Familie

187 13 5
                                    

Wütend wedele ich mit der Zeitung in der Hand herum. "Bürgermeisterin Cooper und Bloomfield geschockt?", brülle ich und das Papier fliegt durch unsere geräumige Küche. Mutter steht hinter der Theke und beobachtet meinen Wutausbruch.

"Sind Sie nicht auch der Meinung, Mutter, dass dieser Artikel - diese Morde - erst recht die Fährte auf Vampire setzen werden? Suizid? Was dämlicheres hättest du dir ja wohl nicht ausdenken können! Du lockst die Hunter hier in die Stadt", knurre ich und schlage mit der Faust gegen die Wand. Der Putz bröckelt etwas herunter.

"Es wird sich kein Hunter darum kümmern, Adam. Das hat nichts mit uns zu tun", erklärt sie mit sanfter Stimme. "Diese Stadt gehört mir, sie gehört uns Vampiren", haucht meine Mutter, ihre Augen glitzern erfreut und sie sieht bedrohlich aus. Es ist keine glückliche Freude, sondern die Freude eines verrückten Wesens.

Ich schüttele den Kopf. "Das ist nicht dein ernst. Ich kenne Scott, ich kenne seinen Vater. Sie haben uns schon immer mit Argusaugen beobachtet. Nun haben sie die Harpers hier her geholt. Du weißt ganz genau, dass der Mann und sein Sohn auch so gut wie dazu gehören."

Meine Mutter sieht mich vielsagend an und wendet sich zur Eingangstür. Alex kommt hereingestürmt, auf seinem Gesichtsausdruck ein tiefer Schatten. Ich habe ihm von der Gefahr erzählt und davon, dass sie Grace und Scott beinahe erwischt haben. Mein Bruder ist verliebt in dieses Mädchen und ist rasend vor Wut, dass andere Vampire in unserer Stadt ihr Unwesen treiben.

"Es ist etwas Schreckliches passiert", sagt er und lehnt sich gegen die Wand. Meine Mutter scheint nicht überrascht. Im Gegenteil sie verschränkt ihre Arme. Nervosität. Ihre vampirische Aura - diese starke Fassade eines Anführers - scheint in sich zusammen zu fallen.

"Was ist passiert?", frage ich meinen Bruder und laufe nervös im Raum auf und ab. Noch mehr Unglück können wir nicht gebrauchen. Die Hunter sind die besten Vampirjäger in den Vereinigten Staaten. Ihre Kontakte reichen sogar bis nach Europa oder Asien. Sie haben Waffen von denen jeder Vampirjäger nur träumen kann. Gewehre gefüllt mit Silberpatronen. Silber, Feuer, Licht - unsere größten Feinde und sie setzen alles gekonnt mit Taktik ein was für uns nicht nur ein Feind, sondern tödlich ist.

Mein Bruder taxiert mich, sieht mich mit meinen Augen an. Diesmal sehe ich auch in ihm die Vampirgene, das Feuer in seinen Augen, welches er sonst gekonnt unterdrückt. Es muss etwas schreckliches passiert sein.

"Der Vater von Scott ist tot", murmelt Alex und sieht mich an. Ich denke sofort an Grace. Grace gehört zu seiner Familie, ist sie in Gefahr? Haben die anderen Vampire es auf die Hunters abgesehen? Aber warum? Vor allem warum unsere Hunter? Die Hunter, die unsere Familie im Auge behalten sollen. Ich sehe zu meiner Mutter, die ihre Arme immer noch verschränkt hat und gedankenverloren an ihren Ärmeln zupft. Was ist aus der angsteinflößenden Vampirin geworden? Aus der Frau, die ihre Stadt mit Leidenschaft regiert hat?

"Wie soll er verstorben sein?", frage ich knapp, dabei weiß ich, dass irgendwer ihm die Zähne in den Hals in seine Hauptarterie gerammt hat und er somit ausgeblutet ist. Alex druckst herum. Er will es auch nicht wahrhaben.

"Im Diner haben sie gesagt er ist nicht zur Arbeit erschienen. Er soll Nachtdienst gehabt haben, doch seine Kollegen haben ihn vergeblich gesucht. Also bin ich sofort zu Grace. Ich wollte wissen wie es ihr damit geht. Es ist immerhin jemand aus ihrer Familie. Und dort habe ich die Polizisten belauscht, wie sie Scott und seiner Mutter erzählt haben, ihr Mann wäre auf der Arbeit von der Leiter gestürzt." Alex holt tief Luft. "Da stimmt irgendwas nicht, Adam. Mutter, du musst etwas dagegen tun. Feindliche Vampire sorgen dafür, dass wir bald einen Haufen Jäger hier haben!"

Doch unsere Mutter sieht uns nur an. Dann strafft sie ihre Schultern und ihr Blick wird eisig. Sie setzt die Maske der unantastbaren Bürgermeisterin Sancha Cooper auf. "Das sind keine Feinde, meine lieben Söhne."

"Das ist unsere Familie."

Etwas VerträumtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt