Kapitel 21 - Die neue Jägerin?

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Es ist alles absurd, aber wahr. Wie kann etwas wahr sein, wenn es nicht existieren sollte? Vor allem stellt sich mir die Frage, wie so etwas entstehen kann.

Ich lehne an einer Hauswand und versuche meine Atmung zu beruhigen. Inzwischen merke ich die kühle Nachtluft auf meiner Haut; ich bekomme eine Gänsehaut. Verzweifelt lege ich den Kopf in den Nacken und sehe in den Himmel. Der Mond strahlt mir entgegen. Er wirkt so groß, fast schon unnatürlich. Doch was ist schon normal in dieser Welt? Schritte erklingen in meinem Ohr. Vorsichtig schaue ich um die Ecke und erkenne blonde Haare an den Häusern vorbei gehen. Vampire haben seinen Vater umgebracht und er hat nichts besseres zu tun als mich zu suchen.

Ich trete hervor. "Scott?" Der Blick meines Cousins fällt sofort auf mich. Seine braunen Augen fragen mich, ob alles gut ist. Ich weiß nicht, ob alles gut ist. Ein seltsames Gefühl, welches ich nicht einordnen kann, verteilt sich durch jede Faser meines Körpers. Es fühlt sich an wie eine Last, als würde mein Blut sich in Kieselsteine verwandeln - so schwer. Ich versuche nicht schon wieder durchzudrehen. Doch all diese Empfindungen klatschen, wie Wellen an eine Klippe, gegen mich. Scott kommt auf mich zu. Seine Arme umschlingen meinen kühlen Oberkörper und wärmen mich.

"Grace, es wird alles gut", flüstert er an mein Ohr und zieht mich näher an sich heran. Ich schnappe nach Luft, eine Mischung aus Schluchzen und Seufzen.

"Sollte ich nicht besser sagen, dass alles gut wird?" Scott lächelt und schiebt meinen Kopf etwas weg um mich anzusehen.

"Ich werde dir alles erklären, was ich weiß. Die Hauptsache ist, dass du jetzt überhaupt bescheid weißt. Ich weiß nicht was sonst passiert wäre", murmelt Scott und sieht mich aufmunternd an.

"Glaubst du, Adam oder Alex haben deinen Vater... ermordet?" Unsicherheit schwankt in meiner Stimme mit. Was glaube ich? Adam hat mir versichert, er hat nichts mit dem Tod von Scotts Vater zu tun. Doch glaube ich ihm?

"Ich bin mir fast sicher; die Coopers müssen es gewesen sein." Entschlossenheit ist ihm ins Gesicht geschrieben. Tiefe Furchen zeichnen sich unter seinen Augen ab. Es war ein seltsam langer Tag.

"Was wirst du jetzt tun?"

"Ich werde Adam zur Rede stellen. Sei es mit Gewalt. Ich werde alles tun, um die schuldigen Vampire zu finden. Die Hunter sind bereits allarmiert. Einige kommen zur Verstärkung und werden uns unterstützen." Scott legt einen Arm um mich und schiebt mich vorwärts.

"Uns?" Er sieht starr nach vorne.


"Eure Eltern, dein Bruder und meine Eltern... meine Mutter gehören zu den Huntern. Dein Bruder hat erst kürzlich die Aufnahmeprüfung abgelegt. Bevor ihr beide geboren seid, gehörte dein Vater zu einer der höchsten Vampirjäger. Er hat so eure Mutter kennen gelernt. Doch sie haben sich für die Familie entschieden. Für ihre eigene Familie. Als es dann vergangenen Sommer zu einem Mord in Bloomfield kam, hat mein Vater euren überredet zu uns zu kommen. Wir brauchten unsere Familie um uns. Um das...", sagte er und fuhr mit der Handfläche nach oben ein Mal vor uns lang, „um das alles zu verhindern." Ich muss schwer schlucken. So viele Geheimnisse, die sich vor mir verborgen haben. So viele Geheimnisse, die meine Familie vor mir verborgen hat!

"Also gehöre ich auch dazu?" frage ich Scott belustigt und schüttele den Kopf. Er zuckt mit den Schultern.

"Du könntest", flüstert er.


Meine Augen sind auf die Decke gerichtet. Inzwischen kenne ich jeden einzelnen Fleck auswendig. Am liebsten würde ich im Bett liegen bleiben, aber meine Lehrerin wird wohl kaum meine Ausrede annehmen, ich hätte einen Vampiren gesehen. So betrachtet klingt es wieder irreal. Also schwinge ich meine Beine aus dem Bett und hoffe einfach, dass ich keinem Vampiren begegne. Vielleicht vergesse ich so, was alles letzte Nacht passiert ist.

Doch natürlich werde ich gleich vom Gegenteil überzeugt. Kaum betrete ich die Schule, dringen bereits Scotts und Adams Stimme zu mir durch. Mit schnellen Schritten eile ich zu ihnen.

"Ich schwöre dir, du wirst nicht nur meine Faust zu spüren bekommen, wenn ich rausbekomme, dass du es warst", faucht Scott und stößt Adam gegen die Brust. Adam steht breit grinsend da.

"Na komm her, mein Kleiner", säuselt er spielerisch. Scott knurrt wütend auf. Sein Gesicht ist so rot wie eine Tomate und die Gefäße treten an seinen Schläfen hervor.

"Scott, komm mit", sage ich dazwischen und baue mich zwischen ihnen auf. Adams Grinsen vergeht und er sieht mich an.

"Grace, geh mir aus dem Weg." Ich schüttele den Kopf und wende meinen Blick von Adam ab. Dann drücke ich Scott gegen die Spinde hinter ihm.

"Scott, wir finden den Schuldigen. Ich verspreche dir, ich werde dir mit allen Mitteln helfen den Mörder deines Vaters zu finden. Auch wenn wir über Leichen gehen müssen", flüsterte ich und werfe dann einen Blick auf Adam. Ich weiß ganz genau, dass er es gehört haben muss. Sein Blick verrät mir nicht viel, aber ein wenig Enttäuschung kann ich in seinen Augen erkennen. Ohne noch ein Mal auf ihn zu blicken gehe ich.

"Musst du dich jetzt auch noch von kleinen Mädchen verteidigen lassen, Scotty", höre ich Adam rufen. Er ist so ein Arsch! Wie konnte ich nur jemals daran gedacht haben, ihn zu mögen.

"Das wird ein Nachspiel haben, Cooper. Und was für eines." Scott läuft zu mir und legt eine Hand auf meine Schulter.

"Danke."


Jesper und Annabelle gesellen sich in der Mittagspause zu uns. Wir essen stillschweigend unser Essen. Scott hat sich geweigert nach Hause zu gehen. Obwohl er total fertig aussieht, kaum geschlafen hat und um seinen Vater trauern sollte. Seine Ausrede: Er möchte die Highschool im Auge behalten. Alex taucht hinter Annabelle und Jesper auf, die nebeneinander auf einer Bank sitzen. Scott neben mir verkrampft sich sofort. Seine Coladose knirscht unter dem Druck seiner Handfläche.

"Grace." Alex sieht mich an. Er sieht besorgt und traurig zu gleich aus. "Können wir reden?", fragt er. Ich sehe zu Scott, der den Kopf schüttelt.

"Hau ab, Cooper", sagt er an Alex gewandt.

"Ich muss mit dir reden." Alex sieht immer noch mich an. Was wollen die Zwillinge nur von mir? Er ist doch genau so ein Biest wie sein Bruder. Vielleicht sogar noch ein viel schlimmeres. Man sagt doch: Stille Wasser sind tief.

"Ich habe keinen Bedarf mit dir zu reden, Alex. Geh lieber", antworte ich kühl und kann ihn dabei nicht ansehen. Er seufzt und dreht sich zum Gehen um. Doch irgendwas hält ihn wohl ab.

"Ich will euch helfen", murmelt er und sieht Scott an. Scott stemmt sich von der Bank hoch.

"Du!", brüllt er. "Du willst uns helfen? Womit?" Alex ballt die Hände zu Fäusten und tritt einen Schritt auf uns zu. Jesper erhebt sich ebenfalls.

"Du solltest wirklich besser gehen, Alex."

"Ich will meine Familie für euch verraten und ihr stößt mich ab?", zischt er wütend.

"Wie willst du sie denn verraten? Wurdest du zum Menschen bekehrt?" Scott lacht sarkastisch auf. "Verpiss dich."

Alex sieht wieder mich an. "Ich habe Informationen für euch."

Etwas VerträumtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt