hinten gekämmt. Für mich sieht sie aus wie eine kleine Hexe.

Ich habe mich für eine hellblaue leicht zerrissene Jeans entschieden und ein weißes Spitzentop. Etwas Make Up und schwarze Schuhe mit einem breiten kurzen Absatz.

Das Anwesen der Coopers ist natürlich das größte der Stadt sein. Es befindet sich am Rande von Bloomfield und ist umgeben von einer riesigen Rasenfläche. Wir fahren beinahe 20 Minuten Fahrrad durch meine neue Heimst bis wir ankommen.

Es ist eine prachtvolle Villa aus grauen Backsteinen mit schwarzen Holzsäulen. Efeu wächst bis nach oben zu den Zinnen. Auf dem Dach sind mehrere Wasserspeier, die aussehen wie verrückte Dämone mit ihren spitzen Zähnen. Wahrlich kein Anwesen für eine junge Frau und ihre Söhne.

„Wow", entfährt es mir, als ich vom Fahrrad steige und es gegen einen Brunnen lehne. Der Brunnen ist verziert mit Seerosenblättern und eine Wasserfontäne schießt uns entgegen als wir daran vorbei gehen. Aus der Villa dringt bereits laute Musik und in den Fenster kann man die Jugendlichen bereits tanzen sehen. Scott ist die ganze Zeit über angespannt und lässt den Blick nicht von mir. Vor allem als wir an der Tür stehen und klingeln, kann Scott seine Nervosität nicht verbergen. Doch er bleibt ruhig und sagt nichts.

Alex öffnet uns die Tür. Er erblickt mich und fängt an freudestrahlend zu Grinsen.

„Grace du bist gekommen!" ruft er und zieht mich hinein in die muffige Luft, ins Getümmel. Scott und Annabelle folgen mir unauffällig. Alex nimmt uns unsere Jacken ab und führt uns durch das Untergeschoss. Die riesige Eingangshalle wimmelt nur so von Menschen. Wie kann man nur so viele Freunde haben? Hier und da sehe ich bekannte Gesichter aus meinen Kursen oder von der letzten Party. Anhand der Laune der Teenager kann man erkennen, dass auch Alkohol im Spiel ist. Das Wohnzimmer kann man als Partyraum bezeichnen. Eine lange Bar mit großen Fenstern im Hintergrund stellt den Mittelpunkt dar. Die Sofas sind zur Seite geschoben um eine kleine Tanzfläche zu bilden. In jeder Ecke des Raumes steht eine große Musikbox aus der die neusten Hits dröhnen.

„Es ist riesig hier!" rufe ich über die Lautstärke hinweg und schmiege mich leicht an Alex. Er genießt die Nähe und legt einen Arm um mich. Diese Geste gibt mir Sicherheit und ich fühle mich etwas wohler. Ein Blick zurück zeigt mir, dass Scott und Annabelle sich wohl bereits eine andere Beschäftigung gefunden haben. Ich fühle mich etwas schlecht, dass ich nicht bei ihnen bin, aber die Villa macht mich einfach zu neugierig.

„Alex!" ruft irgendein Mädchen von weiter weg und winkt ihn zu sich. Sie ist wunderschön mit ihren blonden Wellen, den rosa Lippen und den langen Beinen.

„Ich muss mal kurz weg. Hol dir gerne was zu trinken. Bin sofort wieder bei dir!" Er wimmelt mich ab und ich stehe alleine da.

Ich gehe weiter und schlängele mich durch die Masse. Hier ist es fast wie in einem Club. In der Küche angekommen sehe ich den Alkoholvorrat. Drei Fässer Bier die auf Inseltheken liegen. Rechts und Links viele rote Becher. Da viel los um die Fässer herum ist, muss ich mich nicht selbst darum kümmern, sondern bekomme einfach etwas in die Hand gedrückt, sonst hätte das wieder im Desaster geendet.
Während ich mein Bier trinke und es meine Kehle hinunter rinnt, erforsche ich weiter und drängele mich durch die Räume.

Ich befinde mich wieder in der Eingangshalle in der eine riesige Treppe nach oben führt. Aus Neugierde steige ich die Treppe hinauf und finde mich auf einem langen Flur wieder. An den Wänden hängen Familienfotos. Auf einem der Fotos mit einem goldenen Rahme entdecke ich ein Bild von zwei kleinen Zwillingsjungen und muss kichern. Da waren die beiden wahrscheinlich noch lieb und süß. Wobei Alex sich da ja nicht geändert hat. Alle Türen sind verschlossen bis auf die eine, es ist ein Arbeitszimmer mit einem Billiardtisch in der Mitte des Raumes.

Ich pfeife. Natürlich haben sie so teures Spielzeug. Ich stelle meinen Becher auf dem Billiardtisch ab und sehe mich im Raum näher um. Ein paar Regale gefüllt mit sehr alten Büchern stehen an der Wand. Vorsichtig fahre ich die rauen Einbände mit dem Finger nach.

Die Tür fällt ins Schloss und ich erschrecke mich vor dem lauten Knall.

„Stöberst du gerne in Sachen anderer herum?" fragt mich einer der Zwillinge und am Blick erkenne ich sofort, dass Adam mir hier wieder auflauert. Ich wende mich zu ihm hin und lasse meinen Blick über ihn gleiten.

"Ich hab dich das letzte mal schon gefragt, ob dir gefällt was du siehst", murmelt er. Seine große Hand fährt durch sein braunes weiches Haar. Ich grinse ihn ziemlich frech an und lege den Kopf schief. Mit meinem rechten Zeigefinger tippe ich mir selbst auf die Lippe.

"Also ich hab schon Mal besseres gesehen." Adam sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, lächelt jedoch.

"Ich schätze mal, du dringst gerne tief in die Geheimnisse anderer ein."

Ich lache sarkastisch. "Und dein Geheimnis ist deine innere Schönheit, oder was?" Mein Selbstbewusstsein ist also in seiner vollsten Stärke zurück gekehrt. Und ich zahle es diesem heißen Kerl heim. Seine Anwesenheit macht mich rasend. Wenn er wüsste, wie sehr mein Herz klopft und mein Körper sich nach ihm sehnt.

Adam kommt näher und drängt mich weiter in den Raum.

"Du bist Gast hier, vergiss das ja nicht", knurrt er und macht langsame Schritte näher auf mich zu. Er trägt eine dunkle Jeans und ein schwarzes eng anliegendes T-Shirt mit einem runden Ausschnitt. Wirklich ziemlich heiß. Ich kann die Augen nicht von ihm lassen und fühle mich wie eine Beute, die sich angsterfüllt auf den Boden drückt und mit großen Augen seinen Jäger anschaut.

Inzwischen ist er so nahe bei mir, dass ich ihn wieder riechen kann. Sein Minzgeruch, der Adamgeruch.

"Hast du Angst, Kleines?", haucht er gegen mein Gesicht und legt eine Hand auf meine Wange. Seine Fingerspitzen fahren durch einzelne Strähnen meines Haares. Die blauen leidenschaftlichen Augen fixieren meine. Ich falle, falle tief in diese Augen hinein.

Bevor ich etwas sagen kann, muss ich schwer schlucken. "Warum sollte ich?", krächze ich hervor und bereue, dass ich überhaupt den Mund aufgemacht habe.

Adam legt den Kopf schief und sieht dabei gar nicht mehr so bedrohlich aus. Seine andere Hand wandert an meinem Arm entlang nach oben bis zu meinem Hals. Dort packt er plötzlich fest zu und ich kann seine Nägel in meiner Haut spüren.

"Männer sind wie wilde Tiere, Grace. Wenn die Beute es zu lässt", er nähert sich meinem Ohr", dann beißen sie zu."

Mein Herz macht einen Satz, ist es stehen geblieben? Es rast wie verrückt weiter. Mein Magen schlägt wieder Purzelbäume. Was sagt er da zu mir? Ich bin völlig verwirrt und fühle mich gedankenverloren. Was soll ich darauf antworten? Hilfe! Wo sind meine Freunde, wenn man sie braucht. Hat Scott etwa doch recht? Er verhält sich wirklich wie ein Tier. Soll das eine Anspielung darauf sein, dass er Reißzähne hat?

Mein Blick fällt auf seinen Mund. Oh nein, das war ein Fehler. Er hat diese perfekten Lippen die zum Küssen da sind. Ich stehe wie erstarrt da und bewege mich nicht. Somit bin ich ihm also vollkommen ausgeliefert. Und nein, er kann kein übernatürliches Wesen mit spitzen Zähnen sein. Er ist ein ganz normaler Junge. So ein Bad-Boy aus dem Buch.

Ich spüre seinen Atem wieder an meinem Hals. Wenn er jetzt zu beißt, dann bin ich tot ehe ich Scott sagen kann, dass ich ihm vielleicht doch glaube.

Die Tür springt  mit einem Krachen auf und jemand kommt herein gestolpert.
"Adam!", höre ich seinen Bruder schreien. Adam gibt mir einen Kuss auf die Wange.

"Alex, du bist ein richtiger Spielverderber", sagt er zu seinem Bruder gewandt und verlässt dann mit einem Augenzwinkern zu mir das Zimmer.

Alex sieht mich fassungslos an.

Etwas VerträumtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt